Kaufrecht

Eigentumsvorbehalt

Zahlungsunfähigkeit, Insolvenz und finanzielle Schwierigkeiten auf Seiten der Kunden führen bei Lieferanten häufig zu hohen Forderungsausfällen. Nicht selten geraten die Lieferanten dann selbst in erhebliche wirtschaftliche Probleme bis hin zur eigenen Insolvenz. Um das Risiko zumindest einzugrenzen, gibt es verschiedene Sicherungsmittel wie Eigentumsvorbehalt, Bürgschaften, Pfandrechte, Sicherungsübereignung oder Sicherungsabtretung. Das im Warenverkehr am häufigsten praktizierte Kreditsicherungsmittel ist der Eigentumsvorbehalt.

1. Wie funktioniert ein Eigentumsvorbehalt?

Inhalt des Eigentumsvorbehalts ist es, dass der Verkäufer dem Käufer die gekaufte Sache sofort übergibt und beide sich darüber einig sind, dass das Eigentum auf den Käufer erst dann übergeht, wenn der gesamte Kaufpreis gezahlt ist. Mit der Zahlung geht dann automatisch das Eigentum auf den Käufer über. Ein Eigentumsvorbehalt kann nur an beweglichen Sachen vereinbart werden, er ist nicht zulässig bei der Veräußerung von Grundstücken, Gebäuden, Forderungen sowie bei sonstigen Rechten (Patente, Lizenzen).
Kommt der Käufer mit der Begleichung in Verzug oder wird er insolvent, dann kann der Verkäufer vom Vertrag zurücktreten und als „Noch-Eigentümer“ die Kaufsache zurückzufordern. Er bekommt dann zwar nicht den Kaufpreis, kann die Sache aber dann anderweitig verwerten. Der Verkäufer hat die bereits geleisteten Kaufpreisraten zu erstatten. Da der Käufer die Sache bis zu diesem Zeitpunkt genutzt hat, muss er sich eine Nutzungsentschädigung anrechnen lassen. Wenn die Kaufsache eine über die gewöhnliche Gebrauchsabnutzung hinausgehende Beschädigung aufweist oder gänzlich untergegangen ist, muss der Käufer Wertersatz leisten.
Der Eigentumsvorbehalt muss vereinbart werden, er gilt nicht automatisch. Die Vereinbarung ist formlos möglich, sollte aus Beweisgründen aber schriftlich getroffen werden. Sehr häufig finden sich entsprechende Klauseln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Lieferanten. In der Regel ist ein Hinweis auf den Eigentumsvorbehalt z.B. durch Aufdruck auf den Geschäftsbriefen und Lieferscheinen oder durch Aushang in den Verkaufsräumen ausreichend.
Im Streitfall ist derjenige beweispflichtig, der das Eigentum für sich beansprucht. Dem Käufer kommt dabei die Vermutung zugute, dass der Besitzer einer Sache in der Regel auch Eigentümer ist (§ 1006 Abs. 1 BGB). Der Verkäufer muss daher beweisen, dass er aufgrund der Vereinbarung des Eigentumsvorbehaltes Eigentümer geblieben ist. Demgegenüber müsste der Käufer den Eintritt der aufschiebenden Bedingung (Kaufpreiszahlung) im Streitfall beweisen.

2. Welche Arten von Eigentumsvorbehalt gibt es?

2.1. Einfacher Eigentumsvorbehalt

Beim einfachen Eigentumsvorbehalt wird vereinbart, dass die gelieferte Ware bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises Eigentum des Verkäufers bleiben. Der Käufer darf die Sache nicht weiter verkaufen oder verwerten. Dieser Vorbehalt kommt vor allem in den Fällen zur Anwendung, in denen der Käufer die Kaufsache selbst nutzt, z. B. Fahrzeuge oder Maschinen im eigenen Betrieb.

2.2. Verlängerter Eigentumsvorbehalt

Der einfache Eigentumsvorbehalt wird in vielen Fällen den Erfordernissen des heutigen Wirtschaftslebens zur Sicherung des Verkäufers nicht gerecht. Dieser macht insbesondere im Handel keinen Sinn, da der Kunde des Vorbehaltkäufers die Ware gutgläubig erwerben kann und der Vorbehalt damit erlischt. Um den Verkäufer vor einem ersatzlosen Verlust zu schützen, dem Käufer andererseits aber die Möglichkeit einzuräumen, seinem gewöhnlichen Geschäft – dem Handel – nachzugehen, hat sich der sog. verlängerte Eigentumsvorbehalt eingebürgert. Dabei wird dem Käufer gestattet, die Ware seinerseits weiter zu veräußern. Gleichzeitig tritt er aber seine Forderung gegenüber seinem Kunden mit dem Eigentumsvorbehalt bereits an den Lieferanten ab. Die Forderungen gegen die Kunden des Käufers treten also an die Stelle der verkauften Ware.

