Standortpolitik

Wirtschaftsbericht Herbst 2009

Wirtschaft schaut zuversichtlich auf 2010
Konjunktureller Umschwung ist eingeleitet – Industrie setzt auf Weltwirtschaft
Konstanz/Schopfheim. Die Talfahrt der Wirtschaft ist gestoppt, die Zuversicht auf eine nachhaltige konjunkturelle Belebung im kommenden Jahr erfasst immer mehr Betriebe. Dies belegen nachdrücklich die Ergebnisse der Herbstumfrage der Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee. Erstmals seit vielen Monaten sind wichtige Indikatoren wieder im grünen Bereich. Die positive Grundstimmung nährt sich vor allem aus einer guten bis zufriedenstellenden aktuellen Geschäftslage im Handels- und Dienstleistungssektor sowie aus den optimistischen Geschäftserwartungen für das Jahr 2010. Verglichen mit dem Frühjahr 2009 hat sich daher der Konjunkturklima-Index in der Region sprunghaft um 25 Punkte auf nunmehr 105 verbessert. Dieser Trend deckt sich mit der Entwicklung auf Landesebene und ist für Präsident Kurt Grieshaber Anlass, für die Wirtschaft in der Region Hochrhein-Bodensee wieder optimistischer in die Zukunft zu blicken.
Industrie: Steigender Auftragseingang
Nach wie vor arbeiten zahlreiche Industrieunternehmen kurz. Eine zufriedenstellende Geschäftslage melden für die regional bedeutenden Industriezweige nur die Ernährungswirtschaft und Teile der Pharma- und Chemiebranche. Alle übrigen Industriebereiche kämpfen weiterhin mit den Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Die Zeichen für eine Besserung ihrer wirtschaftlichen Situation mehren sich jedoch. So ist die Zahl der Firmen mit einer schlechten Geschäftslage deutlich unter 50 Prozent gesunken, gleichzeitig hat die Auslastung der Produktionskapazitäten wieder zugenommen (74 Prozent). Ein steigender Auftragseingang aus dem In- und Ausland lässt hoffen, dass die konjunkturelle Erholung in den kommenden Monaten rasch weiter voranschreiten wird. Vor allem von der Weltkonjunktur erwartet die stark exportabhängige regionale Wirtschaft am Hochrhein und am Bodensee weitere Impulse. Die Geschäftserwartungen für 2010 sind daher auch beim produzierenden Gewerbe wieder von mehr Optimismus geprägt. Jedes dritte Unternehmen rechnet mit einer Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Situation.
Handel und Dienstleistungen: Stützen der Konjunktur
Die anhaltend gute Arbeitsmarktsituation im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet und die Konsumfreude breiter Bevölkerungsschichten tragen wesentlich mit dazu bei, dass sich Handel und Dienstleistungen in der Region Hochrhein-Bodensee weiterhin auf der Sonnenseite der Konjunktur befinden. Rund 90 Prozent der befragten Unternehmen sind mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden (Landesdurchschnitt 75 Prozent), eine Ergebnis, das sich auch aus einer zufriedenstellenden Ertragslage dieser Unternehmen speist. Während in der Industrie noch jedes zweite Unternehmen eine schlechte Ertragslage beklagt, überwiegt beim Handel und im Dienstleistungsbereich das positive Bild. Was die Geschäftserwartungen für 2010 anbelangt, so herrscht allerdings beim Handel eine gewisse Skepsis vor.
Impulse aus der Exportwirtschaft
Die weitere Entwicklung der Exportwirtschaft spielt bei den Geschäftserwartungen für 2010 eine zentrale Rolle. Innerhalb weniger Monate hat sich die Lageeinschätzung geradezu dramatisch verändert. Noch im Frühjahr waren die Unternehmen in Bezug auf die zukünftigen Exporterwartungen sehr pessimistisch gestimmt. Zwei Drittel der befragten Industrieunternehmen rechneten zu diesem Zeitpunkt mit sinkenden Exportumsätzen. Inzwischen ist wieder mehr Optimismus eingekehrt. Vor allem das Exportgeschäft nach Asien, in die EU und nach Nordamerika wird wieder positiv bewertet, weniger hingegen die Ausfuhrchancen nach Russland und Südeuropa, also Exportmärkte, die 2008 noch als bedeutende und wachstumsstarke Zielmärkte für die deutsche Wirtschaft gesehen wurden.
Eher zurückhaltend bleiben die Planungen für neue Investitionen im Inland. Stärkere Impulse durch die heimische Wirtschaft sind wohl erst bei Wiedererlangung der vollen Kapazitätsauslastung und einer weiteren Verbesserung der betrieblichen Ertragslage zu erwarten. Die leistungsstarke Investitionsgüterindustrie in der Region Hochrhein-Bodensee benötigt daher besonders vordringlich weitere Exporterfolge auf den ausländischen Märkten.
Trotz Konjunkturbelebung – Bewährungsprobe für Arbeitsmarkt kommt erst noch
Spekulativ bleibt trotz konjunktureller Belebung die Frage, ob und in welchem Ausmaß die Weltwirtschaftskrise bis zum Jahresende und darüber hinaus nachhaltige Spuren auf den regionalen Arbeitsmärkten hinterlassen wird. Verglichen mit der Lageeinschätzung im Frühjahr 2009 ist eine gewisse Entspannung eingetreten. Vor einem halben Jahr rechnete jedes zweite Unternehmen mit fallenden Beschäftigtenzahlen. Inzwischen geht nur noch jede vierte Firma von einem Arbeitsplatzabbau in der Region aus. Die breite Anwendung von Kurzarbeit hat bislang Schlimmeres verhindert. Inwieweit dieser positive Trend über den Jahreswechsel 2009 hinaus Bestand haben wird, ist ungewiss. Zumindest in der Industrie ist ein weiterer Arbeitsplatzabbau wahrscheinlich, wobei an der Stammbelegschaft möglichst festgehalten werden soll. Was die Schaffung neuer Arbeitsplätze nach Überwindung der Weltwirtschaftskrise anbelangt, so wünscht sich die Wirtschaft als staatlichen und tariflichen Beitrag vor allem eine Flexibilisierung des Kündigungsschutzes, eine Senkung der Sozialabgaben, Lohnzurückhaltung und eine Lockerung bei Befristungsregeln.
In der Region keine Kreditklemme
Die Kreditwirtschaft in der Region Hochrhein-Bodensee stützt auch in der Krise mit Nachdruck die heimische Wirtschaft. Für 70 Prozent der Unternehmen haben sich die Kreditkonditionen trotz Weltwirtschaftskrise nicht geändert. Eine Verschlechterung ihrer Konditionen melden weniger als zehn Prozent der Betriebe mit Auswirkungen vor allem auf die Bereitstellung von Sicherheiten, Zinsanpassungen (Risikozuschläge) und Dokumentationspflichten. Betriebsmittelkredite waren hiervon am häufigsten betroffen. Eine Ablehnung von Neukrediten beklagten keine drei Prozent der befragten Unternehmen, was den Rückschluss erlaubt, dass von einer Kreditklemme - zumindest in der Region Hochrhein-Bodensee - bislang auf keinen Fall gesprochen werden kann.