Wirtschaft pocht weiter auf Kompensation und Planungssicherheit: IHKs bekräftigen Erwartungshaltung zur Gäubahn-Abbindung

Die potenzielle Abbindung vom Hauptbahnhof Stuttgart braucht Kompensation. Diese klare Erwartungshaltung formulieren die Industrie- und Handelskammern (IHK) südlich der Landeshauptstadt rund um das Großprojekt Stuttgart 21 und im Kontext der jüngsten Entwicklungen zur Gäubahn. Demnach kommen auf Zugreisende aus dem Süden ab März 2027 Umsteige- und Umleitungsmaßnahmen zu. Gleichzeitig verweisen die IHKs auf die prinzipielle Zielsetzung der Gäubahn: den grenzüberschreitenden Ausbau der Schienenachse Stuttgart–Zürich als bundespolitisches Infrastrukturprojekt auf Basis des deutsch-schweizerischen Vertrags von Lugano.
„Die Abkopplung war lange bekannt, doch sie trifft die Region dennoch empfindlich“, beschreibt Prof. Dr. Klodt-Bußmann, Hauptgeschäftsführerin der IHK Hochrhein-Bodensee, die aktuelle Stimmungslage. Die Bauarbeiten im Bereich der Landeshauptstadt führten für Pendler und Unternehmen im Süden zu erheblichen Einschränkungen. „Unsere Anbindung an Stuttgart verschlechtert sich, und zugleich wird die Erreichbarkeit unserer Region aus der Landeshauptstadt schwieriger“, so Klodt-Bußmann weiter.
Die IHK Hochrhein-Bodensee bekräftigt deshalb ihre bereits erhobene Forderung nach Ausgleichsmaßnahmen. Konkret erwartet sie mehr Investitionen in die Zulaufstrecken zur Gäubahn. Zudem fordert sie Unterstützung beim kombinierten Verkehr, bei der Reaktivierung von Gleisanschlüssen für Unternehmen sowie für den Ausbau und Betrieb des KV-Terminals Singen als zentrale Drehscheibe für den Güterverkehr in der Region. Grundsätzlich müsse auch der Güterverkehr ab Schaffhausen wesentlich stärker in die Planungen von Bahn, Bund und Land integriert werden. „Andernfalls wird die Schweiz letztlich an Baden-Württemberg vorbeiplanen“, warnt Prof. Dr. Klodt-Bußmann.
Darüber hinaus unterstützen die IHK Hochrhein-Bodensee ausdrücklich die Initiative der Landkreisverwaltung Konstanz, eine Verlängerung des Seehas nach Tuttlingen und/oder Immendingen zu prüfen. Denn von allen Beteiligten wird für diese Verbindung eine stabile und gute Fahrgastnachfrage prognostiziert, wodurch eine zusätzliche Entlastung und bessere Anbindung der Region erreicht werden können.
Mit Blick auf die Finanzierung des Gäubahn-Ausbaus fordern die IHKn mehr Verlässlichkeit. Sowohl für den Pfaffensteigtunnel als auch für den gesamten Abschnitt Süd brauche es nun verbindliche Finanzierungszusagen und konkrete Planungsfortschritte. „Es darf nicht sein, dass wir jedes Jahr aufs Neue über den Bau des Pfaffensteigtunnels diskutieren, ohne dass endlich eine eindeutige Zusage kommt“, betont Klodt-Bußmann. Angesichts des generellen Sanierungsstaus brauche es jetzt konkrete Beschlüsse anstelle bloßer Absichtserklärungen. „Wir brauchen Straßen, Brücken und Schienen – dafür sind Mittel im Bundeshaushalt vorgesehen. Jetzt ist der Bund am Zug, diese auch bereitzustellen. Alles andere wäre ein Affront gegenüber Unternehmen, Kommunen und Partnern – auch auf Schweizer Seite.“
Hintergrund:
Das deutsch-schweizerische Wirtschaftsbündnis zum Ausbau der Gäubahn, das rund 250.000 Unternehmen aus beiden Ländern vertritt, betont die Dringlichkeit einer leistungsfähigen Schienenverbindung zwischen Stuttgart und Zürich. Die Beteiligten setzen sich nachdrücklich für einen zügigen und umfassenden Ausbau der Gäubahn ein – auch im Hinblick auf die Klimaschutzziele. Koordiniert wird das Bündnis von der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg.