Entgelt, Arbeitszeit und Urlaub

Tarifvertrag

1. Was ist ein Tarifvertrag?

Ein Tarifvertrag regelt Rechte und Pflichten der Tarifvertragsparteien. Dies sind Gewerkschaften und Arbeitgeber bzw. Zusammenschlüsse von Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen (Spitzenorganisationen). Die gesetzliche Grundlage hierfür bildet das Tarifvertragsgesetz. Während der Lohntarifvertrag sich auf die Regelung von Löhnen (Gehältern) beschränkt und meist für einen kürzeren Zeitraum abgeschlossen wird, umfasst der Manteltarifvertrag eine für längere Zeit gedachte Regelung der allgemeinen Arbeitsbedingungen (Lohngruppeneinteilung, Akkord- und Zulagensystem, Urlaubsansprüche, Kündigungsfristen usw.). In zahlreichen Branchen bestehen darüber hinaus noch Tarifverträge über Sonderzahlungen (z. B. Weihnachtsgeld oder sonstige freiwillige Sonderzahlungen).

2. Für wen gelten die Tarifverträge?

Grundsätzlich gelten tarifliche Regelungen, die den Abschluss, den Inhalt und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses betreffen unmittelbar und zwingend nur für die Arbeitsverhältnisse, bei denen die Arbeitnehmer Mitglieder der Gewerkschaft und der Arbeitgeber Mitglied im entsprechenden Arbeitgeberverband ist (sog. Tarifgebundenheit).
Die Anwendung von tarifvertraglichen Regelungen kann auch einzelvertraglich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart werden, ohne dass sie tarifgebunden sind. Möglich ist dabei auch, nur auf einzelne Regelungen des einschlägigen Tarifvertrages Bezug zu nehmen (z. B. auf die Urlaubsregelung oder die Höhe des Arbeitslohnes). Ziel einer solchen freiwilligen Anlehnung an einen Tarifvertrag ist regelmäßig, dass damit eine gleichmäßige Behandlung der tarifgebundenen und der nicht tarifgebundenen Arbeitnehmer des Betriebes erreicht werden soll. Tarifvertragliche Regelungen sind außerdem anzuwenden, wenn bereits eine entsprechende betriebliche Übung besteht.
Abweichende Vereinbarungen (z. B. in Arbeitsverträgen oder Betriebsvereinbarungen) sind bei Tarifgebundenheit nur zulässig, so weit sie durch den Tarifvertrag gestattet sind oder sie eine Änderung der Regelungen zu Gunsten des Arbeitnehmers enthalten.
In Deutschland existieren derzeit rund 71.900 Tarifverträge für verschiedene Branchen und zum Teil einzelne Betriebe (Stand: Oktober 2016). Diese werden zum Teil jährlich neu angepasst und liegen der Industrie- und Handelskammer ebenso wenig vor, wie Listen über die in verschiedenen Branchen üblichen Durchschnittsgehälter. Originäre Ansprechpartner zum Thema Tarifverträge sind für die Mitglieder zunächst die Arbeitgeberverbände für die einzelnen Branchen sowie die entsprechenden Gewerkschaften.

3. Welcher Tarifvertrag gilt?

Für einen Betrieb gilt derjenige Tarifvertrag, der dem Schwergewicht der betrieblichen Tätigkeit entspricht. Dabei wird an die überwiegend im Betrieb zu leistende Arbeit angeknüpft oder an die Merkmale, die dem Betrieb das Gepräge geben (Prospektmaterial, Eintragung ins Handelsregister).
Entscheidend ist dabei, ob der Betrieb nach der Verkehrsauffassung zu dem entsprechenden Gewerbezweig gerechnet wird. Nicht entscheidend ist der wirtschaftliche Hauptzweck oder die Größe des Wirtschaftszweiges in den einzelnen Betriebsteilen. Es gilt das Prinzip der Tarifeinheit. Dies besagt, dass der Tarifvertrag für sämtliche Arbeitsverhältnisse des Betriebes gilt, auch wenn wirtschaftsfremde Arbeiten verrichtet werden (z. B. ist auch für einen Werkstattleiter oder Lageristen in einem Betrieb des Einzelhandels der Tarifvertrag des Einzelhandels anzuwenden). Den Tarifpartnern steht es jedoch frei, vom Prinzip der Tarifeinheit abzuweichen.

