Recht und Steuern

Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers

Vorwort

Die GmbH ist für den Unternehmer eine attraktive Rechtsform, weil die Haftung gegenüber den Gläubigern (Außenverhältnis) gemäß § 13 Abs. 2 GmbH-Gesetz auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. Gleiches gilt auch für die Unternehmergesellschaft, die im Vergleich zur GmbH mit einem geringeren Stammkapital ausgestattet werden kann.
Im Laufe der letzten Jahre ist eine steigende Tendenz der Rechtsprechung ersichtlich, neben der begrenzten Gesellschaftshaftung auch eine unmittelbare Inanspruchnahme der Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH zuzulassen, die dann mit ihrem Privatvermögen haften. Im Folgenden soll daher, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, ein kurzer Überblick über die wichtigsten in Betracht kommenden Haftungstatbestände gegeben werden.
  • Haftung der Geschäftsführer gegenüber der GmbH (Innenhaftung)
  • Haftung der Geschäftsführer gegenüber Dritten (Außenhaftung)
  • Haftung der Gesellschafter

Haftung der Geschäftsführer gegenüber der GmbH (Innenhaftung)

Der Geschäftsführer hat die Angelegenheiten der Gesellschaft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns wahrzunehmen, § 43 Abs. 1 GmbHG. Er hat dabei die Pflicht, auf der Grundlage der Vorgaben der Gesellschafter den Gesellschaftszweck aktiv zu fördern und Schaden von der GmbH abzuwenden:
Handelt der Geschäftsführer pflichtwidrig, ist er der GmbH zum Schadensersatz verpflichtet.
Die weitverbreitete Meinung, der Geschäftsführer hafte nicht persönlich und trage nur ein geringes Risiko, ist daher falsch. Haftungsvoraussetzung ist eine Pflichtverletzung, ein Schaden (jede Beeinträchtigung des Gesellschaftsvermögens) und jedwede Mitverursachung durch den Geschäftsführer, der zudem noch sein fehlendes Verschulden beweisen muss.
Die Pflichten des Geschäftsführers, die zu Haftungsrisiken führen, lassen sich gliedern: Pflichten in der Gründungsphase, Haftungsrisiken beim Betreiben der GmbH und Haftungsrisiken in der Krise. Dazu einige Beispiele:

Pflichten in der Gründungsphase

  • Gewerbeanmeldung
  • Richtige Angaben auf Geschäftspapier
  • Arbeitnehmer bei Krankenkassen anmelden
  • Buchhaltung einrichten
  • Haftung wegen wahrheitswidriger Angaben bei HR-Eintragung, § 9a GmbHG
Im letzten Fall droht nach der GmbH-Reform von 2008 bei verdeckten Sacheinlagen ein erhöhtes straf- und zivilrechtliches Haftungsrisiko des Geschäftsführers. Meldet der Geschäftsführer die Gesellschaft als Bargründung an, obschon es sich um eine verdeckte Sacheinlage handelt, so gibt er eine falsche Versicherung nach §§ 8, 57 Abs. 2 GmbHG ab. Dies kann bei mangelnder Werthaltigkeit der Sacheinlage zu Schadenersatzansprüchen führen. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit ergibt sich aus § 82 I Nr. 3 GmbHG mit der Nebenfolge, dass ein fünfjähriges Bestellungshindernis als Geschäftsführer begründet wird.

