10. Februar 2022

Branchen von Corona ausgebremst

Die Corona-Krise hat die einzelnen Branchen unterschiedlich stark getroffen. Auch die Erholung nach den Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie verläuft verschieden.
Die Ergebnisse der IHK-Umfrage zur aktuellen regionalen Branchenkonjunktur zeigen, ob und wie es bei Industrie, Handel oder Dienstleistungen im Landkreis Limburg-Weilburg aufwärts geht.
„Auch zum Jahresbeginn 2022 wird deutlich, wie stark die weltweiten Corona-Effekte noch den Ton auch für die heimische Wirtschaft angeben“, sagt IHK-Präsident Ulrich Heep. Hemmnisse seien etwa Lieferengpässe und die zuletzt noch gültigen 2G-Plus-Regeln aber auch die hohen Energiekosten, so Heep.
Am besten hatte sich nach dem Einbruch der Wirtschaft im Frühjahr 2020 zunächst die Industrie erholt, doch der konjunkturelle Aufwind ist seit Frühjahr 2021 abgeflaut. Der Konjunkturklimaindex erreicht in der Branche zum Jahresanfang aktuell nur 113 Punkte (nach 124 Punkten im letzten Frühjahr). Der langjährige Durchschnitt liegt bei 118 Punkten. Seit dem Einbruch auf 68 Punkte vor fast zwei Jahren hatte sich die Situation in der heimischen Industrie Schritt um Schritt normalisiert, doch der Aufschwung kommt nicht richtig in Fahrt. Die Auftragsbücher sind im Allgemeinen voll, die Produktion hält jedoch mit der Nachfrage nicht Schritt. Pandemiebedingte Einschränkungen und Lieferengpässe beeinträchtigen große Teile der Industrie in Deutschland, auch wenn sich die weltweiten Lieferketten größtenteils stabilisiert haben.
Vor allem Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorprodukten und daraus folgender Materialmangel haben sich zu einem Bremsfaktor in der Industrie entwickelt. Auch die höheren Kosten für Rohstoffe und Energie sind eine große Herausforderung. Ihre gegenwärtige Lage bezeichnen aktuell 46 Prozent der heimischen Industrieunternehmen als gut, 48 Prozent als befriedigend, nur 6 Prozent als schlecht. Beim Blick in die Zukunft ist der Optimismus jedoch in leichten Pessimismus umgeschlagen.
Die Stimmung in der heimischen Bauwirtschaft hat sich nach einer vorübergehenden Abkühlung zu Anfang 2021 im letzten Jahr stetig verbessert. Der Konjunkturklimaindex erreicht zu Beginn 2022 fast sehr gute 127 Punkte. Auch dem Teilbereich des Bauhauptgewerbes (Industriebau, Tiefbau, Straßenbau etc.) geht es wieder gut, dem Ausbaugewerbe schon länger sehr gut. Die gegenwärtige Lage wird weitgehend positiv gesehen, der Auftragsbestand ist hoch. Im Blick auf die Zukunft ist man im Ausbaugewerbe positiv und im Bauhauptgewerbe eher abwartend gestimmt. Grund hierfür könnte sein, dass ein Rückgang der öffentlichen Investitionen befürchtet wird und Lieferengpässe und steigende Preise mehr und mehr zu schaffen machen.
Im heimischen Handel hatte sich die Stimmung über den vergangenen Sommer deutlich verbessert, vor allem im Einzelhandel, bevor die letzte Coronawelle ihn zum Winter wieder nach unten zog. Der Konjunkturklimaindex steht aber immerhin mit aktuell 107 Punkten deutlich besser da als im Frühjahr 2020 (70 Punkte) bzw. Frühjahr 2021 (76 Punkte). Der private Konsum war auf Erholungskurs, doch die Zutrittsbeschränkungen verderben etwas die Lust am Einkauf vor Ort. 17 Prozent der befragten Einzelhändler bezeichnen ihre gegenwärtige Lage als schlecht, 44 Prozent als gut, 39 Prozent sind zufrieden. Die Umsätze der heimischen Händler haben per Saldo zuletzt etwas zugenommen. Maskenpflicht und Abstandsregeln dämpfen trotz gut gefüllter Geldbeutel und stabiler Beschäftigungslage die Lust am Einkaufen bzw. fördern den Onlinehandel. Außerdem nimmt die Inflation Kaufkraft weg. Beim Blick auf die Zukunft sind die heimischen Einzelhändler deshalb wohl insgesamt eher pessimistisch.
