Erfolgsgeschichten

Go West – trotz „Amercia First“

Wie heimische Firmen in den USA Erfolg haben können
Von Mika Beuster


Die IHK Limburg bietet in Kooperation mit den anderen hessischen bzw. mittelhessischen IHKs Ländertage an, um die Verantwortlichen in den heimischen Unternehmen über interessanten Auslandsmärkte zu informieren und weiterzubilden. Bei diesen Informationstagen referieren Länderexperten zu den Chancen und Risiken für ein Engagement auf dem jeweiligen Exportmarkt und erläutern auch die  rechtlichen und steuerrechtlichen Voraussetzungen für einen Marktzugang. Die heimischen Unternehmensvertreter gewinnen bei diesen Ländertagen so mehr Kompetenz und Sicherheit für die Planung und Vorbereitung eines Engagements im jeweiligen Ausland oder auch die Marktbearbeitung und -erweiterung. Oft ergeben sich auch neue Kontakte für das Auslandsgeschäft, zum einen durch die im Ausland tätigen Referenten, zum anderen durch den Austausch mit den anderen Teilnehmern der Ländertage.
Wie heimische Unternehmen in den USA Erfolg haben, ist beim Ländertag der IHK Limburg diskutiert worden. Gerd Ohl hat dort einen Vortrag gehalten. Warum seine Firma sich in den USA engagiert, sagt er im Interview.

Herr Ohl, beim Ländertag „USA“ der Industrie- und Handelskammer (IHK) Limburg haben Sie einen Vortrag zum Markteinstieg in den USA gehalten. Warum sollten heimische Firmen in den Vereinigten Staaten aktiv werden?
Gerd Ohl: Unsere Historie zeigt, dass es sich lohnt, in den USA aktiv zu werden. Auslöser für uns, den Schritt über den großen Teich zu wagen, war seinerzeit, dass einer unserer Kunden seinen Standort in die USA verlagert hat und dort seine Produktion aufgebaut hat. Zunächst haben wir ihn weiter aus Deutschland beliefert. Doch daraus resultierten hohe Logistikkosten. Daher haben wir uns schließlich entschieden: Wir produzieren vor Ort, also in den USA, um das Geschäft dort zu halten und auszubauen.
Aber auch das ist mit Kosten verbunden. Ist die Bürokratie, die mit einem Engagement im Ausland verbunden ist, nicht eine hohe Hürde?
Ohl: Ja, in der Tat – es ist mit Kosten verbunden. Und die Bürokratie vor Ort ist tatsächlich ein nicht zu unterschätzender Block. Unterstützend gibt es hierfür zum Beispiel die Ländertage der IHK, die auch ich damals besucht habe. Hier lassen sich Erstkontakte knüpfen und Erfahrungen austauschen.
Was war für Sie damals am Wichtigsten zu erfahren?
Ohl: Wir haben damals die Expertise eines Anwaltes eingeholt – dieser war auch bei der Geschäftsgründung in den USA zugegen. Dessen Rat war uns sehr wichtig. Wir haben uns außerdem mit einigen Lieferanten ausgetauscht, aus der Schweiz, aus Baden-Württemberg. Uns ging es darum, Kontakte aufzubauen und Personen kennenzulernen.
Sie haben also ein Netzwerk geknüpft?
Ohl: Netzwerk wäre sicher ein wenig übertrieben, aber wir haben unsere Erfahrungen ausgetauscht.
Was ist denn anders in den USA gelaufen, als Sie sich das vielleicht zunächst vorgestellt hatten?
Ohl: Man muss sich schon genau überlegen, welche Arbeiten man in die USA verlagert. Generell kann man sagen, dass es nicht so einfach ist, dort ebenso qualifiziertes Personal zu finden wie in Deutschland, was für unser Duales System spricht. Personal mit Hochschulabschluss ist dort allerdings sehr gut qualifiziert.
Das scheint ja für die duale Ausbildung in Deutschland zu sprechen, in der betriebliche und schulische Berufsausbildung kombiniert werden?
Ohl: Ja, das kann man so sagen. In den USA muss man versuchen, das Personal längerfristig zu binden. Das hat in unserem Fall ganz gut funktioniert, weil wir angefangen haben, vor Ort auszubilden. Dann baut man eine ganz andere Bindung zum Mitarbeiter auf – und umgekehrt. Aber es gibt noch andere Dinge, die man berücksichtigen muss.
Welche?
Ohl: Man muss beispielsweise exakt die Visa-Bestimmungen beachten. Einer unserer Lieferanten hatte das Problem, dass er hier nicht genau hingesehen hatte und seinem Mitarbeiter die Einreise verweigert wurde. Solche Themengebiete muss man vorher genau prüfen. Des Weiteren ist es eine große Herausforderung, neue Vertriebswege zu erschließen. Das sind Dinge, die in den USA einfach anders funktionieren. Es empfiehlt sich, auch dort auf ein breites Kundenspektrum zu setzen, aber sich mit den zu Deutschland abweichenden Vertriebsstrukturen vertraut machen. Alles andere lässt sich gut regeln.
Ein Vorteil der Eurozone ist, dass es eine gemeinsame Währung gibt. Was können Firmen tun, um sich gegen starke Schwankungen von Dollar und Euro abzusichern?
Ohl: Das ist ein nicht unerhebliches Risiko, das stimmt. Aber auch da gibt es Mechanismen, um das Risiko abzusichern. Wir haben eine gute Beratung von unseren heimischen Bankpartnern erhalten. Das gab uns Sicherheit.
Seit Donald Trump Präsident ist, hat die politische Unsicherheit zugenommen. Sicher ist eins: Amerikanische Firmen sollen bevorzugt werden. Ist da noch Platz für deutsche Firmen?
Ohl: Ich glaube ja, da ist noch Platz. „America First“ wurde gesagt. Aber: Wenn ein Unternehmen aus welchem Land auch immer in die USA geht und dort Arbeitsplätze schafft, wird das wahrgenommen. Wir haben uns bewusst entschieden, nicht etwa nach Mexiko zu gehen. Unsere Wahl fiel auf die USA und ich glaube, dass Herr Trump das auch honoriert. Ich glaube aber auch, dass Firmen, die in Niedriglohnländern wie etwa China produzieren, Schwierigkeiten bekommen werden.
Wie bewerten Sie bislang die Arbeit Trumps?
Ohl: Ich sage: Gib Herrn Trump eine Chance, lass ihn sich finden. Nach den eher holprigen Anfängen habe ich mittlerweile wieder mehr Vertrauen. Lasst den Staat funktionieren. Wenn man in den USA mit Republikanern spricht, dann gilt dort vor allem ein Präsident als der beste: Ronald Reagan. Und der galt zu Beginn seiner Amtszeit, zumindest aus unserer Sicht, als Cowboy. Aber er hat sich entwickelt. Dies könnte bei Donald Trump auch der Fall sein.
Der Schritt in die USA scheint mit viel Aufwand verbunden zu sein. Hat er sich trotzdem gelohnt?
Ohl: Ja, es hat sich definitiv gelohnt. Aber man muss ebenso sagen: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Man hat seine Bestandskunden. Das funktioniert. Aber darauf kann und darf man sich nicht ausruhen, sondern muss auch neue Kunden akquirieren. Das funktioniert, bleibt aber weiter eine Herausforderung.
Welchen Tipp geben Sie heimischen Firmen, wenn sie auch in den USA aktiv werden wollen?
Ohl: Die verantwortlichen Personen werden sich auf jeden Fall im Vorfeld reiflich überlegt haben, ob sie in die USA gehen möchten und wo Gefahren und Potenziale liegen. Mein Tipp: Schalten Sie einen entsprechenden Anwalt ein, der sich auskennt. Und: Lassen Sie sich fundiert beraten.
Am Ende gehört aber wohl auch Leidenschaft dazu. Was finden Sie persönlich noch immer faszinierend an den USA, dass Sie sich sagen: Das läuft da richtig toll?
Ohl: Da fällt mir sofort alles rund um das Thema neue Technologien ein. Etwa bei IT-Themen, da haben die Amerikaner die Nase vorn. Dort werden die Themen einfach umgesetzt, da gibt es bei uns viel mehr Scheu. Hier können die Amerikaner ein Vorbild sein.
Zur Person
Gerd Ohl ist geschäftsführender Gesellschafter der Firma Limtronik GmbH in Limburg. Der staatlich geprüfte Techniker begann seine berufliche Laufbahn in der Robert Bosch GmbH. 2006 wurde Ohl zum Werkleiter in Limburg berufen. 2009 übernahm er dort die Geschäftsführung. Limtronik startete 2010 mit 90 Mitarbeitern in die Eigenständigkeit. Mittlerweile beschäftigt das Unternehmen 150 Mitarbeiter in Deutschland und 30 Mitarbeiter in einer zugehörigen Niederlassung in den USA. Gerd Ohl ist als stellvertretender Vorsitzender des Vereins Smart Electronic Factory aktiv.