4. Was bedeutet die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen? 

In Ausnahmefällen können Tarifverträge auch für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gelten, die nicht Mitglied der Tarifvertragsparteien sind.
Auf Antrag einer der beiden Tarifvertragsparteien können die Tarifverträge durch das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung oder durch die oberste Arbeitsbehörde eines Landes im Einvernehmen mit einem paritätischen besetzten Tarifausschuss für allgemeinverbindlich erklärt werden. Sie ist im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Über solche Tarifverträge wird beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales bzw. den entsprechenden Landesministerien ein so genanntes Tarifregister geführt. Zusammen mit der Entscheidung über die Allgemeinverbindlicherklärung wird der Zeitpunkt des Beginns der Allgemeinverbindlicherklärung bestimmt. Die Allgemeinverbindlicherklärung gilt stets nur für den bestimmten Tarifvertrag, für den sie ausgesprochen wird, nicht etwa für alle bestehenden Tarifverträge des Tarifbereichs. In vielen Tarifbereichen sind -sofern überhaupt allgemeinverbindliche Erklärungen bestehen- nicht alle, sondern nur einzelne der gültigen Tarifverträge allgemeinverbindlich. Entgelttarifverträge sind nur in wenigen Fällen für allgemeinverbindlich erklärt worden.
Mit der Allgemeinverbindlicherklärung erfassen die Rechtsnormen des Tarifvertrages in seinem Geltungsbereich auch die bisher nicht tarifgebundenen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Das bedeutet, der Tarifvertrag ist auch für Arbeitgeber und Arbeitnehmer verbindlich, die nicht bereits als Mitglieder der den Tarifvertrag abschließenden Verbände bzw. Gewerkschaften tarifgebunden sind.
Eine Allgemeinverbindlicherklärung endet mit dem Ablauf (Kündigung oder außer Kraft treten) des Tarifvertrages. Zurzeit sind von den rund 71.900 Tarifverträgen nur etwa 490 für allgemeinverbindlich erklärt worden.
Die allgemeinverbindlichen Tarifverträge sind nach Wirtschaftsgruppen sowie nach ihrem fachlichen und räumlichen Geltungsbereich geordnet. Es sind nur diejenigen Wirtschaftsgruppen, Fachbereiche und Tarifgebiete aufgeführt, in denen es allgemeinverbindliche Tarifverträge gibt.

5. Wo sind Auskünfte über allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge zu erhalten?

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, für die ein Tarifvertrag aufgrund einer Allgemeinverbindlicherklärung verbindlich ist, sowie deren beauftragte Interessenvertreter (z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater) können nach § 9 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Tarifvertragsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Januar 1989 (BGBl. I S. 76) von einer der Tarifvertragsparteien eine Abschrift des Tarifvertrages gegen Erstattung der Selbstkosten (das sind die Papier- und Vervielfältigungs- oder Druckkosten sowie das Übersendungsporto) verlangen.
Nach § 8 Tarifvertragsgesetz sind die tarifgebundenen Arbeitgeber verpflichtet, die für ihren Betrieb maßgebenden Tarifverträge an geeigneter Stelle im Betrieb auszulegen. Dieser Verpflichtung unterliegen auch Arbeitgeber, für die der Tarifvertrag infolge der Allgemeinverbindlicherklärung verbindlich ist (§ 9 Abs. 2 Verordnung zur Durchführung des Tarifvertragsgesetzes).
Die IHK Limburg ist nicht Tarifpartei und hat keine Sammlung von Tarifverträgen, so dass auch keine Auskünfte über den Inhalt der einzelnen Tarifverträge gegeben werden können. Es bestehen jedoch mehrere Möglichkeiten, Einsicht in die verschiedenen Tarifverträge zu nehmen bzw. Auskünfte daraus zu erhalten.
Erste Anlaufstelle ist das Tarifregister des Hessischen Sozialministeriums in Wiesbaden. Das Tarifregister erteilt Auskunft darüber, welcher Tarifvertrag für die einzelnen Branchen abgeschlossen wurde und welche Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt worden sind. Nur über allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge werden telefonisch inhaltliche Einzelauskünfte gegeben. Alle anderen Tarifverträge, über die keine telefonische Auskünfte gegeben werden, können vor Ort eingesehen werden.
Telefonauskunft des Tarifregisters des Landes Hessen
Hessisches Ministerium für Soziales und Integration - Referat III 7 B
0611 32 19 34 95  - Di und Do von 13.00 – 15.00 Uhr
Einsichtnahmen können nach telefonischer Vereinbarung erfolgen im:
Hessischen Ministerium für Soziales und Integration
Tarifregister (Zimmer C 673)  Sonnenberger Str. 2/2a, 65193 Wiesbaden
Unter www.sozialministerium.hessen.de (dort unter „Arbeit und Soziales“ -> Tarifregister des Landes Hessen) erhalten Sie im Internet weitere Informationen.
Ein Verzeichnis der für allgemein verbindlich erklärten Tarifverträge finden Sie unter www.bmas.bund.de (Rubrik Arbeitsrecht).

Stand: Juni 2020
Dieses Merkblatt soll - als Service Ihrer IHK Limburg - nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.