Im Großhandel erreicht der Klimaindex nach stetigem Auswärtstrend mit 119 Punkten das höchste Niveau seit dem Einbruch im Frühjahr 2020. Die gegenwärtige Lage wird von 45 Prozent der Großhändler und Handelsvermittler als gut und von 52 Prozent als befriedigend bezeichnet, 3 Prozent urteilen „schlecht“. Die Umsatzentwicklung der letzten vier Monate verlief per Saldo positiv. Mit Blick auf die zukünftige Geschäftsentwicklung ist der Großhandel zum größten Teil abwartend gestimmt.
Bei den unternehmensbezogenen Dienstleistern erreicht der Konjunkturklimaindex mit 134 Punkten den höchsten Wert aller Branchen. Nur der letzte Winter hatte der Erholung einen Dämpfer versetzt, die Coronawelle diesen Winters jedoch lässt die heimischen Unternehmen aus den Bereichen Information und Kommunikation, Immobilienwirtschaft, Public Relations, Werbung und Marktforschung sowie Unternehmensberatung unbeeindruckt: 43 Prozent beurteilen ihre Lage als gut, nur 11 Prozent schlecht, der Rest ist zufrieden. Beim Blick in die Zukunft gibt es deutlich mehr Optimisten als Pessimisten.
Schlechter ist die Geschäftslage bei den personenbezogenen Dienstleistern (Reisebüros, Fitness- oder Kosmetikstudios, Tanzschulen etc.). Der Grund ist vor allem, dass sie in ihren Leistungen für ihre Kunden aufgrund von Schutzmaßnahmen eingeschränkt sind oder Veranstaltungen bzw. Angebote ganz abgesagt werden müssen. Der Klimaindex ist nach einer zaghaften Erholung auf 88 Punkte zum vergangenen Herbst wieder abgerutscht auf schwache 70 Punkte. 50 Prozent der Unternehmen in diesem Bereich geht es schlecht, nur 6 Prozent gut, der Rest ist zufrieden. In die Zukunft blickt man per Saldo mit Pessimismus.
Auch im Gastgewerbe hatte sich der Klimaindex im Zuge der Lockerungen über den Sommer auf 88 Punkte verbessert. Die Auslastung hatte sich etwas stabilisiert, da Restaurants, Kneipen und Biergärten wieder geöffnet waren. Nach dem Herbst hat Corona bzw. haben die Hygiene-Auflagen die Situation für das Gastgewerbe nun wieder verschlechtert: Wenig Gäste, höherer Aufwand und Personal ist Mangelware. 47 Prozent der Unternehmen bezeichnen ihre augenblickliche Geschäftslage zu Jahresanfang als schlecht, der Rest meldet „zufriedenstellend“. Bei den Zukunftsaussichten ist man per Saldo noch eher pessimistisch, doch die Stimmung hat sich gebessert, sicherlich auch angesichts der kommenden wärmeren Jahreszeit.
Im Verkehrsbereich hält sich der der Klimaindex mit 102 Punkten wie zum Herbstanfang im knapp befriedigenden Bereich. Die hochgefahrene Industrieproduktion hat die Transportbranche mit nach oben gezogen, allerdings gibt es Kapazitätsengpässe. Zudem wirken sich die Corona-Einschränkungen gerade im Verkehrsbereich noch belastend aus, sowohl im Personen- als auch im Gütertransport, vor allem bei grenzüberschreitendem Verkehr. Im Blick auf die Zukunft ist man im Verkehrsreich per Saldo leicht pessimistisch, wobei sicherlich auch die stark gestiegenen Treibstoffpreise eine Rolle spielen. Aktuell wird die Geschäftslage von 30 Prozent der Verkehrsunternehmen als gut eingeschätzt, von 20 Prozent als schlecht, der Rest ist zufrieden.