Haftungsrisiken beim Betreiben der GmbH

  • Form- und Fristvorschriften bei Einberufung der Gesellschafterversammlung
  • Haftung bei verbotener Konkurrenztätigkeit (Wettbewerbsverbot)
  • Haftung wegen eines Vertragsschlusses, der für die Gesellschaft keinerlei messbaren Nutzen, jedoch erhebliche Kosten gebracht hat
  • Abschluss übermäßig riskanter Kreditgeschäfte
  • Verjähren lassen von/ Verzicht auf realisierbare Forderungen
  • Durchführung von Geschäften, die dem Gesellschaftszweck widersprechen
  • Haftung bei ungesetzlicher Rückzahlung von Stammeinlagen, §§ 43 Abs. 3, 30 GmbHG
Nach der GmbH-Reform von 2008 besteht auch ein Haftungsrisiko für den Geschäftsführer im Bereich der Darlehensgewährung an Gläubiger. Zunächst ist eine Klarstellung erfolgt, dass diese Auszahlungen (Hin- und Herzahlen, Cash-Pooling) nach §§ 30, 19 Abs. 4 GmbHG nicht mehr unzulässig sind, wenn der Leistung ein vollwertiger Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch entgegensteht. Es obliegt nun aber dem Geschäftsführer die Vollwertigkeit zu überprüfen und zu beobachten. Er trägt somit das Risiko die Solvenz der Gläubiger fahrlässig falsch eingeschätzt zu haben und sich damit schadenersatzpflichtig zu machen.
Eine besondere Regelung hat hier z. B. die Gewährung von Darlehen an Geschäftsführer und andere Personen mit leitenden Funktionen gefunden (§ 43a GmbHG). Hiernach ist die Darlehnsvergabe unzulässig, wenn das Stammkapital dadurch angetastet wird, das Darlehen also aus gebundenem Kapital erbracht wird. Auch die Gewährung an Familienmitglieder wird mit dieser Vorschrift erfasst.

Haftungsrisiken in der Krise

  • Haftung wegen verspäteter Insolvenzantragstellung, §§ 15, 15 a InsO
  • Haftung, weil die Gesellschafterversammlung nicht über 50%igen Verlust des Stammkapitals informiert worden ist, §§ 49, 43, 84 GmbHG
  • Haftung für Zahlung nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung der Gesellschaft, § 64 GmbHG
  • Haftung des Geschäftsführer bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), wenn die Gesellschafterversammlung nicht schon bei drohender Zahlungsunfähigkeit einberufen wird, § 5a Abs. 4 GmbHG
  • Haftung des Geschäftsführers, wenn er Zahlungen an die Gesellschaft leistet, die zur Zahlungsunfähigkeit führen mussten, § 64 S. 3 GmbHG
Die GmbH kann zwar auf eine Inanspruchnahme des Geschäftsführers in unterschiedlichem Umfang verzichten (Haftungsbegrenzungen in Geschäftsführerverträgen, einstimmiger Beschluss aller Gesellschafter oder Verzichtsvereinbarung mit Zustimmung aller Gesellschafter). Es gibt jedoch die Einschränkung, dass dabei Gläubigerinteressen nicht unbillig benachteiligt werden dürfen.
Die Geschäftsführer sind daneben strafrechtlich für Pflichtverletzungen verantwortlich. Im Wesentlichen handelt es sich um allgemeine Straftatbestände wie Betrug und Untreue §§ 263, 266 StGB, Verletzung von Pflichten im Insolvenzfall (§§ 283 – 283d, 14 StGB), unterlassene Verlustanzeigen und falsche Angaben §§ 82, 84 GmbHG.
Wichtig: Der Geschäftsführer sollte in seinem eigenen Interesse bei Entscheidungen von besonderer Tragweite die einzelnen Schritte, die von Bedeutung sind, dokumentieren und gegenzeichnen lassen. Hierdurch kann er sein Haftungsrisiko gegenüber der Gesellschaft und etwaigen Dritten zumindest minimieren.

Haftung der Geschäftsführer gegenüber Dritten (Außenhaftung)

Neben der Haftung gegenüber der Gesellschaft für Pflichtverletzungen im Innenverhältnis können sich die Geschäftsführer auch im Außenverhältnis gegenüber Dritten schadensersatzpflichtig machen. Ausreichend ist bereits leichte Fahrlässigkeit. Relevant werden können in diesem Zusammenhang folgende Tatbestände:

Haftung bei der Vertretung der GmbH

Eine persönliche Haftung kommt in Betracht, wenn der Geschäftsführer nicht deutlich macht, dass er für eine GmbH handelt. In diesen Fällen liegt regelmäßig ein betriebsbezogenes Geschäft vor, sodass die GmbH aufgrund der bestehenden (nach außen unbeschränkten) Vollmacht aus diesem Geschäft berechtigt und verpflichtet wird. Daneben haftet der Geschäftsführer gesamtschuldnerisch neben der GmbH aus Rechtsscheingesichtspunkten persönlich, wenn der Geschäftspartner nicht wusste, dass sein Vertragspartner eine GmbH sein würde und insoweit schutzwürdig ist.
Der Geschäftsführer kann auch als Vertreter ohne Vertretungsmacht gem. § 179 BGB haften, wenn er sich nicht an die in das Handelsregister eingetragenen Vertretungsbeschränkungen (z. B. gemeinschaftliche Vertretung) hält.
Darüber hinaus haftet er aus Verhandlungsverschulden, wenn er persönlich tätig wird und besonderes Vertrauen des Geschäftspartners bezüglich seiner Person, Seriosität oder Sachkunde in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlung beeinflusst hat. Eine Eigenhaftung des Geschäftsführers entsteht erst, wenn er dem Verhandlungspartner eine zusätzliche, von ihm persönlich ausgehende Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit seiner Erklärungen geboten hat, die für den Willensentschluss des anderen bedeutsam gewesen ist.

