Warum wir TTIP brauchen

Von Freya Lemcke, DIHK Brüssel
Seit Mitte 2013 verhandeln die USA und die EU ein Abkommen zur transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Bisher gab es sieben Verhandlungsrunden – die letzte davon vom 29. September bis 3. Oktober in den USA. In der öffentlichen Diskussion um TTIP tauchen viele Bedenken und Missverständnisse auf. Doch um welche Inhalte und Schwerpunkte geht es im geplanten Abkommen?
Deutschland ist Exportnation: Knapp ein Drittel aller deutschen Arbeitsplätze hängen von den Exporten ab. Stabile Rahmenbedingungen für internationalen Handel und der Abbau von Handelsbarrieren sind daher für die Unternehmen wichtig, damit sie weiterhin neue Märkte erschließen können. Bereits in zehn Jahren werden 90 Prozent des weltweiten Wachstums außerhalb Europas generiert. Unsere wirtschaftliche Zukunft hängt daher davon ab, wie gut wir uns in den neuen Absatzmärkten positionieren können. Die Bemühungen, über die Welthandelsorganisation (WTO) Handelsbarrieren abzubauen und globale Handelsregeln zu definieren, stocken seit Jahren; Protektionismus nimmt insbesondere seit der Wirtschafts- und Finanzkrise weltweit zu. Daher verhandelt die EU nun zunehmend bilaterale Handelsabkommen mit strategisch wichtigen Partnerländern.
Die EU und die USA sind mit einem jährlichen Handelsvolumen von 140 Milliarden Euro wirtschaftlich eng verflochten. Der Abbau von Barrieren im transatlantischen Handel birgt daher großes Potenzial für die Schaffung zusätzlicher Handelbeziehungen, stärkeren Wachstums und für neue Arbeitsplätzen. Ein transatlantisches Abkommen bietet gleichzeitig die Chance, Spielregeln für den Handel zu definieren, die weltweit als Vorbild dienen können und Liberalisierungsimpulse auf globaler Ebene zu geben.
Ein solch umfassendes Abkommen eröffnet der deutschen Wirtschaft viele Möglichkeiten. Die in der öffentlichen Diskussion angesprochenen Risiken lassen sich - wie bei vorherigen Freihandelsabkommen - durch einen ausgewogenen Vertragstext managen. Die Aufgabe der nächsten Monate wird daher sein, die verbreiteten Vorurteile zu überwinden und TTIP zu gestalten.
Worum geht’s genau? Die TTIP-Verhandlungen lassen sich in drei große Bereiche gliedern. Im Bereich Marktzugang geht es insbesondere um den Abbau von Zöllen und Importquoten, den verbesserten Zugang für Dienstleistungen und Investitionen sowie zum öffentlichen Beschaffungsmarkt im Partnerland. Im Bereich regulatorische Zusammenarbeit und nicht-tarifäre Handelshemmnisse liegt der Schwerpunkt auf Normen, Standards und Zertifizierungen. Laut der DIHK-Umfrage „Going International 2013/14“ sehen 75 Prozent der auslandsaktiven Unternehmen hier den größten Nutzen. Im Rahmen von TTIP sollen solche Zertifizierungen gegenseitig anerkannt werden, die sowohl in den USA als auch in der EU ein gleichwertiges Schutzniveau garantieren. Somit entfiele der kostspielige Zwang zur doppelten Zertifizierung bei gleichen Sicherheitsanforderungen. Wo die Normen in EU und USA jedoch unterschiedliche Schutzniveaus festlegen, wird es keine Anerkennung geben. Eine Absenkung von Sicherheitsstandards wird dadurch vermieden.
Im dritten Bereich werden allgemeine handelsbezogene Regeln definiert. Dies umfasst insbesondere die Themen Geistiges Eigentum, Handel und Nachhaltigkeit, Wettbewerb und staatliche Unternehmen, Transparenz in der Gesetzgebung, Ursprungsregeln, Zoll und Handelserleichterungen sowie kleine und mittelständische Unternehmen.