Open Innovation - mit klaren Regeln zum Erfolg

Open Innovation - mit klaren Regeln zum Erfolg

von Winfried Neun, geschäftsführender Gesellschafter der Allensbacher K.O.M. GmbH und Sachbuchautor

Wie kaum ein anderer Begriff hat „Open Innovation“ Eingang in das moderne Innovationsmanagement gefunden. Unternehmen erschließen das manchmal versteckte Wissen ihrer eigenen Mitarbeiter und Kunden, kooperieren über Branchengrenzen hinweg oder lassen ausgewählte Gruppen von Marktteilnehmern und Konsumenten Ideen „von außen“ einbringen, die dazu führen sollen „Innovationsflops“ zu vermeiden.
Grundsätzlich sind drei unterschiedliche Open-Innovation-Ansätze zu unterscheiden. Der Outside-In-Prozess, in dem externes Wissen in den Innovationsprozess integriert wird. Hier wird das vorhandene Know-how beispielsweise von Kunden, Lieferanten oder Universitäten genutzt, um die Qualität und die Geschwindigkeit des Innovationsprozesses zu verbessern. Demgegenüber steht der Inside-Out-Prozess, in dem das „eigene Wissen“ nach außen gegeben wird, um beispielsweise Lizenzen und Patente zu verkaufen. Der dritte Ansatz verbindet die beiden vorgenannten Ansätze und ist eine Mischform, die einerseits das externe Wissen in den Innovationsprozess integriert und andererseits das interne Wissen nach außen gibt.
Viele Unternehmen, und dies gilt vor allem für den Mittelstand, scheuen sich bisher, „Open-Innovation-Ansätze“ in den Prozess ihres Innovationsmanagements einzubinden. Vielfach dominiert noch die Angst, in solchen Open-Innovation-Projekten das eigene interne Wissen preiszugeben und damit einen vermeintlichen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz leichtfertig auf das Spiel zu setzen. Doch inzwischen ist es mit Blick auf die immer weiter fortschreitende Komplexität der Wirtschaft, deren internationale Verflechtung sowie der rasanten Verkürzung von Produktlebenszyklen immer wichtiger, mit anderen Unternehmen zu kooperieren und auch externes Wissen in die eigenen Prozesse einzubinden: Das ist für viele Unternehmen im globalen Wettbewerb überlebenswichtig.
Die noch immer bestehende Angst vieler Unternehmen, Wissen zu verlieren, ist allerdings unbegründet, denn Studien belegen, dass bei allen Open-Innovation-Projekten der Wissenszuwachs größer ist als der Wissensverlust. Allerdings gilt dies nur unter der Voraussetzung, dass in solchen Projekten bestimmte Regeln eingehalten werden. Zunächst ist es notwendig die eigenen Prozesse für ein Open-Innovation-Management klar zu definieren. So muss geklärt werden, wie viel Offenheit in ein solches Projekt fließen soll und welche potenziellen Partner eingebunden werden können. Darüber hinaus sollten Rahmenbedingungen schon im Vorfeld vertraglich festgelegt werden Diese müssen eventuell auftretende Streitigkeiten zwischen den beteiligten Unternehmen sowie die wirtschaftliche Verwertung bei einem Erfolg der Innovation zwischen den Partnern klar regeln. Mit Blick auf die strategische Ausrichtung eines Unternehmens ist es zudem notwendig zu erkennen, ob die eigene Innovationsstrategie mit Open-Innovation-Prozessen kompatibel ist. Wenn eine Öffnung gegenüber Dritten aufgrund der „alten“ Strategie nicht möglich ist, so muss eine Anpassung erfolgen, die den Weg zu erfolgreichen Kooperationen ebnet.
Außerdem soll an dieser Stelle einem weiteren Irrtum in Open-Innovation-Projekten entgegengetreten werden: Viele Unternehmen glauben, dass Open-Innovation-Prozesse nur dann erfolgreich sind, wenn die beteiligten Partner alle ihre Daten, Zahlen und Fakten offenlegen. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass dies in vielen solcher Prozesse niemals notwendig gewesen ist. Open-Innovation-Prozesse leben vielmehr davon, dass sich Unternehmen mit konkreten Fragestellungen, beispielsweise aus Forschung und Entwicklung oder Trends in den Märkten, auseinandersetzten. Dabei ist es zentral, gemeinsam Lösungen zu finden und im Entwicklungsprozess Kompetenzen zu bündeln, um schneller neue Ideen und Ansätze zu generieren. Diese setzt voraus, dass Unternehmen in Zukunft offener  mit ihrem Wissen umgehen.
Noch immer ist für viele Unternehmen Wissen mit einem Besitz gleichgesetzt, der wie ein Territorium verteidigt werden muss. Während im Normalfall der Wert von Territorien über die Jahre steigt, ist dies bei Wissen anders. Wissen veraltet und steigt nur im Wert, wenn es im Austausch mit anderen ständig erneuert und eine tägliche Anwendung findet. Statt am alten Wissen festzuhalten, sollten die Fähigkeit zu kombinieren und querzudenken als echte Königsdisziplinen wahrgenommen werden, denn das Vernetzen von Wissen im online-Zeitalter wird zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor global agierender Unternehmen. Dies setzt schnelles Umsetzen und die Bereitschaft, das eigene Wissen „loslassen“ zu lassen, voraus.