Existenzgründung

Nebenberufliche Selbstständigkeit

Von Nebenerwerbsgründungen spricht man, wenn neben einer zeitlich oft überwiegenden Erwerbstätigkeit, z. B. im Angestelltenverhältnis, als Hausfrau/-mann, Student/in oder während der Arbeitslosigkeit, eine nicht hauptberufliche selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. In der Regel gilt eine Tätigkeit dann als Nebentätigkeit, wenn die Arbeitszeit nicht mehr als 1/3 der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollerwerbs in Anspruch nimmt.
Neben der Chance, mit einer selbstständigen Nebentätigkeit das Einkommen aufzustocken, wird durchaus auch die Möglichkeit geboten, Erfahrungen als Unternehmer/-in zu sammeln, um ggf. später eine Vollexistenz zu gründen. Dabei gelten bei voll- oder nebenberuflicher Selbstständigkeit bis auf einige Aspekte weitestgehend die gleichen Voraussetzungen. Unabhängig vom Inhalt der gewünschten Tätigkeit und der persönlichen Motivation sind einige besondere sozialversicherungs- und steuerrechtliche Aspekte zu beachten.
Über diese und weitere mit der nebenberuflichen Selbstständigkeit im Zusammenhang stehende Fragestellungen möchte das vorliegende Merkblatt Auskunft erteilen. Vor der Aufnahme einer nebenberuflichen Selbstständigkeit ist es aber trotz der hier gegebenen Informationen mehr als empfehlenswert, sich mit Vorlage eines Unternehmens-Konzepts (Businessplan) bei den entsprechenden Stellen nach deren Einschätzung zu erkundigen.
I. Krankenversicherung
Für Selbstständige gilt normalerweise, dass sie für ihre soziale Absicherung selbst verantwortlich sind. Bei nebenberuflicher Selbstständigkeit ergeben sich aber Besonderheiten entsprechend der jeweiligen Situation, aus der die nebenberufliche Selbstständigkeit begonnen wird. Es ist in jedem Fall sinnvoll, vor Beginn mit der eigenen Krankenkasse zu klären, welche Folgen die nebenberufliche Selbstständigkeit hat und welche Zahlungspflichten gegebenenfalls je nach beruflichem Status bestehen.
  • Als sozialversicherungspflichtige Angestellte
    Sie sind in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert, § 5 Abs. I Nr. 1 SGB V. Die Beiträge teilen sie sich mit dem Arbeitgeber. Wird eine selbstständige Tätigkeit neben einem Angestelltenverhältnis ausgeübt, kommt es für das Weiterbestehen der Versicherungspflicht entscheidend darauf an, welche der Betätigungen hauptberuflich ausgeübt wird. Liegt der Schwerpunkt der Beschäftigung sowohl nach zeitlichem Aufwand als auch nach den erzielten Einnahmen bei dem Angestelltenverhältnis, bleibt der/die Angestellte/r in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Die Beiträge erhöhen sich nicht. Liegt dagegen der Schwerpunkt bei der selbstständigen Beschäftigung, kann der Betreffende wählen, ob er sich in einer Privatversicherung oder freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichern möchte. Diese berechnet den zu zahlenden Beitrag anhand des Gesamteinkommens, d.h. aus dem Entgelt der angestellten Tätigkeit und dem Einkommen aus der Selbstständigkeit. An den Kosten, die auf die angestellte Tätigkeit anfallen, beteiligt sich wie auch sonst innerhalb eines Arbeitsverhältnisses der Arbeitgeber. Die Einschätzung, wo der Schwerpunkt der Beschäftigung liegt, wird von der Krankenkasse selbst vorgenommen. Vor Aufnahme der Tätigkeit muss daher in jedem Fall diese nach ihrer Einschätzung gefragt werden.
Genehmigungspflicht im Angestelltenverhältnis
Wenn Sie als Angestellte/r eine nebenberufliche Selbstständigkeit ausüben wollen, ist dies in der Regel zuvor mit Ihrem Arbeitgeber abzusprechen. Ihre Tätigkeit aus diesem Arbeitsverhältnis darf unter der Selbstständigkeit nicht leiden – Sie riskieren andernfalls eine Abmahnung, im schlimmsten Fall die außerordentliche fristlose Kündigung.
  • Als Familienangehörige
Wer bisher beitragsfrei über seinen Ehepartner, Partner oder die Eltern durch die Familienversicherung abgesichert war, bleibt dies, sofern die Selbstständigkeit nur im Nebenerwerb ausgeübt wird. Diese Einschätzung nimmt die Krankenkasse vor. Als Grundregel gilt, dass eine Selbstständigkeit dann nebenberuflich ausgeübt wird, wenn diese vom zeitlichen Aufwand her nicht den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit des Angehörigen bildet (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 SGB V).
  • In der Familienzeit (Eltern- oder Erziehungszeit)
    Die Einkünfte aus einer Tätigkeit, die während des Bezuges von Eltern- oder Erziehungsgeld erzielt werden, werden auf diese Zahlungen angerechnet. Sie sind einkommensabhängig. Vor Aufnahme einer nebenberuflichen Selbstständigkeit ist daher anzuraten, sich mit der Elterngeldstelle in Verbindung zu setzen und sich darüber zu informieren, in welchem Umfang eine Anrechnung zu erwarten ist.
  • Während der Arbeitslosigkeit
    Während des Bezuges von Arbeitslosengeld I soll der Arbeitssuchende dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Und dies kann er nicht, wenn er einer umfangreichen selbstständigen Tätigkeit nachgeht. Daher ist es in dieser Zeit grundsätzlich nur erlaubt, einer Selbstständigkeit in einem zeitlichen Umfang von bis zu 15 Stunden in der Woche nachzugehen (sh. § 141 Abs. I SGB III). Die Einkünfte aus der Selbstständigkeit werden – abzüglich eines Freibetrages sowie der Betriebsausgaben – auf das Arbeitslosengeld angerechnet. Hier kommt es entscheidend darauf an, sich im Einzelfall eine Einschätzung der Arbeitsagentur über den anzurechnenden Betrag geben zu lassen.
  • Als Rentner
    Es gelten Hinzuverdienstgrenzen, die sich unter anderem aus dem persönlichen Verdienst der letzten 3 Kalenderjahre vor Eintritt ins Rentenalter ergeben. Je nach Höhe des Hinzuverdienstes kann auch eine halbe Rente gewährt werden.
    Empfehlung: Melden Sie jede Erwerbstätigkeit Ihrem Rentenversicherungsträger. Dort erfahren Sie auch, ob Ihr Verdienst die Grenzen einhält oder überschreitet.
    Kostenlose Beratung bieten die Auskunfts- und Beratungsstellen der Deutschen Rentenversicherung. Adressen und weitere Informationen erhalten Sie kostenfrei unter 0800 10004800 oder im Internet: www.deutsche-rentenversicherung.de
  • Während des Studiums
    http://bit.ly/1Xpm7xv

