„Bildungssackgassen beseitigen“
Über die Verzahnung der beruflichen Bildung mit Wissenschaft und Hochschule hat die hessische Wissenschaftsministerin Angela Dorn am 14. Juni in der Vollversammlung der IHK Limburg mit den Vertretern der gewerblichen Wirtschaft der Region Limburg-Weilburg gesprochen.
Freiheit zum Wechsel zwischen Bildungssystemen
Junge Menschen sollten die Freiheit haben, sich für eine Ausbildung entscheiden können und trotzdem später die Möglichkeit zum Studieren haben, so Dorn gegenüber den Vertretern der Wirtschaft. „Als Wissenschaftsministerin bin ich nicht der Meinung, dass alle Menschen studieren sollen, sondern dass es viele gute Ausbildungsberufe gibt, die auch solche bleiben sollen. Wenn man sich für einen Ausbildungsberuf entschieden hat, muss man aber auch die Garantie haben, dass man noch wechseln kann. Und genauso muss der Wechsel aus einem Studium in eine berufliche Ausbildung möglich sein“, betonte die Ministerin gegenüber den Unternehmerinnen und Unternehmern.
„In Hessen können schon seit 2016 Personen mit qualifizierter Berufsausbildung ein Studium antreten. Im vergangenen Jahr haben wir dieses erfolgreiche Modellprojekt verstetigt. Und damit Studierende mit unterschiedlichen Bildungsbiografien gut an den Hochschulen ankommen, haben wir im Hessischen Hochschulpakt 2021-2025 die zusätzlichen Programmmittel, die speziell der Qualität von Studium und Lehre dienen, auf im Schnitt 25 Millionen Euro pro Jahr erhöht“, erläuterte Dorn. „Davon finanzieren die Hochschulen zum Beispiel Angebote in Studienorientierung, Mentoring und Beratung oder der didaktischen Weiterbildung der Lehrenden. So gestalten wir gemeinsam eine Gesellschaft, die resilient, veränderungs- und zukunftsfähig ist. Und dabei ist die enge Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft wesentlich.“ Das Öffnen von Bildungssackgassen stärke beide Seiten: das duale Ausbildungssystem wie auch das wissenschaftliche System, betonte die Ministerin: „Wenn Menschen mit Berufsausbildung und praxisnahem Blick ihr Wissen an einer Hochschule vertiefen, ist das eine große Chance, den Herausforderungen unserer Zeit zu begegnen.“
„Das Thema ist mir auch deshalb besonders wichtig, weil wir im Moment vor einem immensen Fachkräftemangel stehen. Damit ist die Entfaltung unserer vielen Potenziale nicht nur eine Frage der sozialen Gerechtigkeit und des sozialen Friedens; auch die Zukunftsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes und unser Wohlstand hängen davon ab, ob wir es schaffen, den vielen Potenzialen, die in unserem Lande schlummern, auch tatsächlich eine Chance zur Entfaltung geben“, erklärte Dorn.
Beim Abbau von Bildungssackgassen bei jungen Menschen, aber auch bei Menschen, die schon im beruflichen Leben stehen, gingen trotz großem Bemühen jedoch noch zu viele auf dem Weg zwischen den Systemen verloren. Die verschiedenen Bildungsgänge, die alle für sich eine hohe Qualität haben und bei denen bereits viel Know-how aufgebaut wurde, müssten daher noch besser miteinander verzahnt werden, so Dorn.
Duales Studium und Weiterbildung verzahnen Theorie mit Praxis
Vor diesem Hintergrund diskutierten die Mitglieder der Vollversammlung mit der Ministerin zum einen über die besondere Rolle eines dualen Studiums mit seiner Verzahnung von beruflicher Bildung und Studium zu einer beruflichen Hochschulbildung. Das duale Studium verbinde mit seinem Wissens- und Technologietransfer aus Theorie und Praxis das Beste aus beiden Welten. Zugleich erlebten die jungen Menschen beim Übergang aus der Hochschule in den Beruf keinen Praxisschock, könnten bereits Geld verdienen und als Fachkräfte in ihrer Heimatregion gehalten werden – im Falle des dualen Studiums an der Technischen Hochschule Mittelhessen also Mittelhessen. Ziel sei, so Dorn, duale Studienangebote im Zusammenschluss aller Akteure weiter auszubauen. Hier seien die Unternehmen wichtige Partner.
Wichtig zur Bewältigung der großen Transformationsprozesse unserer Zeit sei zudem die Weiterbildung im Sinne eines lebenslangen Lernens, erklärte die Ministerin. Dazu könnten Unternehmen für ihre Beschäftigten die Angebote der öffentlichen und privaten Hochschulen, insbesondere in den angewandten Wissenschaften, die in den letzten Jahren ausgebaut worden seien, für ihre Beschäftigten nutzen - auch als Teilzeitstudium. Wichtig dabei sei ein gutes Matching der Angebote mit den Bedarfen der Betriebe.
Wissenschaftsministerin Angela Dorn und die Vertreter der Wirtschaft plädierten dafür, mit beruflicher und akademischer Bildung nicht mehr in zwei Systemen zu denken, sondern in zwei Sphären eines gemeinsamen Bildungssystems, die sich gegenseitig befruchten und ergänzen und zwischen denen man flexibel wechseln kann. Angebote der Berufsberatung und -orientierung müssten dazu ausgebaut werden. So könnten Menschen mit ihren bereits erworbenen Kenntnissen und Erfahrungen in ihrer weiteren beruflichen Entwicklung unterstützt werden. Dies sei im Sinne der Chancengerechtigkeit der Menschen als auch der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.
Hintergrund: Studium mit qualifizierter Berufsausbildung
In Hessen können seit 2016 Personen mit qualifizierter Berufsausbildung ein Studium antreten. Die Zahl derer, die 2021 in Hessen ohne Abitur einen Hochschulabschluss absolvierten, stieg auf 1132, das sind 2,6 Prozent aller Absolventinnen und Absolventen. Im Ranking der Länder steht Hessen damit auf Platz vier. Die Gesamtanzahl der Studierenden ohne Abitur stieg auf 6.725, ein neuer hessischer Rekord. Auch bei den Studienanfängerinnen und -anfängern und den Studierenden insgesamt ohne Abitur liegt Hessen über dem Bundesschnitt.
In Hessen können seit 2016 Personen mit qualifizierter Berufsausbildung ein Studium antreten. Die Zahl derer, die 2021 in Hessen ohne Abitur einen Hochschulabschluss absolvierten, stieg auf 1132, das sind 2,6 Prozent aller Absolventinnen und Absolventen. Im Ranking der Länder steht Hessen damit auf Platz vier. Die Gesamtanzahl der Studierenden ohne Abitur stieg auf 6.725, ein neuer hessischer Rekord. Auch bei den Studienanfängerinnen und -anfängern und den Studierenden insgesamt ohne Abitur liegt Hessen über dem Bundesschnitt.