Beschäftigtendatenschutz
Die EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) trifft keine inhaltlichen Regelungen zum Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis, sondern überlässt es dem nationalen Gesetzgeber, hierzu Vorschiften zu erlassen. Der deutsche Gesetzgeber hat das innerhalb der Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) mit § 26 getan. Dieser lehnt sich weitgehend an den § 32 des noch geltenden BDSG an.
Rechtsgrundlagen
Die Geltung der Vorschriften der DSGVO und des BDSG setzt keine IT-gestützte Verarbeitung von Personaldaten voraus; sie gelten auch für in Papierform geführte Personalakten, § 26 Absatz 7 BDSG.
Die Datenverarbeitung ist zulässig, wenn sie zur Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses (zum Beispiel Bewerberdaten), für seine Durchführung oder Beendigung erforderlich ist. Dazu gehören Pflichten, die sich aus Gesetzen (zum Beispiel Steuer- oder Sozialgesetze), aus Tarifverträgen sowie Betriebs- oder Dienstvereinbarungen ergeben.
Die Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten (zum Beispiel Religionszugehörigkeit, Gesundheitsdaten) ist nach der DSGVO nach Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe b), § 26 Absatz 3 BDSG zulässig.
Wer ist Beschäftigter?
Nach § 26 Absatz 8 BDSG umfasst der Begriff auch LeiharbeitnehmerInnen sowie BewerberInnen und ausgeschiedene ArbeitnehmerInnen.
Einwilligung
Falls der Arbeitgeber für die Datenverarbeitung eine Einwilligung des Beschäftigten benötigt, muss sie nach § 26 Absatz 2 BDSG in Schriftform eingeholt werden. Die Freiwilligkeit der Einwilligung wird vermutet, wenn sich für den Arbeitnehmer ein rechtlicher oder wirtschaftlicher Vorteil ergibt (zum Beispiel betriebliche Altersversorgung). Der Beschäftigte ist dabei auf die jederzeitige Widerrufsmöglichkeit seiner Einwilligung hinzuweisen. Insofern muss jedes Unternehmen überprüfen, ob bisherige Einwilligungen, die von den Beschäftigten eingeholt wurden, noch gültig sind. Die Anforderungen ergeben sich aus Artikel 7 DSGVO. Fehlt es also an dem Hinweis auf das jederzeitige Widerrufsrecht und an der Darstellung des Zwecks der mit der Einwilligung verfolgten Datenverarbeitung, bestehen berechtigte Zweifel an der Gültigkeit der alten Einwilligungen nach dem 25.05.2018.
Nach Artikel 22 Absatz 2 Buchstabe c) DSGVO bedarf eine automatisierte Entscheidung zum Beispiel in Fällen elektronischer Scoring-Verfahren im Personalbereich einer ausdrücklichen Einwilligung der Beschäftigten.
Die Einwilligungen zum Beispiel zur Verwendung eines Fotos des Beschäftigten im Internet oder zur privaten Nutzung von E-Mail und Internet mit Überprüfungsrecht des Arbeitgebers sollten auf vom Arbeitsvertrag getrennten Dokumenten eingeholt werden, weil sonst bei jedem neuen Einwilligungserfordernis der Arbeitsvertag geändert werden müsste.
Kollektivvereinbarungen
Bisherige Betriebs- oder Dienstvereinbarungen müssen ebenfalls auf ihre Übereinstimmung mit der DSGVO überprüft werden. Dabei geht es insbesondere um die erhöhten Transparenzpflichten nach Artikel 13 und 14 DSGVO, also die Informationspflichten gegenüber der betroffenen Person, hier den Beschäftigten. Die Informationspflichten betreffen insbesondere den genauen Datenkranz, der verarbeitet wird, die Zwecke sowie die Angaben, an wen die Daten übermittelt werden. Davon umfasst ist auch der Hinweis auf etwaige Übermittlungen in Drittstaaten. Die Beschäftigten müssen auch über ihre Rechte nach Artikel 12 DSGVO informiert werden:
- Auskunftsrecht, Artikel 15
- Recht auf Berichtigung der Daten, Artikel 16
- Recht auf Löschung von Daten, Artikel 17
- Recht auf Einschränkung der Verarbeitung, Artikel 18
- Recht auf Datenübertragbarkeit, Artikel 20.
Datentransfer im Konzern
Als Rechtsgrundlage für eine Übermittlung von Personaldaten innerhalb eines Konzerns zum Beispiel an die Tochter oder an die Konzernmutter, die die gesamte Personalverwaltung durchführt, kann auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f) gestützt werden, wenn die Erforderlichkeit für den Transfer dargelegt werden kann. Damit wäre auch eine Übermittlung von Daten in Drittstaaten zulässig, wenn das angemessene Datenschutzniveau nach den Mechanismen der Artikel 44 ff. DSGVO nachgewiesen werden kann.
Datenschutz-Folgenabschätzung
Da zur Erfüllung zum Beispiel der Verpflichtung zur Abführung der Kirchensteuer die Religionszugehörigkeit erfasst werden muss, muss für die Verarbeitung der Personalstammdaten eine Datenschutz-Folgenabschätzung nach Artikel 35 DSGVO durchgeführt werden. Das gilt auch wegen der Verarbeitung von Gesundheitsdaten (zum Beispiel Krankmeldungen, betriebliches Wiedereingliederungsmanagement) oder automatisierte Personalentscheidungen.