    Originallink Existenzgründungsportal des BMWi: http://www.existenzgruender.de/DE/Weg-in-die-Selbstaendigkeit/Entscheidung/GruenderInnen-Branchen/Studierende/inhalt.html

II. Rentenversicherung
Grundsätzlich gilt, dass Selbstständige nicht in der Rentenversicherung pflichtversichert sind.
Von diesem Grundsatz gibt es jedoch eine ganze Reihe von Ausnahmen (§ 2 S. 1 SGB VI). Dies betrifft u.a.:
- Lehrer und Erzieher, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen
versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen
- Pflegepersonen, die in der Kranken-, Wochen-, Säuglings- oder Kinderpflege tätig sind und im
Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen
Arbeitnehmer beschäftigen
- Hebammen und Entbindungspfleger
- Künstler und Publizisten nach näherer Bestimmung des Künstlersozialversicherungsgesetzes
- Gewerbetreibende, die in die Handwerksrolle eingetragen sind (zulassungspflichtige
Handwerksbetreibe).
Wird eine dieser Tätigkeiten jedoch im Rahmen einer geringfügigen selbstständigen Tätigkeit ausgeübt, ist diese versicherungsfrei, § 5 Abs. II Nr. 2 SGB VI, § 8 Abs. I und III SGB IV. Eine geringfügige selbstständige Tätigkeit liegt vor, wenn
- das Einkommen daraus im Monat regelmäßig 450 Euro nicht übersteigt oder
- die Selbstständigkeit auf längstens zwei Monate oder 50 Arbeitstage begrenzt ist, es sei
denn, die Tätigkeit wird berufsmäßig ausgeübt und ihr Entgelt übersteigt 450 Euro im Monat.
Im Ergebnis lässt sich daher zusammenfassen, dass eine Rentenversicherungspflicht für nebenberufliche selbstständige Tätigkeit dann nicht besteht, wenn Sie mit Ihren monatlichen Einkünften unter 450 Euro bleiben.

