Chancen nutzen

Von Jana Zimmermeyer, DIHK


Rund 1,4 Millionen junge Erwachsene in Deutschland haben keinen Berufsabschluss. Diese und ältere Menschen brauchen eine zweite Chance, denn sie werden von Unternehmen dringend als Fachkräfte gebraucht. Ein Weg, der auch nachträglich noch zum Berufsabschluss führen kann, verläuft über Teilqualifikationen (TQ).
Nach einer fast vierjährigen Testphase bieten die Industrie- und Handelskammern (IHKs) künftig bundesweit IHK-Kompetenzfeststellungen für Teilqualifikationen an. „Als Unternehmer ist für mich Fachkräftesicherung ohne Qualifizierung nicht denkbar. Die Aufgaben und Prozesse in den Betrieben werden heute immer komplexer,” sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. „Die Wirtschaft ist auf qualifizierte Mitarbeiter angewiesen. Teilqualifikationen bieten deshalb auch den Menschen noch eine Chance, die nach dem Ende der Schule, keinen Berufsabschluss erwerben konnten und diesen nun nachholen wollen.“
Das Unterstützungsangebot der IHKs für Teilqualifikationen richtet sich vor allem an Erwachsene, die älter als 25 Jahre, keinen oder einen veralteten Berufsabschluss haben, arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht sind wie auch an geflüchtete Menschen mit Bleibeperspektive. Zwar steht auch diesen Erwachsenen grundsätzlich noch eine duale Ausbildung offen, aber aus unterschiedlichen Gründen ist dieser Weg für viele Geringqualifizierte keine Option.
Viele Beispiele zeigen inzwischen, dass die Chancen der Teilqualifikationen bereits erfolgreich genutzt werden. Monireh Jad Haj aus Köln macht über TQ eine Qualifizierung zur Fachlageristin. Die zweifache Mutter kommt aus dem Iran und hatte zunächst Bedenken, die IHK-Tests aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse nicht bewältigen zu können. „Am Anfang musste ich alle Sätze übersetzen. Nach dem ersten Modul habe ich dann gedacht, das ist gar nicht so schwer. Das können viele andere auch schaffen. Schließlich habe ich den Test mit 98 Prozent geschafft!“
Teilqualifikationen haben den Vorteil, dass sie von anerkannten Berufen abgeleitet sind. Das ist eine ideale Voraussetzung für Geringqualifizierte, sich auch ohne eine klassische Ausbildung der IHK-Abschlussprüfung und damit dem Berufsabschluss zu nähern. TQs bieten zudem die Chance, mit dem schrittweise Erlernten eine qualifizierte Beschäftigung aufzunehmen.
„Wir als Bundesagentur für Arbeit sind sehr daran interessiert, dass Menschen im Alter zwischen 25 und 45 Jahren doch noch zur Fachkraft werden und das gelingt am besten, wenn sie es Schritt für Schritt machen,“ sagt Detlev Scheele, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit.
Beate Otto aus Waren an der Müritz hat über absolvierte Teilqualifikationen nach drei Jahren einen Berufsabschluss als Hotelfachfrau erlangt. Besonderheit der Qualifizierung in einer Branche mit besonders großen Fachkräfteengpässen war: Die Teilnehmer wurden über den Winter, also in einer für viele beschäftigungsfreien Zeit, außerhalb der Saison qualifiziert. „Für mich war die Qualifizierung auf jeden Fall positiv. Für alle, die nicht wissen, ob sie es machen: Sie sollten es auf alle Fälle versuchen“, sagt Beate Otto.
Teilqualifikationen können begleitend zu einer Beschäftigung oder in einer von betrieblichen Praktika begleiteten Vollzeit-Qualifizierung absolviert werden. Unternehmer haben so die Chance ihre an- und ungelernten Mitarbeiter schrittweise qualifizieren zu lassen oder neue qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen. Nach erfolgreicher IHK-Kompetenzfeststellung winkt ein IHK-Zertifikat als anerkannter Nachweis über berufliche Qualifikationen. Das Angebot der IHKs gilt für bundesweit einheitliche Teilqualifikationen in verschiedenen kaufmännischen oder auch technischen Berufen wie zum Beispiel Industriemechaniker. Die Chance auf diesen Beruf über Teilqualifikationen nutzt Josef Schatz aus Nürnberg: „Ich bin sehr froh, dass ich im Alter von 29 Jahren noch die Möglichkeit habe, über Teilqualifizierung einen Berufsabschluss zu machen.“
Weitere Informationen finden Sie unter: www.ihk.de/teilqualifikationen.