27. Januar 2023

Wirtschaft wieder zuversichtlicher

Mit der Stimmung in der Wirtschaft in der Region Limburg-Weilburg geht es wieder aufwärts, die Unsicherheit der Unternehmen bleibt jedoch hoch – das zeigt die IHK-Konjunkturumfrage zum Jahreswechsel.
Die Konjunktur in der heimischen Wirtschaft bewegte sich in den vergangenen drei Jahren auf und ab: mit dem Beginn der Corona-Pandemie stürzte sie 2020 ab, entwickelte sich 2021 wieder aufwärts und trübte sich 2022 mit dem russischen Überfall auf die Ukraine erneut ein. Zum Jahresanfang 2023 hat sich die Stimmung nun wieder aufgehellt: Nach dem Herbsttief mit nur noch 71 Punkten hat sich der Konjunkturklimaindex für den regionalen Wirtschaftsraum auf 102 Punkte erholt – damit liegt er jedoch weiter deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 114 Punkten.
„Eine tiefe Rezession, die noch Ende letzten Jahres zu befürchten war, ist zum Glück ausgefallen. Dass die drohende Gasmangellage nicht eingetreten ist, die umfänglichen staatliche Finanzhilfen die Energieverbraucher stützen und eine Entspannung bei Lieferkettenproblemen lassen die Unternehmen deutschlandweit etwas aufatmen. Auch im Bezirk der IHK Limburg zeigt sich ein Bild einer wirtschaftlichen Entspannung“, kommentiert IHK-Präsident Ulrich Heep die aktuelle wirtschaftliche Lage. Von einer Entwarnung könne jedoch keine Rede sein. Die Unsicherheit der Unternehmen bleibe angesichts hoher Energiepreise, Rekordinflation und einem weltweit abgebremsten Wachstum weiter hoch, so Heep.
Deutschland muss sich erneuern
„Deutschland muss schnell auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zurückfinden, um langfristige Herausforderungen wie Struktur- und Klimawandel, demografische Entwicklung und Digitalisierung zu meistern,“ betont der IHK-Präsident. Dazu sei ein ganzes Set an Maßnahmen nötig: von sicherer und bezahlbarer Energie über beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren bis hin zu neuen Handelsabkommen, damit Unternehmen ihre Lieferketten leichter diversifizieren können. Wichtig sei auch, dass der Abbau von Bürokratie von der Politik nicht nur angekündigt, sondern auch umgesetzt werde, denn insbesondere kleine und mittlere Unternehmen fühlten sich von immer mehr Regulatorik erdrückt. „Deutschland sollte sich aber auch in Gänze erneuern. Das Land muss sich transformieren, digitalisieren und optimieren, damit der Wirtschaftsstandort stark bleibt“, appelliert Heep.
Branchen atmen auf
Gingen in 2022 mit Kriegsbeginn, beschleunigter Inflation und Sorge um einen Energienotstand alle Branchen auf Talfahrt, so gibt es jetzt Mitte des Winters in allen Bereichen der heimischen Wirtschaft ein Aufatmen: Der Konjunkturindex im produzierenden Gewerbe (Industrie und Bau) stieg von 72 auf 106 Punkte, im Einzelhandel von 66 auf immerhin 88 Punkte und bei den Dienstleistungen von 84 auf 123 Punkte.
In der regionalen Wirtschaft wird die gegenwärtige Lage insgesamt mit einem leicht positiven Saldo von 17 Punkten bewertet: 31 Prozent der Unternehmen bewerten ihre gegenwärtige Lage mit gut, 55 Prozent mit befriedigend und 14 Prozent mit schlecht. Bei den Zukunftsaussichten sieht man nicht mehr so schwarz wie im Herbst, ist aber noch überwiegend pessimistisch gestimmt: Nur 20 Prozent der Betriebe erwarten eine zukünftig bessere Geschäftslage. 50 Prozent gehen von einer stabilen Geschäftslage aus, 30 Prozent jedoch rechnen mit einer Verschlechterung.
Risiken für die weitere Entwicklung
Ein eher pessimistischer Blick auf die weitere Geschäftsentwicklung korrespondiert mit der Ballung an relevanten wirtschaftlichen Risiken, zu denen auch die demografische Entwicklung, zunehmende staatliche Eingriffe und die sich verschlechternden weltpolitischen Rahmenbedingungen gehören.
Bei den regelmäßig bei den Unternehmen abgefragten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung hat sich das Thema der Energie- und Rohstoffpreise nach ganz oben geschoben. Vor allem die stark gestiegenen Preise für Strom, Gas und Kraftstoffe stellen für die Unternehmen aller Branchen eine zum Teil existenzielle Belastung dar. 75 Prozent der heimischen Unternehmen sehen sich von den außergewöhnlich stark und schnell gestiegenen Energiepreisen erheblich betroffenen, darunter insbesondere die heimischen Unternehmen aus Industrie, Verkehr und auch Gastgewerbe.
An zweiter Stelle (von 52 Prozent der Unternehmen genannt) steht der Fachkräftemangel. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird er trotz der konjunkturellen Abkühlung immer schmerzlicher empfunden und bremst die Unternehmen in ihrer Entwicklung. Fachkräfte fehlen in allen Branchen, vor allem aber im Baugewerbe, bei den Investitionsgüterherstellern und im Gastgewerbe.
Fast jedes zweite Unternehmen (48 Prozent) macht sich angesichts der auch für 2023 erwarteten ungewöhnlich hohen Inflationsrate Sorge um die Inlandsnachfrage. Sowohl in Industrie und Bau als auch im Groß- und Einzelhandel fragt man sich, ob die Kunden die neuen Preise bezahlen wollen und können.
Die politischen Rahmenbedingungen bewerten 44 Prozent als problematisch bzw. sehen das politische Agieren eher als Risiko denn als Chance für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. In den offenen Antworten beklagen viele Betriebe immer wieder eine Überregulierung der Wirtschaftsabläufe bzw. der Unternehmen. Sie stellen auch die Frage, wie man angesichts einer geringen Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen nachhaltig investieren kann.
Zu den fünf Hauptrisiken zählt zudem die Sorge um die Entwicklung der Arbeitskosten (genannt von 43 Prozent der Unternehmen). Sie wird sicherlich ebenfalls durch die inflationäre Entwicklung befeuert.
Für die Konjunkturumfrage werden dreimal im Jahr rund 500 Mitgliedsunternehmen der IHK Limburg aus den verschiedenen Branchen befragt. Der Konjunkturklimaindex setzt sich zusammen aus der Beurteilung der aktuellen und der zukünftigen Geschäftslage. Bei einem Wert unter 100 kann man von einer negativen Gesamtstimmung sprechen, ab 100 Punkten von einer befriedigenden Beurteilung, ab 120 Punkten von einer guten, ab 130 Punkten von einer sehr guten Beurteilung.