Prüfschema für Betriebsvereinbarungen
- Anforderungen nach DSGVO
Für Betroffene muss klar erkennbar sein, welche sie betreffenden personenbezogene Daten verarbeitet bzw. in welchem Umfang personenbezogene Daten gegenwärtig oder künftig verarbeitet werden, insbesondere muss deutlich werden:- die Identität des Verantwortlichen
- die Zwecke der Verarbeitung
- die Informationen, die eine faire und transparente Verarbeitung gewährleisten
- das Recht, eine Bestätigung und Auskunft darüber zu erhalten, welche personenbezogene Daten verarbeitet werden
- die Aufklärung über Risiken, Rechte, Garantien hinsichtlich der Datenverarbeitung
- die Aufklärung darüber, wie Rechte geltend gemacht werden können.
Außerdem müssen die Grundsätze nach Artikel 5 DSGVO ihren Niederschlag finden.
Die Verarbeitung muss auf rechtmäßige Weise, nach Treu und Glauben in einer nachvollziehbaren Weise nur für einen festgelegten zu einem eindeutigen und legitimen Zweck erfolgen.
Dies galt auch schon nach bisherigem Recht.
Hinweis: Die DSGVO erfordert darüber hinaus angemessene und besondere Maßnahmen im Hinblick auf die Transparenz der Verarbeitung oder über eingesetzte Arbeitsmittel.
Zu beachten: - die Identifizierung des Arbeitnehmers darf nur so lange möglich sein, wie es für den Zweck der Verarbeitung erforderlich ist,
- die Speicherfristen sind auf das unbedingt erforderliche Mindestmaß beschränken.
- Prüfschema für bestehende Betriebsvereinbarungen
- Werden auf Grundlage der Betriebsvereinbarung personenbezogene Daten verarbeitet?
- Enthält die Betriebsvereinbarung Angaben zu den Grundprinzipien nach Artikel 5 DSGVO?
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Rechtmäßigkeit (= Erlaubnistatbestände vorhanden?)Verarbeitung rechtmäßig, nach Treu und Glauben und in nachvollziehbarer Weise? vgl. Art. 6 I a-f DSGVO, EG 39 und Art. 12 ff. DSGVO
-
ZweckbindungsgrundsatzZweck deutlich vereinbart (konkret & detailliert)?Falls Verarbeitung zu anderem Zweck erfolgt: Vereinbarkeit mit altem Zweck?
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DatenminimierungDaten dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf das für die Zwecke erforderliche Maß beschränkt?Sind Strategien und Maßnahmen getroffen (Pseudonymisierung, techn. Vorrichtungen)?
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DatenrichtigkeitWurden Maßnahmen getroffen, um zu gewährleisten, dass personenbezogene Daten, die hinsichtlich des Zwecks ihrer Verarbeitung unrichtig sind, unverzüglich gelöscht oder berichtigt werden?Dienstvereinbarung sollte Regelungen zu Korrekturprozessen enthalten.
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SpeicherbegrenzungSind klare Regelungen zu Speicherdauer von personenbezogenen Daten in Dienstvereinbarung getroffen?
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Integrität und VertraulichkeitSind technisch-organisatorischen Maßnahmen vorhanden, um den Schutz vor unbefugter, unrechtmäßiger Verarbeitung sowie vor Schädigung, Zerstörung oder Verlust zu gewährleisten? Ist die Verarbeitung besonderer Datenkategorien (z. B. Religionszugehörigkeit, Gesundheitsdaten, biometrische Daten) ausreichend gesichert?
-
- Werden besondere Kategorien personenbezogener Daten verarbeitet?
Dann Artikel 9 DSGVO beachten. Besonders relevant bei: Zutrittssystemen mit biometrischer Datenverarbeitung, Einsatz von elektronischen Personalakten, Ausgestaltung des BEM, Durchführung von Assessmentcentern mit elektronischer Datenverarbeitung der Bewerberdaten. - Sind Maßnahmen getroffen worden, um die Informationspflichten zu erfüllen?
Der Arbeitgeber muss Angaben machen zu: Name des Verantwortlichen, seines Vertreters, des betrieblichen Datenschutzbeauftragten, den Zweck sowie die Rechtsgrundlage der Verarbeitung, Speicherfristen, Betroffenenrechte, Empfänger der Daten, Beschwerderechte und Rechtsbehelfe, Datenverarbeitung im Drittland. - Sind Maßnahmen getroffen worden, um die Betroffenenrechte zu berücksichtigen?
Sind die Angaben zu den Betroffenenrechten nach Artikel 15 sowie Mitteilungen nach Artikel 16 ff. DSGVO enthalten?
Die umfangreichen Angaben sollten als Anhang zum Arbeitsvertrag oder in der Betriebsvereinbarung abgebildet werden.
Praxistipp:
Eine Alternative zur Änderung aller Betriebsvereinbarungen könnte der Abschluss einer „Dach“-Betriebsvereinbarung sein, in der ausschließlich datenschutzrechtliche Aspekte geregelt werden und die Bezug nimmt auf die speziellen Vereinbarungen zum Beispiel zur Arbeitszeit und so weiter. Zumindest könnte aber eine schriftliche allgemeine Information der Beschäftigten darüber erfolgen, welche Daten für welche Zwecke in dem Unternehmen verarbeitet werden.
Eine Alternative zur Änderung aller Betriebsvereinbarungen könnte der Abschluss einer „Dach“-Betriebsvereinbarung sein, in der ausschließlich datenschutzrechtliche Aspekte geregelt werden und die Bezug nimmt auf die speziellen Vereinbarungen zum Beispiel zur Arbeitszeit und so weiter. Zumindest könnte aber eine schriftliche allgemeine Information der Beschäftigten darüber erfolgen, welche Daten für welche Zwecke in dem Unternehmen verarbeitet werden.