Sachverständige, Mediation, ehrenamtliche Richter

Ehrenamtliche Finanz- und Handelsrichter

1. Handelsrichter

Handelsrichter sind Teil der rechtsprechenden Gewalt. Als ehrenamtliche Richter haben sie gleiches Stimmrecht wie Berufsrichter und bringen ihre unternehmerische Erfahrung und Kenntnisse in die Rechtsprechung ein. Die Handelsrichter werden auf Vorschlag der Industrie- und Handelskammer durch das Landesjustizministerium auf die Dauer von jeweils fünf Jahren ernannt. Eine wiederholte Ernennung ist nicht ausgeschlossen.

1.1. Wer kann Handelsrichter sein?

Die Voraussetzungen für die Ernennung sind in § 109 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) geregelt. Zum ehrenamtlichen Richter kann danach ernannt werden, wer:
  1. Deutscher ist,
  2. das dreißigste Lebensjahr vollendet hat,
  3. als Kaufmann, Vorstandsmitglied oder Geschäftsführer einer juristischen Person oder als Prokurist in das Handelsregister oder das Genossenschaftsregister eingetragen ist oder eingetragen war oder als Vorstandsmitglied einer juristischen Person des öffentlichen Rechts aufgrund einer gesetzlichen Sonderregelung für diese juristische Person nicht eingetragen zu werden braucht,
  4. im Landgerichtsbezirk wohnt oder in diesem Bezirk eine Handelsniederlassung hat oder einem Unternehmen angehört, das in diesem Bezirk seinen Sitzt oder seine Niederlassung hat.
Ferner wird die Zuverlässigkeit über das Insolvenz- und Schuldnerverzeichnis sowie über das Führungszeugnis geprüft.
Zum ehrenamtlichen Handelsrichter können nicht ernannt werden:
  • Personen, die infolge Richterspruchs die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter nicht besitzen oder wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden sind,
  • Personen, gegen die ein Ermittlungsverfahren wegen einer Tat schwebt, die den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann,
  • Personen, die in Vermögensverfall geraten sind,
  • Personen, die aus gesundheitlichen Gründen zu dem Amt nicht geeignet sind.
Handelsrichtertätigkeit ist ein Ehrenamt. Vergütet werden nur Fahrtkosten. Auswärtige erhalten zusätzlich ein Tagegeld.

1.2. Was sind Kammern für Handelssachen?

Bei Landgerichten können eine oder mehrere sog. „Kammern für Handelssachen“ gebildet sein. Jedes Landgericht hat besondere Abteilungen, die „Kammern“ genannt werden, nämlich Strafkammern, Zivilkammern und – fakultativ – Kammern für Handelssachen. Diese Kammern für Handelssachen sind also ebenso wie die anderen Kammern Spruchabteilungen der Landgerichte und gehören damit zu den ordentlichen Gerichten. Die Bezeichnung „Kammer“ für eine einzelne Gerichtsabteilung bringt zum Ausdruck, dass es sich um ein mehrköpfiges, sog. Kolleggericht handelt.
Die Kammern für Handelssachen entscheiden, abgesehen von Ausnahmen, in der Besetzung mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem (“Vorsitzender Richter“) und zwei Handelsrichtern als ehrenamtlich tätigen Richtern. Handelsrichter haben die gleichen Rechte und Pflichten wie die Berufsrichter, haben also gleiches Stimmrecht, sind wie Berufsrichter unabhängig und an das Beratungsgeheimnis gebunden. Handelsrichter sind zu absoluter Neutralität verpflichtet (kein Interessenvertreter!). Zu Beginn der Amtszeit erfolgt eine Vereidigung.

1.3. Welche Prozesse kommen vor eine Kammer für Handelssachen?

Die Zuständigkeit hängt davon ab, dass:
  1. es sich um eine Handelssache handeln,
  2. das Landgericht zuständig sein,
  3. beim zuständigen Landgericht eine Kammer für Handelssachen bestehen und
  4. die Verhandlung vor der Kammer für Handelssachen beantragt sein muss.
Handelssachen sind im wesentlichen Wechsel- und Scheckprozesse, Gesellschafts- und firmenrechtliche Streitigkeiten, Wettbewerbsprozesse, Börsensachen und Ansprüche gegen einen Kaufmann aus beiderseitigen Handelsgeschäften.
Das Landgericht ist in erster Instanz zuständig, wenn der Streitwert Euro 5.000,- übersteigt. Im Bezirk der Industrie- und Handelskammer sind beim Landgericht Limburg Kammern für Handelssachen gebildet. Eine Kammer für Handelssachen wird nur dann zuständig, wenn Kläger oder Beklagter es beantragen und die übrigen o.g. Voraussetzungen gegeben sind. Erfolgt ein solcher Antrag nicht, so werden auch Handelssachen vor der Zivilkammer verhandelt, da es sich grundsätzlich nur um Zivilsachen besonderer Art handelt. Ausnahmsweise ohne Parteiantrag entscheidet die Kammer für Handelssachen bei Beschwerden gegen die Beschlüsse der Amtsgerichte in Handelssachen (insbesondere bei Handelsregistereinträgen).

2. Finanzrichter

Die ehrenamtlichen Finanzrichter müssen keine Steuerexperten sein, sondern sollten sich mit Usancen im allgemeinen Geschäftsleben auskennen. Die dataillierte Aufarbeitung der Sachverhalte und die steuerliche Analyse erfolgt vorbereitend durch das Gericht beziehungsweise die hauptamtlichen Richter. Die Senate am Finanzgericht sind mit jeweils drei hauptamtlichen Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt. Wie die Berufsricher haben die ehrenamtlichen Richterinnen und Richter nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht zur Entscheidung.
Nach § 17 ff. Finanzgerichtsordnung (FGO) bestehen folgende Voraussetzungen für eine Berufung:
  1. deutsche Staatsangehörigkeit,
  2. Vollendung des 25. Lebensjahres und
  3. Wohnsitz oder gewerbliche oder berufliche Niederlassung innerhalb des Gerichtsbezirks.
Ehrenamtliche Finanzichterinnen und Richter werden für die Dauer von fünf Jahren vom hessischen Finanzgericht in Kassel und vom Landesjustizministerium für die Handelssachen gewählt. Die Industrie- und Handelskammern werden an dem Verfahren beteiligt und können Vorschläge einreichen.
 
Stand: März 2019
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