17. Mai 2023

Kein Frühjahrsaufschwung

Die Stimmung in der Wirtschaft in der Region Limburg-Weilburg bleibt verhalten, die Unsicherheit der Unternehmen ist weiterhin hoch – das zeigt die Frühjahrsumfrage der IHK Limburg.
Die Konjunktur in der heimischen Wirtschaft bewegte sich in den vergangenen drei Jahren auf und ab: mit dem Beginn der Corona-Pandemie stürzte sie 2020 ab, entwickelte sich 2021 wieder aufwärts und trübte sich 2022 mit dem russischen Überfall auf die Ukraine erneut ein. Zum Jahresanfang 2023 hatte sich die Stimmung zunächst leicht verbessert. Doch statt einer Frühjahrsbelebung zeigt sich jetzt Stagnation: Nach 102 Punkten zum Beginn des Jahres ist der Konjunkturklimaindex nun sogar auf 99 Punkte zurückgefallen – und liegt damit weiter deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 114 Punkten.
„Angesichts der konjunkturell sehr schleppenden Entwicklung, auch in Gesamtdeutschland, nimmt die Politik hoffentlich zur Kenntnis, dass es mit einem ‘Weiter so’ nicht mehr geht“, stellt IHK-Präsident Ulrich Heep fest. „Aber auch die Entwicklung hin zu immer mehr staatlich beeinflusster Wirtschaft ist nicht der richtige Weg. Die wirtschaftlichen Kräfte brauchen mehr Verlässlichkeit und vor allem freien Gestaltungsraum, um sich entfalten zu können. Unsere Umfrage gesamt, wie auch viele Einzelstimmen aus unserer Unternehmerschaft, zeigen kaum Stimmung auf, welche von optimistischer Frühlingsbelebung geprägt ist. Die Unternehmensvertreter beschweren sich vielmehr immer stärker über zu hohe politisch induzierte Energiepreise und eine erdrückende, immer vielfältigere und für kleinere und mittlere Unternehmen kaum noch zu bewältigende Bürokratie“, so Heep.
Staatliches Handeln nicht immer nachvollziehbar
Die mit dem Klimawandel begründeten staatlich verordneten Umbaupläne, die in Wirtschaft und Gesellschaft hineingreifen, seien für viele so nicht nachvollziehbar, sagt der IHK-Präsident. Statt immer neuer Regularien aus Berlin und Brüssel benötige die Wirtschaft verlässliche Rahmenbedingungen, die Raum für unternehmerische Freiheit lassen. „Dann können unsere Unternehmen und Arbeitgeber auch die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen bestehen, wie etwa Inflation, steigende Zinsen, fragile Lieferketten, Klimaängste, lahmende Weltwirtschaft oder weltpolitische Konflikte,“ so Heep. „Eine von Vorschriften oder auch Subventionen zu stark beeinflusste Wirtschaft wird die Basis für unseren Wohlstand nachhaltig beeinträchtigen.“
Branchen - nur Bau und Gastronomie etwas besser
Gingen in 2022 mit Kriegsbeginn, beschleunigter Inflation und Sorge um einen Energienotstand alle Branchen auf extreme Talfahrt, so haben sich fast alle Branchen mittlerweile etwas erholt, aber es fehlt an Dynamik: Der Konjunkturindex im produzierenden Gewerbe (Industrie und Bau) ist seit der Jahresbeginn von 107 auf 99 Punkte und bei den Dienstleistern insgesamt von 108 auf 103 Punkte zurückgegangen. Der Einzelhandel hat sich etwas erholt, von 88 auf 94 Punkte. Der Bau hat sich von 102 auf 112 Punkte verbessert, aber auch hier liegt man unter dem langjährigen Durchschnitt. In der Gastronomie hat sich seit Jahresbeginn der Index von 93 auf 113 verbessert und man freut sich über bzw. auf mehr Gäste.
In der regionalen Wirtschaft wird die gegenwärtige Lage insgesamt mit einem leicht positiven Saldo von 14 Punkten bewertet: 30 Prozent der Unternehmen bewerten ihre gegenwärtige Lage mit gut, 54 Prozent mit befriedigend und 16 Prozent mit schlecht. Bei den Zukunftsaussichten ist man überwiegend pessimistisch gestimmt: Nur 15 Prozent der Betriebe erwarten eine zukünftig bessere Geschäftslage. 56 Prozent gehen von einer unveränderten Geschäftslage aus, 29 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung.
Risiken für die weitere Entwicklung
Ein eher pessimistischer Blick auf die weitere Geschäftsentwicklung korrespondiert mit der Ballung an relevanten wirtschaftlichen Risiken, zu denen auch die demografische Entwicklung, zunehmende staatliche Eingriffe und die sich verschlechternden weltpolitischen Rahmenbedingungen gehören.
Bei den regelmäßig bei den Unternehmen abgefragten Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung hat sich das Thema der Energie- und Rohstoffpreise nach ganz oben geschoben. Vor allem die stark gestiegenen Preise für Strom, Gas und Kraftstoffe stellen für die Unternehmen aller Branchen eine zum Teil existenzielle Belastung dar. 66 Prozent der heimischen Unternehmen sehen sich von den außergewöhnlich stark und schnell gestiegenen Energiepreisen erheblich betroffenen, darunter insbesondere die heimischen Unternehmen aus Industrie, Großhandel, Verkehr und auch Gastgewerbe.
An zweiter Stelle (von 54 Prozent der Unternehmen genannt) steht der Fachkräftemangel. Aufgrund der demografischen Entwicklung wird er trotz der konjunkturellen Abkühlung immer schmerzlicher empfunden und bremst die Unternehmen in ihrer Entwicklung. Fachkräfte fehlen in allen Branchen, vor allem aber im Bau- und Verkehrsgewerbe.
Jedes zweite Unternehmen (51 Prozent) macht sich angesichts der auch für 2023 weiter bestehenden hohen Inflationsrate sowie steigenden Zinsen Sorge um die Inlandsnachfrage, vor allem im Bau und im Handel, aber auch im Kredit- und Versicherungsgewerbe.
Aufgrund den der hohen Inflationsrate folgenden Lohnforderungen und Mindestlohnfestsetzungen machen sich 48 Prozent der Unternehmen sorgen bezüglich steigender Arbeitskosten, vor allem im Bau und in der Gastronomie.
Die politischen Rahmenbedingungen bewerten 46 Prozent als problematisch bzw. sehen das politische Agieren eher als Risiko denn als Chance für die weitere wirtschaftliche Entwicklung. In den offenen Antworten beklagen sehr viele Betriebe immer wieder eine Überregulierung der Wirtschaftsabläufe bzw. der Unternehmen. Sie stellen die Frage, wie man angesichts von politischem Experimentieren an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen noch zielgerichtet investieren kann.
Für die Konjunkturumfrage werden dreimal im Jahr rund 500 Mitgliedsunternehmen der IHK Limburg aus den verschiedenen Branchen befragt. Der Konjunkturklimaindex setzt sich zusammen aus der Beurteilung der aktuellen und der zukünftigen Geschäftslage. Bei einem Wert unter 100 kann man von einer negativen Gesamtstimmung sprechen, ab 100 Punkten von einer befriedigenden Beurteilung, ab 120 Punkten von einer guten, ab 130 Punkten von einer sehr guten Beurteilung.