IHK-Bürgermeistergespräch

Bürgermeister diskutieren über Nahversorgung

6. Februar 2019 – Nahversorgung und deren Herausforderungen sowie Chancen im ländlichen Raum waren Thema des Bürgermeistergesprächs der IHK Limburg am 5. Februar 2019. Sven Rohde, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Hessen, informierte die Bürgermeister aus dem Landkreis Limburg-Weilburg über aktuelle Entwicklungen der Branche und diskutierte mit ihnen über die Situation in der Region.

„Die Nahversorgung mit Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs ist ein unverzichtbares Stück Lebensqualität im ländlichen Raum. Zugleich ist sie ein wichtiger Standortfaktor für die Städte und Gemeinden unserer Region, die sie attraktiv für Fach- und Führungskräfte und damit auch für Unternehmen machen“, beschrieb IHK-Präsident Ulrich Heep die Bedeutung der Nahversorgung aus Sicht der Wirtschaft.
Mit Sorge betrachtet Heep die Entwicklung, dass die Zahl der Lebensmittelgeschäfte aber auch von Ärzten, Banken oder Poststellen in den letzten Jahren zurückgegangen ist und kleine Läden, die insbesondere ländliche Orte versorgen, fast verschwunden sind. Zugleich werden die verbleibenden Märkte immer größer und konzentrieren sich in den ländlichen Zentren, die nicht mehr fußläufig zu erreichen sind. Hinter dem Rückgang der kleinen Nahversorgungseinrichtungen sieht Heep neben betriebswirtschaftlichen Gründen wie der Tendenz zu größeren Verkaufsflächen, dass die Menschen im ländlichen Raum weniger und älter werden und sich die Bedürfnisse der Kunden sowie ihre Anforderungen an die Lebensmittelanbieter verändert haben. So könnte es sich ergeben, dass sich der Wegfall kleiner Nahversorger und Abwanderungstendenzen in der Bevölkerung gegenseitig verstärken.
Kleine Nahversorger auf dem Land haben es schwer

Dass es einen Strukturwandel im Einzelhandel gibt, der die Versorgung mit Lebensmitteln, Dienstleistungen oder Drogerieartikeln in unmittelbarer Nähe einschränkt und die kleinen Lebensmitteleinzelhändler auch als Orte der Begegnung und des sozialen Austauschs bedroht, bestätigte Sven Rohde vom Handelsverband Hessen. Zu den Gründen zählte er neben dem Flächenwachstum der Geschäfte auch die Filialisierung durch Discounter und Supermarktketten. Rohde betonte, dass die Ansiedelung von großflächigem Lebensmitteleinzelhandel auch in Unterzentren im Einzelfall möglich sein müsse. Im Online-Lebensmitteleinzelhandel sah er noch keine Alternative für die Nahversorgung im ländlichen Raum. Die Mischnutzung von Immobilen durch Lebensmittelgeschäfte im Erdgeschoss und Wohnungen darüber bleibe insbesondere im ländlichen Raum die Ausnahme.
Hervor hob Rohde, dass die strukturellen Probleme des ländlichen Raums sich nicht nur durch die Nahversorgung abbilden und verändern lassen. Zu den Säulen lebendiger Städte und Gemeinden zählte er ebenso Bildung und ärztliche Versorgung. Hier biete die Digitalisierung Chancen, die Rahmenbedingungen für das Leben im ländlichen Raum zu verbessern.
In der Diskussion verdeutlichten die Bürgermeister, dass sich die Bürger Kleinversorger in den Innenstädten und Dorfzentren wünschen. Zugleich bestätigten sie, dass die Dorfläden in der Region zumeist nur mit Subventionen und ehrenamtlichen Engagement geführt werden können. Sich wirtschaftlich tragen würden im Einzelfall kleine Familienbetriebe wie Bäckereien, die ihr Sortiment mit zusätzlichen Angeboten wie Zeitungen oder Lebensmitteln in kleinem Umfang erweitern oder regionale Produkte anbieten.
Betont wurde auch, dass bei der Nahversorgung die Region als Ganzes im Blick behalten werden muss. Die Kommunen sollten sich noch stärker vernetzen, zusammenarbeiten und mit den Gewerbevereinen austauschen. Bekräftigt wurde zudem, dass es im ländlichen Raum neben dem Individualverkehr auch einen besseren öffentlichen Personennahverkehr geben muss, damit die Bürger die nicht nah gelegenen Versorgungsangebote erreichen und nutzen können. Ehrenamtliche Angebote sind keine Lösungen, die dauerhaft tragen.
Am Ende des Bürgermeistergesprächs stand der Wunsch, dass der ländliche Raum auch durch die Landesregierung weiter gestärkt werden muss. Die Digitalisierung mit leistungsfähigen Breitband- und Mobilfunknetzen bietet dafür die Voraussetzungen. Wenn Menschen und Unternehmen in der Region bleiben, dann gibt es auch eine ausreichende Nachfrage und die Nahversorgung kann erhalten bleiben.