Als Gründer das Bewährte wagen

Von Iris Gleicke, MdB
Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Wirtschaft und Energie
Ost-, Mittelstands- und Tourismusbeauftragte der Bundesregierung


Unternehmensgründungen haben viele Facetten. Den Gründerinnen und Gründern in Deutschland wird sich in den nächsten Jahren verstärkt die Chance bieten, ein etab-liertes Unternehmen mit bestehender und bewährter Infrastruktur zu übernehmen.
Nach Untersuchungen der KfW betrifft der Generationenwechsel ein Sechstel aller Mittel-ständler und etwa vier Millionen Arbeitsplätze. Aber erst bei gut 40 Prozent der in den nächsten drei Jahren anstehenden Übergaben ist der Prozess bereits angelaufen. Immerhin 22 Prozent sind bereits in konkreten Planungen. In mehr als einem Drittel der Fälle ist jedoch noch überhaupt keine Nachfolgelösung in Sicht, was nicht zuletzt daran liegt, dass ein Inhaber das eigene Lebenswerk in guten Händen wissen will. Die Übernahme eines Unternehmens erfordert über fachliche Kompetenz hinaus Sensibilität im Umgang mit dem alteingesessenen Unternehmer, dem engagierten und eingespielten Mitarbeiterteam und dem Netz aus Lieferanten und Kunden. Übergabewillige Betriebsinhaber und potentielle Übernehmer müssen zueinander finden – das ist die zentrale Voraussetzung für das Gelingen des Nachfolgeprozesses. Dabei sollten insbesondere auch Frauen und Migrantinnen und Migranten stärker in den Blick für die Nachfolge genommen werden, denn aktuelle Analysen zeigen, dass hier noch erhebliche Potenziale schlummern.
In einem aktuellen Förderprojekt des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie gemeinsam mit der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin entwickeln wir speziell für diese Zielgruppen eine moderne Kommunikation zum Thema Unternehmensnachfolge durch ein „Nachfolge-Wiki“, Videos, einen Nachfolgefahrplan und mehrsprachige Internetinformationen (www.nachfolge-in-deutschland.de).
In Kooperation mit rund 30 Partnern der Initiative „nexxt“ bietet das Bundeswirtschaftsminis-terium umfassende Informationen und Beratung an und bringt Nachfolgeinteressierte mit der Onlinebörse www.nexxt-change.org zusammen. Seit 2006 sind über die kostenlosen Inserate der nexxt-change-Börse und die persönliche vor-Ort-Unterstützung der bundesweiten Regionalpartner wie den IHKs, Sparkassen und Kreditgenossenschaften über 14.200 erfolgreiche Betriebsnachfolgen eingeleitet worden. Darüber hinaus unterstützen die Kammern und weiteren Regionalpartner den komplexen Nachfolgeprozess gerne mit ihren individuellen Beratungs- und Finanzierungsangeboten.
Ein „realistischer“ Kaufpreis und die richtige Finanzierung sind nach wie vor entscheidend für eine gelungene Übernahme. Vielfältige Fördermöglichkeiten stehen zur Verfügung, damit die Finanzierung nicht zum Übernahmehemmnis wird. Seit 70 Jahren kann die deutsche Wirtschaft auf die Finanzmittel des ERP-Sondervermögens zurückgreifen. Sie kommen dort zum Einsatz, wo ein Angebot der Banken nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. Diese verlässliche Unterstützung für den deutschen Mittelstand ist wichtig, damit Innovationspotentiale und Ideenreichtum auf fruchtbaren Boden fallen. Jährlich werden mittelständische Unternehmen über die KfW aus dem ERP-Vermögen mit einem Gesamtvolumen von mehr als 5 Milliarden Euro gefördert. Über drei Viertel des Kreditvolumens entfallen auf Existenzgründungen und Unternehmensübernahmen, die Schwerpunkte der ERP-Förderung bilden. Im Sinne einer kontinuierlichen, verlässlichen Förderung haben wir mit dem ERP-Wirtschaftsplangesetz für das Jahr 2017 die Basis für die aktuelle Förderung geschaffen. Auch in diesem Jahr stehen die verschiedenen Förderprogramme mit unterschiedlichen Ansätzen und Zielrichtungen zur Verfügung und können - abgestimmt auf den Einzelfall - zum optimalen Finanzierungsmix beitragen.
Besonders freue ich mich darüber, dass in diesem Jahr erstmals ein bundesweiter Aktionstag stattfindet, der die Unternehmensnachfolge durch attraktive Veranstaltungen und Events in den Mittelpunkt stellt und dadurch die Aufmerksamkeit und Bedeutung für den Generationswechsel im Mittelstand in Deutschland erhöht.
Förderprogramme für Unternehmensnachfolgen
Das Programm „ERP-Kapital für Gründung“ bietet bis drei Jahre nach Geschäftsaufnahme Nachrangkapital für Unternehmensgründer und verstärkt damit - ohne dass Sicherheiten gestellt werden müssen - die Eigenkapitalbasis des Unternehmens. Gleichzeitig wird durch die unbeschränkte Haftung des Nachrangdarlehens die Fremdkapitalaufnahme erleichtert. Über 40 Prozent der Förderfälle und nahezu die Hälfte des Fördervolumens entfielen bei diesem Programm auf Übernahmen. Mit dem „ERP-Gründerkredit-StartGeld“ kann der Kapitalbedarf von Gründungen bis zu 100.000 Euro innerhalb der ersten fünf Jahre nach Auf-nahme der Geschäftstätigkeit gedeckt werden. Für größere Vorhaben bietet der „ERP-Gründerkredit-Universell“ zinsgünstige Darlehen mit einem Volumen bis zu 25 Millionen Euro. Neben günstigen Zinskonditionen setzt die ERP-Förderung verstärkt auf Risikoübernahmen und langfristige Kreditlaufzeiten bis zu 20 Jahre mit bis zu 10-jährigen Zinsbindungsfristen. Ansprechpartner sind die vertrauten, regional verankerten Hausbanken. Die ERP-Förderung kann mit anderen Förderangeboten oder Bürgschaften der Bürgschafts-banken kombiniert werden. Umfassende Informationen finden Sie über die Förderdatenbank des Bundes unter www.foerderdatenbank.de.

Für Nachfolgefinanzierungen bei der Übernahme kleinerer Betriebe und einem Kreditvolumen bis zu 20.000 Euro ergänzt der Mikrokreditfonds die ERP-Förderung. Er ist ein Angebot für Unternehmerinnen und Unternehmer, die oftmals keinen Zugang zur klassischen Bankenfinanzierung haben, weil sie z.B. wegen fehlender Vermögenswerte nicht über die hinreichende Bonität verfügen oder die benötigten kleinen Kredite den Aufwand der Geschäftsbanken, der bei der Risikoprüfung entsteht, nicht decken. Ansprechpartner sind 14 akkreditierte Mikrofinanzinstitute bundesweit, die in allen Angelegenheiten des Mikrokredits beraten und zu einer unbürokratischen Kreditvergabe beitragen. Insbesondere Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund sollen bei ihrem Weg in die Selbständigkeit unterstützt werden, um die Basis des deutschen Mittelstandes zu verbreitern, damit er auch in Zukunft mit seiner Vielseitigkeit und Innovationsfreude das Rückgrat unserer starken Volkswirtschaft bleibt. Die Anschriften der Mikrofinanzinstitute und weitere Informationen zum Mikrokredit erhalten Sie unter www.mein-mikrokredit.de.