III. Arbeitslosenversicherung
Wer mehr als 15 Stunden wöchentlich selbstständig tätig wird und unmittelbar vor Aufnahme der selbstständigen Tätigkeit in der Arbeitslosenversicherung versichert war, kann auf Antrag in die Arbeitslosenversicherung aufgenommen werden, § 28a Abs. I SGB III. Auskünfte dazu erteilt die Agentur für Arbeit.

IV. Unfallversicherung
Für viele Berufe gilt – auch bei nebenberuflicher Selbstständigkeit – eine Versicherungspflicht in einer der zahlreichen Berufsgenossenschaften. Diese versichern ihre Mitglieder gegen die Folgen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Ob Sie mit der von Ihnen gewünschten selbstständigen Tätigkeit für eine der Berufsgenossenschaften eine Versicherungspflicht haben, kann bei diesen erfragt werden. In einigen Berufsgenossenschaften kann sich der nur geringfügig Selbstständige jedoch von der Versicherungspflicht befreien lassen. Möglich ist auch wieder eine freiwillige Versicherung.
Weitere Informationen können unter https://www.dguv.de oder telefonisch unter 030 13001-0 abgerufen werden.

V. Weitere Versicherungen
Im Einzelfall kann es sich als sinnvoll erweisen, weitere Versicherungen abzuschließen. Die Entscheidung für oder gegen eine der im Folgenden genannten Versicherungen hängt jedoch wieder stark vom Einzelfall ab, so dass eine allgemeingültige Empfehlung nicht ausgesprochen werden kann.
In Betracht kommen unter anderem:
- Berufsunfähigkeitsversicherungen
- Berufliche Haftpflichtversicherungen
- Inhalts-/Inventarversicherungen

VI. Meldungs- und Genehmigungserfordernisse, Zulassungsbeschränkungen
Die Aufnahme eines Gewerbes unterliegt grundsätzlich einer Anzeigepflicht beim zuständigen Gewerbeamt, § 14 Abs. 1 GewO. Weitere Anmeldungen etc. werden in der Regel von dort aus getätigt. Betrifft die Tätigkeit einen der sog. Freien Berufe, besteht eine Anmeldepflicht gegenüber dem Finanzamt. Auskünfte für Freiberufler erteilt das Institut für freie Berufe: www.ifb-gruendung.de
Einige Betätigungsfelder bedürfen neben einer Anzeige bzw. Anmeldung einer staatlichen Genehmigung. Dies ist bei den zuständigen Branchenverbänden sowie Kammern zu erfahren.
In bestimmten Bereichen existieren bestimmte Anforderungen an die Örtlichkeit, an welcher die Tätigkeit ausgeführt werden soll. Hierunter fällt auch die Frage, ob die Tätigkeit in der eigenen Wohnung überhaupt ausgeübt werden darf. Sind zusätzlich Umbaumaßnahmen oder eine besondere Nutzung des Wohnraums geplant, ist häufig eine Baugenehmigung erforderlich.


VII. Steuerarten und Buchführung
Selbstständige können von den folgenden Steuerarten betroffen sein:
Einkommenssteuer, Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer/Vorsteuer) und Gewerbesteuer
(bei Kapitalgesellschaften statt Einkommenssteuer Körperschaftssteuer).
Über diese Steuerarten soll hier nur ein kurzer Überblick gegeben werden.

