Recht und Steuern

Vertragliche Sicherungsmittel

ertragsbeziehungen werden durch Outsourcing und andere Maßnahmen immer zahlreicher und komplexer. Umso wichtiger ist es - gerade in Zeiten der Krise - sich einen guten Überblick über Möglichkeiten der Absicherung in Verträgen zu verschaffen. Sicherungsmittel bieten sich immer dann an, wenn der Kunde die Waren oder Dienstleistungen nicht sofort zahlen will oder kann. Nicht nur im Falle einer Insolvenz von Geschäftspartnern kann es von Nutzen sein, seine Forderungen mit Sicherungsmitteln zu belegen. Das Ziel von Sicherungsmitteln ist, dass der Verkäufer mit vertretbarem Risiko in Vorleistung gehen kann.
Das deutsche Recht kennt verschiedene Formen von Sicherungsmitteln, die unterschiedliche Auswirkungen haben, aber immer das gleiche Ziel verfolgen – Sicherung der eigenen Ansprüche gegenüber anderen Gläubigern, Kunden und Geschäftspartnern. Bei der Kombination oder mehrfacher Anwendung von Sicherungsmitteln ist zu beachten, dass es zu Konflikten zwischen den unterschiedlichen Sicherungsnehmern kommen kann.
Die IHK-Information gibt einen Überblick über die wichtigsten Sicherungsmittel im Geschäftsverkehr. Sie ist als Hilfestellung für Unternehmen gedacht und kann die vielfältigen Rechtsprobleme nicht abschließend behandeln. 

1. Vereinbarung

Sicherungsmittel müssen vertraglich vereinbart werden. Bei individueller Gestaltung empfiehlt sich diese im Vertrag zu regeln. Gängige Klauseln, wie bspw. ein Eigentumsvorbehalt, können dagegen auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) wirksam vereinbart werden. Die Verwendung solcher Sicherungsklauseln in AGB setzt voraus, dass eine wirksame Einbeziehung in den Vertrag erfolgt ist. Informationen dazu finden Sie in nebenstehendem Link.
Hinweis: Nachträgliche einseitige Erklärungen, etwa auf einem Lieferschein, der Rechnung oder die Berufung auf eventuell bestehende Handelsbräuche genügen nicht. Das Sicherungsmittel ist dadurch nicht Vertragsbestandteil geworden.
Hinweis: Vorsicht gilt bei der Verwendung von Sicherungsmitteln im Auslandsgeschäft. Viele dem deutschen Recht bekannten Sicherungsmittel sind in anderen Rechtsordnungen unbekannt oder bedürfen einer besonderen Form, wie dem Eintrag in ein Register o. Ä.

2. Einzelne Sicherungsmittel

2.1 Vorkasse

Die Vorkasse ist eine risikofreie Lösung für den Verkäufer bzw. Auftragnehmer. Der Kunde zahlt im Voraus und erhält die Ware bzw. Leistung erst nach Eingang der Zahlung. Bei größeren Auftragssummen wird der Kunden sich allerdings nicht darauf einlassen oder zumindest nur auf eine teilweise Vorauszahlung, um sein Vorleistungsrisiko wiederum zu mindern.

2.2 Eigentumsvorbehalt

Der Verkauf einer Sache unter Eigentumsvorbehalt bedeutet, dass das Eigentum nur bedingt übertragen wird; und zwar bis zur vollständigen Bezahlung der vereinbarten Vergütung. Gewöhnlich wird der Eigentumsvorbehalt in AGB oder Auftragsbestätigungen oder im Vertrag durch im Geschäftsverkehr übliche Klauseln formuliert, oft verbunden mit einem Hinweis auf § 499 BGB. Der Eigentumsvorbehalt muss spätestens mit Vertragsschluss vereinbart werden.
Einfacher Eigentumsvorbehalt
Beim einfachen Eigentumsvorbehalt bleibt die Sache bis zur Zahlung des Kaufpreises Eigentum des Verkäufers. Dieser kann, wenn der Käufer nicht wie vereinbart zahlt, vom Kaufvertrag zurücktreten und Herausgabe der Sache fordern.
Im Falle einer Insolvenz des Käufers steht dem Verkäufer als Eigentümer ein Aussonderungsrecht zu. Er kann als Aussonderungsberechtigter vom Insolvenzverwalter die Herausgabe der Sache verlangen. Durch die Rücknahme der Sache steht der Verkäufer regelmäßig besser, als wenn er im Insolvenzverfahren seinen Kaufpreisanspruch weiter verfolgt. Denn diese nur schuldrechtliche Forderung würde lediglich mit der Insolvenzquote berücksichtigt werden.
Verlängerter Eigentumsvorbehalt mit Weiterveräußerungsklausel
Die Besonderheit hierbei besteht darin, dass der Verkäufer den Käufer ermächtigt, die unter Eigentumsvorbehalt stehende Ware weiterzuverkaufen. Damit der Verkäufer dabei seine Sicherungsrechte nicht verliert, lässt er sich den Erlös des Weiterverkaufs durch den Käufer im Voraus abtreten. Zusätzlich erhält der Verkäufer das Recht den Kaufpreis im eigenen Namen beim Dritten einzuziehen.
Im Falle einer Insolvenz des Käufers führt auch der erweiterte Eigentumsvorbehalt dazu, dass dem Verkäufer ein Absonderungsrecht zusteht. Dieses vermittelt ihm das Recht auf vorzugsweise Befriedigung des Anspruchs aus dem Wert des besicherten Gegenstandes.
Verlängerter Eigentumsvorbehalt mit Verarbeitungsklausel
In der Praxis kommt es häufig vor, dass der Käufer ein Interesse hat, die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache nicht weiterzuverkaufen, sondern insbesondere zu verarbeiten. Hierfür muss dem Käufer ein Recht zur Weiterverarbeitung an der unter Eigentumsvorbehalt stehenden Ware oder Weiterveräußerung eingeräumt werden. Dabei lässt er sich den Erlös des Weiterverkaufs durch den Käufer im Voraus abtreten.
Im Falle einer Insolvenz wird der Verkäufer zum Absonderungsberechtigten und hat einen Anspruch auf vorzugsweise Befriedigung seines Anspruches.
Kontokorrentvorbehalt
Beim Kontokorrentvorbehalt erlischt der Eigentumsvorbehalt erst bei Tilgung sämtlicher, auch zukünftiger Forderungen des Verkäufers aus der Geschäftsverbindung. Ein echter Kontokorrentvorbehalt setzt voraus, dass einer der Beteiligten Kaufmann ist und die durch den Vorbehalt gesicherten Forderungen in das Kontokorrent eingestellt werden. Die Rechtsprechung hat den Kontokorrentvorbehalt zwar grundsätzlich anerkannt, aber es treten in diesem Zusammenhang immer wieder Bedenken auf, da es zu einer immer weiteren Ausdehnung des Vorbehaltes durch neue Forderungen kommen kann.

2.3 Sicherungsübereignung

Zur Sicherungsübereignung bedarf es eines Sicherungsvertrags zwischen dem Sicherungsgeber und dem Sicherungsnehmer. Hierbei handelt es sich um einen gesetzlich nicht konkret geregelten Vertragstyp, der formlos vereinbart werden kann. Eine schriftliche Fixierung ist jedoch empfehlenswert.
Bei einer Sicherungsübereignung sichert ein Sicherungsnehmer seinem Schuldner gegenüber seine Forderungen. In der Regel fallen Sicherungsgeber und Schuldner zusammen. Die Sicherungsübereignung ist eine Eigentumsübertragung mit der Abrede, die zur Sicherung übereignete Sache nur für den Fall zu verwerten, dass die gesicherte Forderung nicht erfüllt wird. Bis zur Erfüllung der Forderung bleibt der Verkäufer Eigentümer der Sache. Der Käufer erwirbt ein sogenanntes Anwartschaftsrecht, das mit Erfüllung der letzten Rate zum Eigentum als Vollrecht wird. Bis zum vollen Eigentumserwerb ist ein Besitzmittlungsverhältnis vereinbart, aufgrund dessen der Käufer die gesicherte Sache nutzen kann. Im wirtschaftlichen Sinne entspricht die Sicherungsübereignung einem Pfandrecht und dient vorrangig zur Sicherung von Geldkrediten. Die Sicherungsübereignung hat sich gegenüber dem Pfandrecht durchgesetzt, da die gesicherte Sache beim Schuldner verbleibt und nicht wie beim Pfand beim Gläubiger hinterlegt werden muss.
Probleme ergeben sich regelmäßig bei der Sicherungsübereignung ganzer Warenlager als Gesamtheit im Hinblick auf die Bestimmtheit des Sicherungsgutes. Hier kann es zu Konflikten mit einem durch einen Eigentumsvorbehalt besicherten konkreten Gegenstand kommen. Inventurlisten, Lagepläne oder Markierungen können dabei helfen.
Ebenso wie beim Eigentumsvorbehalt sind mehrere Formen der Sicherungsübereignung möglich.

2.4 Pfandrechte

Das Pfandrecht ist ein beschränktes Recht an einer Sache oder einem Recht, welches zur Sicherung von Forderungen bestellt wird. Inhaber von Pfandrechten können nach Ausfall des Schuldners ihre Forderungen bedienen, in dem sie das Pfandrecht ausüben, d. h. die verpfändete Sache oder Forderung verwerten. Zur wirksamen Bestellung von Pfandrechten bedarf es eines Vertrages, der sogenannten Sicherungsabrede.
Unterschieden wird zwischen den Grundpfandrechten an Immobilien und den vertraglichen und gesetzlichen Pfandrechten an beweglichen Sachen. Grundpfandrechte wie die Hypothek oder die Grundschuld unterliegen zahlreichen Formvorschriften und eignen sich aufgrund des erhöhten Aufwands meist nur für die Absicherung hoher Forderungen. Sie bedürfen der notariellen Beurkundung und Eintragung ins Grundbuch.
Vertragliche Pfandrechte entstehen durch die Einigung über die Bestellung und außerdem durch die Übergabe der Sache vom Eigentümer an den Pfandgläubiger. Wegen dieses unpraktischen Erfordernisses hat die Sicherungsübereignung das vertragliche Pfandrecht weitgehend verdrängt.
Gesetzliche Pfandrechte entstehen von selbst, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen. Dies sind in der Regel Fälle, in denen eine Vertragspartei ein besonderes Schutzinteresse hat. Hierzu zählen unter anderem Spediteure, Werkunternehmer oder Vermieter. Vermietern wird etwa kraft Gesetz ein Pfandrecht an den durch den Mieter eingebrachten Sachen eingeräumt, das beim Zahlungsausfall des Schuldners ausgeübt werden kann.