2.3. Verarbeitungsvorbehalt

Eine weitere Variante des verlängerten Eigentumsvorbehalts ist im verarbeitenden Gewerbe üblich. Weil das Eigentum an einer Sache kraft Gesetzes bei Verarbeitung auf den Hersteller der neuen Sache übergeht, würde der Eigentumsvorbehalt in einem solchen Fall ins Leere gehen. Deshalb ist in der Vereinbarung geregelt, dass der Käufer die Ware zwar verarbeiten darf, der Verkäufer aber (Mit-)Eigentum an der neu entstandenen Sache erhält. Der Verarbeitungsvorbehalt wird häufig mit dem obigen verlängerten Eigentumsvorbehalt kombiniert, da die neu hergestellten Produkte ja üblicherweise ebenfalls weiter verkauft werden sollen.

2.4. Erweiterter Eigentumsvorbehalt

Üblich sind häufig auch Vereinbarungen, die den Verkäufer noch stärker absichern sollen. Beim erweiterten Eigentumsvorbehalt (Kontokorrentvorbehalt) behält sich der Verkäufer das Eigentum nicht nur bis zur Zahlung des Kaufpreises der verkauften Sache, sondern bis zur Begleichung sämtlicher Forderungen aus der Geschäftsverbindung vor. Diese Klauseln sind allerdings rechtlich dann problematisch, wenn der Verkäufer übersichert ist. Deshalb verlangt die Rechtsprechung für die Gültigkeit einer derartigen Klausel, dass der Lieferant einen Teil der Waren freigeben muss, wenn der Verkaufswert der Vorbehaltswaren mehr als 110% (bei Vorliegen eines Verwertungsrisikos mehr als 150%) der offenen Forderungen beträgt.
Nicht zulässig ist der Konzernvorbehalt, bei dem auch Forderungen anderer Unternehmen neben dem Verkäufer gesichert sein sollen.

3. Eigentumsvorbehalt in der Insolvenz

a) Der Eigentumsvorbehalt im Insolvenzverfahren des Käufers


Wenn der Vorbehaltskäufer in Insolvenz gerät und über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, ist der Verkäufer im Verhältnis zu den übrigen Insolvenzgläubigern im Vorteil. Dabei ist jedoch zwischen den verschiedenen Arten des Eigentumsvorbehalts zu unterscheiden:
- Bei einem einfachen Eigentumsvorbehalt ist der Vorbehaltsverkäufer Eigentümer der verkauften Sache. Er kann ein Aussonderungsrecht geltend machen, d. h. er kann vom Insolvenzverwalter die Herausgabe der Sache verlangen. Allerdings kann sich die Herausgabe einige Monate hinziehen. Denn der Insolvenzverwalter hat zunächst zu erklären, ob er den Vertrag nicht doch erfüllen will. Entscheidet er sich hierzu, erhält der Gläubiger den Restkaufpreis. Die Erklärung muss der Insolvenzverwalter aber erst nach dem Berichtstermin abgeben, der bis zu drei Monate nach Insolvenzeröffnung stattfinden kann; das gilt allerdings nicht, wenn infolge des Zeitablaufs eine erhebliche Wertminderung der Sache zu erwarten ist.
- Bei einem verlängerten Eigentumsvorbehalt ist das Eigentum nach der Veräußerung an den Dritten bzw. nach Verarbeitung untergegangen und wird durch andere Rechte ersetzt. Für das Insolvenzverfahren bedeutet dies, dass kein Aussonderungsrecht mehr besteht. Vielmehr steht dem Verkäufer dann nur noch ein Absonderungsrecht zu. Bei der Absonderung kann der Gläubiger den betreffenden Gegenstand nicht unmittelbar herausverlangen. Er erhält aber eine bevorzugte Befriedigung aus dem Verwertungserlös des Sicherungsguts. Soweit der Erlös den Betrag der gesicherten Forderung nicht deckt, ist der absonderungsberechtigte Gläubiger gleichzeitig Insolvenzgläubiger mit dem Anspruch auf die Insolvenzquote.
- Hat der Käufer beim erweiterten Eigentumsvorbehalt den Kaufpreis noch nicht getilgt, hat der Verkäufer im Insolvenzverfahren wie beim einfachen Eigentumsvorbehalt ein Aussonderungsrecht; wenn der Eigentumsvorbehalt allerdings danach nur deshalb aufrecht erhalten wird, weil er noch andere Forderungen des Verkäufers sichert, steht er einem Sicherungseigentum gleich. In diesem Fall besteht im Insolvenzverfahren kein Aussonderungsrecht, sondern nur ein Absonderungsrecht.

b) Der Eigentumsvorbehalt im Insolvenzverfahren des Verkäufers

Wenn über das Vermögen des Verkäufers das Insolvenzverfahren eröffnet wird, kann der Käufer vom Insolvenzverwalter die Erfüllung des Kaufvertrags verlangen. Der Käufer erwirbt also das Eigentum, wenn er den Kaufpreis an der Sache vertragsgemäß beglichen hat.

Stand: Februar 2019
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