Haftung im Bereich Steuern und Sozialabgaben

Der Geschäftsführer haftet für nicht abgeführte Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung (§ 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266a StGB). Neben der persönlichen zivilrechtlichen Haftung kommt auch eine strafrechtliche Haftung nach § 266a StGB in Betracht. Strafbar macht sich der Arbeitgeber bzw. der für die Gesellschaft handelnde Geschäftsführer, wenn er gegenüber der Einzugsstelle unrichtige oder unvollständige Angaben über sozialversicherungsrechtlich relevante Tatsachen (z. B. über die Anzahl der Arbeitnehmer oder ihre Lohnhöhe) macht. Ebenfalls macht er sich strafbar, wenn er die Einzugsstelle über solche Tatsachen in Unkenntnis lässt und die Arbeitnehmer- bzw. Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung der Einzugsstelle vorenthält. Hinsichtlich der Art der Beiträge sind auch allein vom Arbeitgeber zu tragende Beiträge, z. B. zur Unfallversicherung, einbezogen.
Als Strafmaß kommt Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe in Betracht; in besonders schweren Fällen Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Daneben ist die steuerliche Haftung bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit gem. § 69 AO zu beachten.

Haftung in der Insolvenz

Der Geschäftsführer haftet persönlich sobald er die Insolvenzreife der Gesellschaft bei der Eingehung von Geschäften verschweigt. Er kann gem. § 826 BGB wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung des Vertragspartners schadensersatzpflichtig sein, wenn er weiß oder wissen muss, dass die GmbH zur Erfüllung der begründeten Verbindlichkeiten nicht in der Lage ist oder dass die Durchführbarkeit des Vertrages bei Vorleistungspflicht des Vertragspartners durch Überschuldung der Gesellschaft von vornherein schwerwiegend gefährdet ist.
Der Geschäftsführer haftet den Gläubigern der GmbH für den Fall der Insolvenzverschleppung auf Schadensersatz, § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbH-Gesetz.

Haftung bei Wettbewerbsverstößen

Bei Werbung und sonstigen Maßnahmen der GmbH, die gegen wettbewerbsrechtliche Normen oder gewerbliche Schutzvorschriften (UWG, GWB, Patente, Marken, etc.) verstoßen, haftet der Geschäftsführer neben der GmbH auch persönlich als Verletzter.

Haftung bei nicht rechtzeitiger Einreichung des Jahresabschlusses

Der Jahresabschluss muss gem. § 325 HGB unverzüglich nach seiner Vorlage an die Gesellschafter, spätestens vor Ablauf des zwölften Monats des dem Abschlussstichtag nachfolgenden Geschäftsjahres zum Handelsregister eingereicht werden. Kommt der Geschäftsführer dieser Verpflichtung nicht nach und wird dies von Dritten beim Registergericht beanstandet, hat dieses ein Ordnungsgeld gegen den Geschäftsführer festzusetzen i. H. v. mindestens 2.500 Euro.

Haftung aus Delikt

Eine Haftung gegenüber Dritten aus unerlaubter Handlung kommt z. B. bei Nichtbeachtung von Eigentumsvorbehalten oder bei nicht rechtzeitigem Rückruf wegen fehlerhafter Produkte in Betracht.

Haftung bei Gesellschafterwechsel

Der Geschäftsführer muss jede Änderung im Gesellschafterbestand unverzüglich dem Handelsregister mitteilen und eine neue vollständige Gesellschafterliste einreichen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, haftet er den Gläubigern, denen dadurch ein Schaden entstanden ist, persönlich.
Stand: Juli 2020
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