2.5 Bürgschaft

Die Bürgschaft ist ein einseitig verpflichtender Vertrag, durch den sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines Dritten (des so genannten Hauptschuldners) verpflichtet, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten des Dritten einzustehen. Der Gläubiger will sich durch die Bürgschaft für den Fall einer Zahlungsunfähigkeit seines Schuldners absichern. In der Praxis handelt es sich häufig bei dem Dritten um einen Kreditnehmer und bei dem Gläubiger um ein Kreditinstitut, welches das Darlehen gewährt. Damit eine Bürgschaft wirksam ist, bedarf es einer schriftlichen Erklärung des Bürgen. Etwas anderes gilt, wenn der Bürge ein Kaufmann ist, und dieser im Rahmen seiner Geschäftstätigkeit bürgen soll. Hier wird der Formzwang etwas gelockert; ein Kaufmann kann grundsätzlich auch mündlich bürgen.
Grundsätzlich muss ein Gläubiger zunächst erfolglos versuchen, gegen den Hauptschuldner die Zwangsvollstreckung durchzuführen. Bis zu diesem Vollstreckungsversuch hat der Bürge die sogenannte „Einrede der Vorausklage”, wenn der Gläubiger ihn in Anspruch nimmt. In der Praxis ist diese Einrede jedoch meist ausgeschlossen, der Bürge verbürgt sich „selbstschuldnerisch”. Ein Kaufmann bürgt stets ohne weitere Vereinbarung selbstschuldnerisch.
Besonderen Schutz genießen die Angehörigen des Bürgen. Bürgschaften von Kindern oder Ehepartnern können unwirksam sein, wenn zwischen dem Bürgen und dem Kreditnehmer ein besonderes verwandtschaftliches Verhältnis besteht, und anzunehmen ist, dass nur deshalb die Bürgschaft übernommen wurde. Ebenso ist kann eine Bürgschaft unwirksam sein, wenn der Bürge die wirtschaftlichen Folgen nicht abschätzen konnte bzw. bei Abgabe der Bürgschaftserklärung offensichtlich war, dass der Bürge zu Lebzeiten nicht in der Lage sein wird, die Forderung zu erfüllen.

2.6 Abtretung

Die Abtretung, auch Zession genannt, ist die Übertragung von Forderungen. Hierbei tritt ein Gläubiger die Rechte an einer Forderung an einen neuen Gläubiger ab. In der Regel geschieht das zwischen einem Kreditgeber und einem Kreditnehmer. Dies kann entweder das Abtreten einzelner Forderungen oder aber auch die Abtretung aller Forderungen bedeuten, Gesamtzession. Bei der Globalzession, als besondere Form der Gesamtzession, werden alle bestehenden und zukünftigen Forderungen an den Gläubiger abgetreten. Hierbei kann es zur Kollision mit dem verlängerten Eigentumsvorbehalt kommen, wenn der Kreditnehmer Waren, die unter verlängertem Eigentumsvorbehalt erworben wurden, weiterveräußert und die daraus resultierenden Forderungen abtritt. Der Kreditnehmer ist dann einerseits durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt gegenüber dem Vorbehaltsverkäufer verpflichtet, die Forderung aus dem Verkauf an den Verkäufer abzutreten, aber gleichzeitig auch verpflichtet ist, die Forderung an den Kreditgeber weiterzugeben. Deshalb werden Verträge in solch einem Fall häufig so gestaltet, dass die Abtretung erst wirksam wird, wenn der verlängerte Eigentumsvorbehalt erloschen ist.

3. Beendigung von Sicherungsmittel

Sicherungsmittel werden in der Regel dadurch beendet, dass der Grund für die Sicherungsmaßnahme wegfällt. Meist erlöschen sie durch Bezahlung der Forderung. Allerdings können sie auch durch beiderseitiges Einverständnis, durch Aufhebung, aufgelöst werden.

4. Beweislast

Die Beweislast für ein Sicherungsmittel trägt grundsätzlich derjenige, der behauptet ein Recht aus diesem Sicherungsmittel ableiten zu können. Auch dort, wo ein Eigentumsvorbehalt branchenüblich ist, muss der Sicherungsnehmer dies im Zweifel beweisen.
Stand: März 2023
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