Einkommensteuer
Wie auch die Angestellten zahlen Selbstständige Steuern auf ihr Einkommen. In der jährlichen Steuererklärung (ggfs. zusammen mit dem Ehepartner) ist dieses in einem gesonderten Formular auszuweisen. Die Höhe der Einkommensteuer hängt von den individuellen Einkommens- und Lebensbedingungen ab. Für eine mögliche Steuerprüfung durch das Finanzamt müssen alle geschäftlichen Unterlagen 10 Jahre lang aufbewahrt werden.

Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer/Vorsteuer)
Nach § 1 Abs. 1 u. 2 UStG ist auf die Lieferungen und Leistungen der Unternehmer im Inland Umsatzsteuer zu erheben. Die Höhe der Umsatzsteuer beträgt in der Regel 19 %. Hiervon gibt es jedoch eine ganze Reihe von Ausnahmen, bei welchen die Umsatzsteuer nur 7 % beträgt. Dieser Betrag ist dem geforderten Entgelt für die angebotenen Lieferungen und Leistungen hinzuzurechnen und gesondert auszuweisen. Er wird anfänglich monatlich an das Finanzamt abgeführt.
Für Kleinunternehmer gibt es eine Besonderheit. Diese sind gemäß § 19 Abs. 1 UStG von der Umsatzsteuerpflicht befreit, sofern der Umsatz (alle Einnahmen ohne Abzug der Betriebskosten) im vergangenen Jahr 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Auf allen Rechnungen muss dann der Hinweis der Umsatzsteuerbefreiung angegeben werden. Der selbstständig Tätige kann auf diese Regelung durch Erklärung gegenüber dem Finanzamt verzichten, ist an diese Entscheidung sodann aber fünf Jahre gebunden.

Gewerbesteuer
Gewerbetreibende unterliegen der Gewerbesteuer, sofern sie einen Gewerbeertrag von über € 24.500 im Jahr erwirtschaften, § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 GewStG. Da für die nebenberufliche Selbstständigkeit von einem solchen Betrag zunächst nicht auszugehen ist, wird diese Steuerart hier nicht weiter vertieft.

Buchführung und Aufzeichnungspflichten
Kurz nach der Gewerbeanmeldung schickt das Finanzamt einen Fragebogen, in dem man Angaben über den zu erwartenden Umsatz und Gewinn machen muss. Anhand der Gewinnangaben berechnet das Finanzamt die Steuervorauszahlungen für die Einkommenssteuer.
Auch der Nebenerwerbsunternehmer muss seine Geschäftsvorfälle mit Hilfe seiner Buchführung schriftlich festhalten. Für den Nebenerwerb reicht in der Regel die vereinfachte Methode der Gewinnermittlung, die Einnahmenüberschussrechnung (EÜR: Betriebseinnahmen – Betriebsausgaben = Gewinn/Verlust) aus. Diese Methode dürfen Selbstständige anwenden, wenn sie nicht als Kaufleute gelten, d.h. nicht im Handelsregister eingetragen sind, nicht freiwillig Bücher führen oder ihr Jahresumsatz unter € 500.000 und der Jahresgewinn unter € 50.000 liegt.

Zusammenfassung
Der Weg in eine nebenberufliche Selbstständigkeit bietet gute Chancen, dieeigene Idee bzw. das eigene Konzept am Markt auf ihre/seine Tauglichkeit auszutesten. Wie gesehen ist die Aufnahme einer solchen Betätigung jedoch durch einige Hürden gekennzeichnet. Zum einen muss sich der/die Gründer/-in im Klaren darüber sein, welchen Umfang die Betätigung haben soll, was sich direkt auf den Status in den Sozialversicherungen und auf die Besteuerung auswirkt. Zum anderen ist die Aufnahme an zahlreiche Voraussetzungen geknüpft, die von der erforderlichen beruflichen Qualifikation über Anforderungen an den Betätigungsort bis zu branchenspezifischen Erlaubnissen reicht. Es ist dementsprechend zuvor eine gründliche Vorbereitung sowie eine alle Aspekte berücksichtigende Beratung im Einzelfall erforderlich. Für alle Interessierten bietet Ihre IHK das IHK-Starterpaket, das kostenlos bei unserem Service-Center bezogen werden kann.
Tel. 07531 2860-0 bzw. 07622 3907-0, E-Mail: info@konstanz.ihk.de
Hinweis:
Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit.