Wirtschaftslage der Region eingetrübt

Die aktuelle Geschäftslage der Unternehmen in der Region Limburg-Weilburg hat sich verschlechtert, ihre Wachstumserwartungen sind verflogen – das zeigt die Herbstumfrage der IHK Limburg.
Die Konjunktur in der heimischen Wirtschaft kommt seit dem Einbruch der Corona-Pandemie nicht mehr richtig auf die Beine. Der langjährige IHK-Konjunkturindexverlauf zeigt: Nach einer Erholung aus dem Tief und dem Überwinden von Lieferkettenproblemen im Jahr 2021 ging es 2022 mit Beginn des Ukrainekrieges aufgrund unsicherer Energieversorgung und begleitet von einer breiten inflationären Entwicklung wieder bergab. Hatte sich die die konjunkturelle Stimmung zum Jahresanfang 2023 zunächst leicht verbessert, so zeigte sich schon zum Frühjahr erneut eine Ermüdung. Zum Herbstanfang hat sich der Konjunkturklimaindex nun weiter abgeschwächt. Der Wert liegt mit 91 Punkten deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 114 Punkten.
Die Lage im Bezirk der IHK Limburg spiegelt die Entwicklung in ganz Deutschland. In ihrer Gemeinschaftsdiagnose von Herbst 2023 haben die Wirtschaftsforschungsinstitute ihre Wachstumsprognose deutlich herabkorrigiert. Für das diesjährige Bruttoinlandsprodukt Deutschlands erwarten sie einen Rückgang von 0,6 Prozent, für 2024 prognostizieren sie immerhin 1,3 Prozent Wachstum.
Herausforderungen für Wirtschaftsstandort
Ulrich Heep, Präsident der IHK Limburg, ist weniger zuversichtlich und mahnt enorme Anstrengungen an. Inzwischen zeige sich immer mehr, dass die deutsche Wirtschaft nicht mehr widerstandsfähig genug gegenüber den äußeren Herausforderungen sei: „Dirigismus und Bürokratismus sowie hohe Energiekosten, Ungewissheit über ihre zukünftige Energieversorgung und Steuern machen den Unternehmen das Leben schwer. Hinzu kommen der Arbeits- und Fachkräftemangel, eine marode Infrastruktur, die Bürokratie, steigende Zinsen sowie eine schleppende Weltkonjunktur. Die aktuellen Krisen haben die Strukturprobleme in Deutschland verstärkt“, fasst Heep die Lage des Wirtschaftsstandortes zusammen.
„In diesem Jahr sind wir in einer Rezession. Die Stimmung der Unternehmen war schon pessimistisch, bevor sich im Nahen Osten jetzt ein weiterer Krisenherd auftut“, so der IHK-Präsident. Die Politik müsse daher dringend handeln: „Jetzt müssen die Weichen gestellt werden, damit der Standort Deutschland im internationalen Wettbewerb konkurrenzfähig bleibt. Die Lage ist ernst.“
Planungssicherheit schafft Gestaltungsspielraum
Anstelle von „Normenflut“, weiteren Berichtspflichten oder einer jetzt anstehenden Erhöhung der Lkw-Maut benötige die deutsche Wirtschaft rasche Entlastung, erklärt Heep. Angesichts der vielen Herausforderungen brauche es dringend eine breit angelegte Reformagenda: „Dazu gehören weniger Belastung mit unnötiger Bürokratie und Regelungsdichte, mehr unternehmerische Handlungsfreiheit, eine Steuerbelastung, die vergleichbar mit der in anderen Industrieländern ist, und nicht zuletzt bezahlbarer Strom für alle Unternehmen.“ Die Politik solle die langfristigen Rahmenbedingungen wirtschaftsfreundlich setzen und Planungssicherheit ermöglichen. Das schaffe dann den notwendigen Gestaltungsspielraum für die Unternehmen – für Innovation, Investitionen und Zukunft, so der IHK-Präsident.
Branchen: Mehr schlecht als recht
Gingen im Jahr 2022 mit Kriegsbeginn in der Ukraine, beschleunigter Inflation und Sorge um einen Energienotstand alle Branchen auf extreme Talfahrt, so hatten sie sich Anfang 2023 wieder etwas erholt. Bis zum Frühjahr des Jahres ging es für Gastgewerbe, Verkehrsbereich, Handel und Bau zunächst weiter bergauf, nur die Industrie kam nicht von der Stelle. Zum Herbst hat jetzt ein Abwärtstrend wieder alle Branchen erfasst, bis auf die personenbezogenen Dienstleister.
In der regionalen Wirtschaft wird die gegenwärtige Lage insgesamt noch mit knapp befriedigend bewertet. Dabei geht es den personenbezogenen Dienstleistern insgesamt richtig gut: um 31 Prozentpunkte überwiegen die positiven die schlechten Meldungen. Dem Kredit- und Versicherungsgewerbe und der Industrie geht es ebenfalls vergleichsweise gut (Saldo +14 bzw. +10 Prozent). Bei den unternehmensbezogenen Dienstleistern überwiegen die positiven Meldungen kaum die schlechten (Saldo + 3), im Großhandel ist es ausgeglichen (Saldo +/- 0) und im Bau gibt es schon mehr Unternehmen, denen es eher schlecht als gut geht (Saldo -5). Im Einzelhandel und im Verkehrsbereich gibt es deutlich mehr Unternehmen, die ihre Geschäftslage als schlecht statt als gut bezeichnen (Saldo -15 bzw. -19 Prozent).
Bei den Zukunftsaussichten ist man inzwischen überwiegend pessimistisch gestimmt: Nur 10 Prozent der Betriebe erwarten eine zukünftig bessere Geschäftslage, 57 Prozent gehen von keiner wesentlichen Veränderung ihrer Geschäftslage aus, 32 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung. Große Sorgen macht man sich vor allem in den Branchen Industrie, Handel, Gastgewerbe und Verkehr.
Risiken für die weitere Entwicklung
Ein fast durchgängig pessimistischer Blick auf die weitere Geschäftsentwicklung korrespondiert mit der Ballung an relevanten wirtschaftlichen Risiken. Zu ihnen gehören auch die demografische Entwicklung, zunehmende staatliche Eingriffe und die sich verschlechternden weltpolitischen Rahmenbedingungen.
Bei den regelmäßig bei den Unternehmen abgefragten Risiken für die eigene wirtschaftliche Entwicklung hat sich das Thema der Energie- und Rohstoffpreise in den letzten Umfragen nach ganz oben geschoben. Vor allem die stark gestiegenen Preise für Strom, Gas und Kraftstoffe stellen für die Unternehmen aller Branchen eine zum Teil existenzielle Belastung dar. 69 Prozent der heimischen Betriebe sehen sich aktuell von den hohen Energiepreisen erheblich betroffenen, darunter insbesondere die heimischen Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Großhandel, Verkehr und Gastgewerbe. In diesem Zusammenhang stößt die von der Politik zum 01.12.2023 geplante Erhöhung der Lkw-Maut auf völliges Unverständnis.
Die politischen Rahmenbedingungen bzw. die aktuelle Wirtschaftspolitik bewerten 56 Prozent der Unternehmen in der IHK-Konjunkturumfrage als problematisch bzw. sehen das politische Agieren als Risiko für ihre weitere wirtschaftliche Entwicklung.
„In ihren offenen Antworten beklagen sehr viele Betriebe eine Überregulierung der Wirtschaftsabläufe bzw. der Unternehmen und eine Unberechenbarkeit der Politik“, sagt Alfred Jung, Konjunkturexperte der IHK Limburg. „Sie äußern den Eindruck, dass die Politik die Probleme der Unternehmen nicht ernst nehme und die Realitäten nicht erkennen wolle. Und sie sind frustriert, dass die Politik zwar von Entlastung der Unternehmen rede, aber im Unternehmeralltag immer mehr Belastungen hinzukommen. Zahlreiche Betriebe befürchten, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland durch die aktuelle Wirtschafts- und Energiepolitik nachhaltig beschädigt wird“, so Jung.
Im Weiteren macht sich jedes zweite Unternehmen (54 Prozent) angesichts der auch für 2023 weiter bestehenden hohen Inflationsrate sowie steigenden Zinsen Sorge um die Inlandsnachfrage, vor allem im Bau und im Großhandel. Das Gastgewerbe fürchtet die angesagte Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Speisen.
Von 53 Prozent der Unternehmen aus allen Branchen wird der Fachkräftemangel als Risiko genannt. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird er trotz der konjunkturellen Abkühlung immer schmerzlicher empfunden und bremst die Unternehmen in ihrer Entwicklung.
Angesichts den der hohen Inflationsrate folgenden Lohnforderungen und Mindestlohnfestsetzungen machen sich 46 Prozent der Unternehmen sorgen bezüglich steigender Arbeitskosten.
Für die Konjunkturumfrage werden dreimal im Jahr rund 500 Mitgliedsunternehmen der IHK Limburg aus den verschiedenen Branchen befragt. Der Konjunkturklimaindex setzt sich zusammen aus der Beurteilung der aktuellen und der zukünftigen Geschäftslage. Bei einem Wert unter 100 kann man von einer negativen Gesamtstimmung sprechen, ab 100 Punkten von einer befriedigenden Beurteilung, ab 120 Punkten von einer guten, ab 130 Punkten von einer sehr guten Beurteilung.