Ausbildungsmarketing in einer digitalen Welt

Ausbildungsmarketing in einer digitalen Welt

von Ulrike Friedrich, DIHK

Durch die fortschreitende Digitalisierung entstehen auf vielfältige Weise Herausforderungen. Noch stärker als heute muss jedes Unternehmen in Zukunft darüber entscheiden, welche dieser neuen Möglichkeiten mit welchem Ziel genutzt werden sollen. Digitalisierung verändert nicht nur physische Prozesse – sie bietet auch kommunikative Chancen, etwa wenn es darum geht, Informationsgräben zwischen Arbeitgebern und potenziellen Auszubildenden zu überwinden.
Doch in welchem Umfeld findet der Prozess der Digitalisierung statt? Ein paar Zahlen: In zehn Jahren verlassen rund 120.000 weniger Schülerinnen und Schüler die allgemeinbildenden Schulen als heute. Gleichzeitig beginnen immer mehr Jugendliche ein Studium. Schon jetzt hat beinahe jedes dritte Unternehmen Schwierigkeiten, alle vakanten Ausbildungsplätze zu besetzen. Die Folge: Noch stärker werden sich in Zukunft die Unternehmen bei ihren künftigen Arbeitnehmern bewerben müssen. Das Zauberwort lautet hier „Ausbildungsmarketing“. Ausbildungsmarketing ist mehr als eine Kampagne. Die Einzigartigkeit des Unternehmens muss herausgearbeitet werden, dabei aber authentisch und glaubwürdig wirken. Unternehmen, die einer „Employer Branding-Strategie“ folgen, werden in den Beliebtheitsrankings der Top-Arbeitgeber regelmäßig besser bewertet und erhalten mehr und bessere Bewerbungen.  Bei vielen Betrieben steckt das Ausbildungsmarketing allerdings noch in den Kinderschuhen. Kann die Digitalisierung hier Chancen für Unternehmen eröffnen?
Die Digitalisierung sorgt für große Veränderungen und Chancen in allen Lebensbereichen. Sie schafft aber auch Konkurrenz, setzt neue Maßstäbe und erzeugt dadurch Druck. Im Bereich des Personal- und Ausbildungsmarketings ist neben der Effizienzsteigerung in Verwaltungsprozessen insbesondere das Überwinden des Informationsgefälles zwischen Bewerber und Unternehmen vorstellbar. Bilder und Videos über Mitarbeiter und Berufsbilder vermitteln Stimmungen und werden zunehmend zu wichtigen Informationsträgern. In sogenannten Referral-Programmen dienen die eigenen Mitarbeiter als Markenbotschafter ihres Unternehmens, um auf diese Weise neue Mitarbeiter auf Augenhöhe anzusprechen.
Gelernte Prozesse der Bewerbung werden zunehmend auf den Kopf gestellt und bekommen neue Regeln. In einer DIHK-Umfrage zur Ausbildung geben heute 62 Prozent der Unternehmen an, das Internet für Ausbildungsmarketing zu nutzen. Vor fünf Jahren waren es noch 52 Prozent. Den höchsten Stellenwert in der digitalen Vermarktung hat die eigene Webseite mit 86 Prozent. Neue Vermarktungskanäle müssen in Zukunft mehr denn je abgewogen werden. Und je jünger die Zielgruppe ist, desto mehr gilt es, am Ball zu bleiben. Es geht darum, die digitalen Möglichkeiten aufzugreifen und sich in seine Zielgruppe hineinzuversetzen. Es soll nicht der Eindruck entstehen, alle Kanäle bedienen zu müssen. Nur wer sich auf seine Zielgruppe einstellt, mit ihr kommuniziert, nur der kann die passenden Bewerber rekrutieren.
Auch mobile Bewerbungen werden immer wichtiger. Bereits heute sind hybride mobile Bewerbungen durchaus üblich und Arbeitnehmer zunehmend an diese Möglichkeit gewöhnt. Kurzbewerbung per Social Web sind schon heute keine Zukunftsmusik mehr: Der Lebenslauf wird mobil aus sozialen Netzwerken in das Bewerbungsmanagement des Unternehmens übertragen und bei Interesse fordert das Unternehmen dann weitere Informationen an, die am PC zusammengestellt werden. Diese Funktion des „CV Parsings“, also das automatische Auslesen von Informationen aus unterschiedlichsten Lebensläufen (zum Beispiel aus sozialen Netzwerken oder Dokumenten) zur weiteren strukturellen Verarbeitung im Bewerbungsmanagement des Unternehmens, ist heute ein übliches Tool. Unternehmen sollten sich hinterfragen, wie wichtig diese Entwicklungen für ihre zukünftigen Auszubildenden und Arbeitnehmer sind, um nicht den Anschluss zu verpassen und an Attraktivität einzubüßen.