Gewerberecht

Gewerbetreibende

Zahlreiche Gewerbetreibende, die Unternehmen entweder allein (als Einzelunternehmer) oder mit mehreren Personen zusammen, also in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (BGB-Gesellschaft, auch GbR genannt) betreiben, stehen nach einiger Zeit der gewerblichen Tätigkeit oft vor der Frage, ob das Unternehmen in das Handelsregister eingetragen werden muss, weil es in vollkaufmännischer Art und Weise geführt wird.


Wann ist ein Gewerbetreibender Kaufmann (Vollkaufmann)?


Die (Voll-)Kaufmannseigenschaft eines Einzelunternehmens oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtes (Personengesellschaft) hängt davon ab, ob das Unternehmen nach Art und Umfang der Tätigkeit eine kaufmännische Betriebsweise benötigt. Die Feststellung, ob diese äußerst vage formulierte gesetzliche Voraussetzung im Einzelfall erfüllt ist, erfolgt im Wege der Gesamtbetrachtung verschiedener Kriterien (siehe hierzu auch „Rechtsfolgen bei der Eintragung ins Handelsregister”). In erster Linie sind dies die Höhe des Umsatzes und die Beschäftigtenzahl, die Zahl der Betriebsstätten, die Vielfalt der Geschäftsbeziehungen und die Höhe des Anlage- und Umlaufvermögens. Maßgeblich sind ferner die Schwierigkeit der Kalkulation, das Erfordernis langfristiger Dispositionen, die Vielfalt der hergestellten oder vertriebenen Erzeugnisse oder der erbrachten Leistungen, die Art der Geschäftsabwicklung (Inanspruchnahme oder Gewährung von Krediten, Wechselgeschäfte, bargeldloser Geschäftsverkehr oder Bargeschäfte).

Bei der Wertung dieser Kriterien gibt es keine starren, nach Zahlen festgelegten Grenzen. Vielmehr sind hier die Eigenarten der jeweiligen Branche zu berücksichtigen.

Als Schwellenwerte sind zu nennen: ca. 250 000 – bei Warenumsätzen und ca. 130 000 – bei Dienstleistungsumsätzen als Richtgrößen für eine Eintragungspflicht mit einer Firma in das Handelsregister.

Ergibt die Gesamtbetrachtung, dass ein Unternehmen materiell nicht vollkaufmännisch ist, so kann es sich gleichwohl freiwillig in das Handelsregister eintragen lassen (sogenannte Eintragungsoption). Wird von der Eintragungsoption Gebrauch gemacht, unterliegt das Unternehmen dann den gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen wie (Voll-)Kaufleute.

Formalitäten bei einer Handelsregistereintragung


Die Anmeldung einer Firma bei dem zustädnigen Amtsgericht-Registergericht muss notariell, also von einem Notar beglaubigt werden. Vor Eintragung der Firma in das Handelsregister holt das Registergericht in der Regel eine Stellungnahme der IHK zur Zulässigkeit der Firmierung und etwaigen rechtlichen Zweifelsfragen ein.

Diese Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer erfolgt nicht als Interessenvertreter der Antragsteller oder einzelner Unternehmen, sondern als Organ der Rechtspflege. Die Kammer hat hier ihre gutachtliche Tätigkeit nach streng objektiven Gesichtspunkten wahrzunehmen.

Wir empfehlen den Gewerbetreibenden sehr, bereits vor dem Gang zum Notar das Bestehen der Kaufmannseigenschaft des Unternehmens sowie die Zulässigkeit der beabsichtigten Firmenbezeichnung prüfen zu lassen und sich natürlich auch über die Vor- und Nachteile einer Handelsregistereintragung zu informieren.

Kaufleute und Kleingewerbetreibende (Nichtkaufleute) unterliegen unterschiedlichen zivil- und handelsrechtlichen Bestimmungen, die jeweils „Vor- und Nachteile” für das betroffene Unternehmen mit sich bringen.

„Vorteile” des Kaufmanns gegenüber dem Nichtkaufmann

  1. Der Kaufmann kann sein Unternehmen mit einem im Handelsregister eingetragenen Firmennamen (Firma) führen. Der Firmenname, der seit 1998 auch eine sogenannte Fantasiebezeichnung sein darf, kann oft ein überaus interessanter Marketingfaktor sein bzw. werden. Er ist geschützt und kann auch bei einer Geschäftsübergabe oder Veräußerung weitergeführt werden.
  2. Bei Verträgen mit anderen Kaufleuten kann ein vom Gesetz abweichender Gerichtsstand vereinbart werden.
  3. Kaufleute können selbständige Zweigniederlassungen errichten, die in das Handelsregister eingetragen werden.
  4. Vollkaufleute können Prokura erteilen.
  5. Die Mitgliedschaft in Fachverbänden hat häufig die Kaufmannseigenschaft zur Voraussetzung.
  6. Kaufleute untereinander können für Forderungen aus beiderseitigen Handelsgeschäften schon vor Eintritt des Verzuges Fälligkeitszinsen fordern. Diese belaufen sich auf 5% pro Jahr (§ 353 HGB)

„Nachteile” des Kaufmanns gegenüber dem Nichtkaufmann


  1. Bereits eine mündliche Bürgschaftserklärung verpflichtet den Kaufmann. Kaufleute bürgen selbstschuldnerisch; die Einrede der Vorausklage kann nicht erhoben werden.
  2. Der Kaufmann muss Handelsbücher führen sowie Inventuren und Bilanzen aufstellen.
  3. Kaufleute untereinander müssen nach Erhalt der Waren diese sofort untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigt, unverzüglich dem Verkäufer Anzeige machen, sonst gilt die Ware als genehmigt.
  4. In besonderen Fällen kann ein Schweigen des Kaufmanns als Annahme gelten. Dies gilt insbesondere beim Erhalt eines kaufmännischen Bestätigungsschreibens, auf das der Kaufmann unverzüglich antworten muss, wenn er mit den darin genannten Bedingungen nicht einverstanden ist.

Stand: Februar 2020