Pressemeldung

IHK-Vollversammlung für schnelle Unabhängigkeit von russischer Energie

Ohne Gegenstimmen haben die Mitglieder der Vollversammlung der IHK Hochrhein-Bodensee bei ihrer Frühjahrssitzung eine Resolution angenommen, in der sie den brutalen russischen Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Schärfste verurteilen und zugleich die Bundesregierung darin bestärken, alle notwendigen Schritte für eine schnellstmögliche Unabhängigkeit Deutschlands von russischer Energie einzuleiten.
Was den Krieg als solchen anbelangt, findet IHK-Präsident Thomas Conrady klare Worte. „Wir alle wissen, dass jenseits der wirtschaftlichen Betroffenheit nicht weniger als der Frieden in Europa auf dem Spiel steht. Die Wirtschaft ist sich ihrer Verantwortung in dieser Situation bewusst. Dieser Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen, wirkungsvolle Wirtschaftssanktionen sind die einzig richtige Antwort darauf. Die Wirtschaft unterstützt eine beschleunigte Unabhängigkeit Deutschlands bei der Energieversorgung, erwartet aber auch eine breit gestützte Verteilung der daraus resultierenden Lasten.“   
„Der Schrecken dieses Krieges macht es einem schwer, über die wirtschaftlichen Auswirkungen zu sprechen“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Claudius Marx. „Alles in einem ruft: Zuerst muss das Morden ein Ende haben, alles andere kommt danach. Dennoch wollen und müssen wir uns schon jetzt damit auseinandersetzen, was dieser Krieg in einer globalisierten Welt anrichtet, von gekappten Liefer- und Bezugsketten über Fragen der Energieversorgung bis zum Welthunger, der massiv zunehmen könnte, wenn die Ereignisse keine Wende zum Guten erfahren."
Und weiter: "Dieser Krieg wird auf drei Schauplätzen ausgetragen – dem militärischen Krieg vor Ort mit all seinen Grausamkeiten, dem Wirtschaftskrieg aus Sanktionen und Gegensanktionen, von dem unsere Unternehmen bereits stark betroffen sind, und möglicherweise von einem Cyber Krieg, der uns noch bevorsteht.“
In dieser Situation müssten alle einschlägigen Verträge, Gesetze und Regelungen auf den Prüfstand, die in und für Friedenszeiten gemacht wurden. "Wir müssen uns schonungslos fragen, ob sie auch im Kontext eines Angriffskrieges unverändert gelten könnten oder aber einer raschen und, wo notwendig, auch einschneidenden Korrektur bedürfen, und sei es auch nur befristet für die Dauer der aktuellen Situation." Nach Auffassung der Vollversammlung zählt zu diesen Regelungen etwa die Priorisierungsreihenfolge im Falle einer akuten Knappheit in der Gasversorgung oder die Frage einer verlängerten Nutzung noch aktiver Kernkraftwerke. Auch Sparpotenziale müssten gehoben und engagiert genutzt werden.
Matthias Schepp, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer in Moskau und zuvor lange Jahre als Korrespondent für Stern und Spiegel tätig, war der Versammlung zugeschaltet und dämpfte die Hoffnung auf ein schnelles Ende des Krieges. Nach seiner Wahrnehmung vor Ort zählt es zu den unerwünschten Nebenwirkungen von Sanktionen, dass sie in der Bevölkerung Russlands zu einer eher zunehmenden Solidarisierung mit der Politik Putins führen.