Recht und Steuern

Unbedenklichkeitsbescheinigung bei Einsatz von THW und Bundeswehr

Unbedenklichkeitsbescheinigung bei Einsatz von THW und Bundeswehr

Die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee bescheinigt in einzelnen Fällen, dass es aus Sicht der Wirtschaft unbedenklich ist, die Bundeswehr oder das Technische Hilfswerk für zivile Aufgaben einzusetzen, weil keine gewerblichen Unternehmen zur Verfügung stehen. Ebenso ist es bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen.

1. Arbeiten der Bundeswehr

Arbeiten auf wirtschaftlichem Gebiet sind für Angehörige der Bundeswehr nicht zulässig: Die Bundeswehr soll nicht in einen Wettbewerb mit der gewerblichen Wirtschaft eintreten. Die Truppe kann aber zu Ausbildungszwecken Arbeiten übernehmen, die zwar grundsätzlich der Wirtschaft vorbehalten sind, jedoch auch zu den Ausbildungsgebieten der Truppe gehören. Außerdem sind zu Ausbildungszwecken Arbeiten zulässig, wenn Anlagen geschaffen werden, die der Bundeswehr zur Verfügung stehen, beispielsweise Soldatenheime oder Sportplätze.
Für die Übernahme der Arbeiten ist es erforderlich, dass "dem Antrag eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer und/oder Handwerkskammer beigefügt ist, dass die Arbeiten der Truppe keine wirtschaftlich beeinträchtigenden oder nachteiligen Auswirkungen auf Betriebe der gewerblichen Wirtschaft haben." (Arbeiten auf wirtschaftlichem Gebiet im Ausbildungsinteresse der Truppe und im Interesse der Öffentlichkeitsarbeit, Änderung vom 16. Dezember 2008 des Erlasses vom 21. Januar 2008). Hierzu prüft die Industrie- und Handelskammer Hochrhein-Bodensee, ob die Arbeiten der Truppe zu einer wirtschaftlichen Beeinträchtigung der heimischen Betriebe führen. Findet sich ein Betrieb, der die Arbeiten ausführen kann, gleich zu welchem Preis, so kann die Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht ausgestellt werden. Einige Beispiele:
  • Ausschenken von Mahlzeiten bei Volksfesten,
  • Vermieten von Zelten,
  • Transporteinsätze,
  • Kranarbeiten,
  • Hubschrauberflüge,
  • Sprengen von Ruinen.
Erlass: Arbeiten auf wirtschaftlichem Gebiet im Ausbildungsinteresse der Truppe und im Interesse der Öffentlichkeitsarbeit, Änderung des BMVg vom 16. Dezember 2008 (R I 2 - Az 31-01-29, VMBl S. 15) des Erlasses vom 21. Januar 2008 (R I 2 - Az 31-01-29, VMBl S. 9)).

2. Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigungen (AGH/MAE) (1-Euro-Job) § 16d SGB II

Eine Arbeitsgelegenheit (AGH) ist eine Eingliederungsmaßnahme, in der die Teilnehmer/innen zusätzliche, im öffentlichen Interesse liegende und wettbewerbsneutrale Arbeiten verrichten. AGH begründen kein Arbeitsverhältnis und stellen keine Gegenleistung für erbrachte Sozialleistungen dar. AGH sind unter Berücksichtigung des § 3 Abs. 1 Satz 3 SGB II immer nachrangig gegenüber Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung, Qualifizierung und anderen Eingliederungsinstrumenten („Nachrangigkeit“). Die Zielsetzung von AGH ist die (Wieder-) Herstellung und Aufrechterhaltung der Beschäftigungsfähigkeit von arbeitsmarktfernen Personen. AGH dienen als mittelfristige Brücke zum allgemeinen Arbeitsmarkt, das heisst es erfolgt eine Teilhabe am Arbeitsleben mit dem Ziel der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt. Um diese Ziele zu erreichen, können AGH mit anderen Förderleistungen des SGB II und bundes-, länder- sowie kommunalspezifischen Programmen kombiniert werden.
Insbesondere bei folgenden Handlungsstrategien kann unter Beachtung der Nachrangigkeit gegenüber der Pflichtleistung Vermittlung sowie der Ermessensleistungen zur Eingliederung, die auf eine unmittelbare Integration auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zielen, ein Einsatz von AGH empfohlen werden:
  • Heranführen an das Arbeitsleben (Tagesstruktur herstellen)
  • Arbeits- und Sozialverhalten stärken
  • Perspektiven verändern
  • Individuelle Wettbewerbsnachteile ausgleichen

Voraussetzung des Öffentlichen Interesses

Öffentliches Interesse ist gegeben, wenn das konkrete Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. Maßnahmeträger haben in diesem Zusammenhang nachvollziehbar und ausführlich darzulegen, wodurch das konkrete Arbeitsergebnis der Allgemeinheit dient. Die Beschäftigung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten allein reicht nicht aus, um das öffentliche Interesse zu begründen. Die steuerrechtliche Anerkennung der Gemeinnützigkeit (§§ 51 ff Abgabenordnung) eines Maßnahmeträgers rechtfertigt nicht von vornherein die Annahme, dass die von ihm durchgeführten Arbeiten im öffentlichen Interesse liegen. Arbeiten sind wettbewerbsneutral, wenn durch sie eine Beeinträchtigung der Wirtschaft als Folge der Förderung nicht zu befürchten ist und Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weder verdrängt noch in ihrer Entstehung verhindert wird.

Keine Verdrängung regulärer Beschäftigung

AGH dürfen reguläre Beschäftigung nicht verdrängen oder beeinträchtigen. Aus diesem Grund darf
  • die Schaffung neuer Arbeitsplätze,
  • die Wiederbesetzung vorübergehend oder dauerhaft frei werdender Stammarbeitsplätze (z.B. Mutterschutz, Urlaubs- oder Krankheitsvertretungen, Streikersatz),
  • die notwendige Erweiterung des Personalbestandes,
  • die Verlängerung befristeter Arbeitsverträge oder
  • eine sich daran anschließende unbefristete Einstellungnicht gefährdet oder verhindert werden.
Wettbewerbsneutralität kann u. a. dadurch sichergestellt werden, dass der Maßnahmeträger die von ihm angebotene Dienstleistung oder das Warenangebot auf sozial benachteiligte Personen begrenzt.

Wettbewerb zur freien Wirtschaft

Das Jobcenter kann Unbedenklichkeitsbescheinigungen regionaler Wirtschaftsverbände zur Beurteilung der Wettbewerbsneutralität heranziehen. Dies ersetzt jedoch nicht die eigene Prüfung der Wettbewerbsneutralität durch die Jobcenter oder eines eigens dafür eingerichteten Beirats. Die Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar prüft, ob ein gewerblicher Betrieb bereit ist, die Maßnahme oder einen Teil hiervon zu übernehmen. In diesem Fall kann die Unbedenklichkeit nicht bescheinigt werden, weil die öffentlich geförderte Maßnahme in einen ungleichen Wettbewerb mit der gewerblichen Wirtschaft träte.

Rechtsgrundlagen

Details zu den gesetzlichen Grundlagen finden Sie unter “weitere Informationen”.

3. Arbeiten des Technischen Hilfswerks

Das Technische Hilfswerk hat humanitäre, karitative und soziale Aufgaben, hauptsächlich im Katastrophenschutz. Will das Technische Hilfswerk ausnahmsweise eine wirtschaftliche Leistung erbringen, so muss zuvor die Industrie- und Handelskammer bescheinigen, dass keine Bedenken aus Wettbewerbsgründen (in Konkurrenz zur privaten Wirtschaft) erhoben werden. Dafür wird die sogenannte Unbedenklichkeitsbescheinigung erstellt. Diese hat grundsätzlich vor Durchführung einer solchen sonstigen technischen Hilfeleistung vorzuliegen. In besonders eiligen Fällen, in denen die Einholung der Bescheinigung vor Durchführung der Hilfeleistung nicht möglich ist, kann sie nachgereicht werden.
Die Industrie- und Handelskammer Rhein-Neckar prüft, ob ein gewerbliches Unternehmen bereit ist, den Auftrag zu übernehmen. Ist dies der Fall, so kann die Unbedenklichkeitsbescheinigung nicht ausgestellt werden.

Auszug aus der Richtlinie:

V. Technische Hilfe im Rahmen der Amtshilfe (§ 1 Abs. 2 Nr. 3 THWG, §§ 4-8 VwVfG)
23. Definition

Technische Hilfe im Rahmen der Amtshilfe kann sowohl auf Grundlage des § 1 Abs. 2 Nr. 3 THW-Gesetzes (THWG) als auch aufgrund der in den allgemeinen Verwaltungsvorschriften enthaltenen Bestimmungen zur Amtshilfe geleistet werden. In beiden Fällen erfolgt der Einsatz des THW auf Anforderung der zuständigen Stellen. Nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 THWG leistet das THW bei der Bekämpfung von Katastrophen, öffentlichen Notständen und Unglücksfällen größeren Ausmaßes technische Hilfe auf Anforderung der für die Gefahrenabwehr zuständigen Stellen. Es handelt sich in diesen Fällen zumeist um Großschadenslagen. Der Katastrophenfall und der Fall des öffentlichen Notstandes werden zudem von den zuständigen Landes- oder Kommunalbehörden formell festgestellt und bekanntgegeben. Unterhalb dieser Schwelle leistet das THW Amtshilfe aufgrund der Amtshilfevorschriften der Länder und des Bundes (vgl. §§ 4-8 VwVfG). Die Amtshilfe des THW nach diesen Normen ist nicht auf den Bereich der Gefahrenabwehr beschränkt, sondern umfasst alle dem THW fachlich möglichen Unterstützungsleistungen, die von den zuständigen Behörden angefordert werden.
(...)
VIII. Sonstige technische Hilfeleistungen
45. Definition

Sonstige technische Hilfeleistungen werden auf Grundlage einer Vereinbarung erbracht, die das THW mit einer Vertragspartnerin bzw. einem Vertragspartner abschließt. Vertragspartner/innen können sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen desöffentlichen Rechts (z.B. Gemeinden, Stiftungen) oder des Privatrechts (z.B. Firmen, eingetragene Vereine) sein. Ferner darf die zu vereinbarende Hilfeleistung keiner der übrigen Kategorien technischer Hilfeleistungen (Amtshilfe, Hilfeleistungen außerhalb aber im Zusammenhang mit Amtshilfe,Vereinbarung zur Übernahme öffentlicher Aufgaben) zugeordnet werden können. Die übrigen Kategorien der Hilfeleistung sind aufgrund der gesetzlichen Aufgabenverankerung vorrangig wahrzunehmen. Vertragsgegenstand können auch Hilfeleistungen sein, die nicht im Bereich öffentlicher Aufgaben liegen.
(...)
47. Voraussetzungen der Übernahme
Die Übernahme setzt eine schriftliche Anforderung der Auftraggeberin bzw. des Auftraggebers voraus. Hierzu steht ein Formular zur Verfügung. Sonstige technische Hilfeleistungen können übernommen werden, wenn
  1. durch ihre Erbringung die Ausbildung der Helferinnen und Helfer gefördert wird. Über die gemäß Stärke- und Ausbildungsnachweis (StAN) erforderliche Ausbildung hinauskommen hierfür die Vertiefung, Verbreiterung, realitätsnahe Anwendung und Übung der Zusammenarbeit hinsichtlich der erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten in Betracht. Die Feststellungen zur Ausbildungsförderung sind vor der Durchführung der Hilfeleistung in einem Vermerk festzuhalten
  2. die Auftraggeberin bzw. der Auftraggeber sich schriftlich verpflichtet, die Kosten einschließlich des anteiligen Beitrages für eine Haftpflichtversicherung zu tragen. Die Kostenübernahmeerklärung steht als Formular zur Verfügung. Vor der Erklärung zur Kostenübernahme soll eine Kostenermittlung stattfinden
  3. die Auftraggeberin bzw. der Auftraggeber dem Antrag eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der örtlich zuständigen Industrie- undHandelskammer und/oder Handwerkskammer darüber beifügt, dass die sonstige technische Hilfeleistung des THW zu keiner wirtschaftlichen Beeinträchtigung von Betrieben der gewerblichen Wirtschaft führt. In dringlichen Fällen kann die Bescheinigung nachgereicht werden. Bei öffentlichen Auftraggebern genügt die schriftliche Bestätigung, dass auf eine Ausschreibung Angebote nicht eingegangen sind, und
  4. die Auftraggeberin bzw. der Auftraggeber dem Antrag sonstige etwa erforderliche Genehmigungen beifügt (z.B. Erlaubnis zum Fällen eines Baumes durch das Grünflächenamt).
Es kann vereinbart werden, dass die Einholung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung oder der erforderlichen Genehmigungen durch das THW erfolgt. In diesen Fällen übernimmt die Geschäftsstelle oder der Landesverband den Kontakt zur IHK oder Handwerkskammer.
Quelle: BUNDESANSTALT TECHNISCHES HILFSWERK, Verwaltungsvorschrift zum Verfahren und zur Abrechnung von Hilfeleistungen des Technischen Hilfswerks - THW - Abrechnungsverwaltungsvorschrift (THW-AbrVV) - Stand: 15.03.2013. Siehe  “weitere Informationen”.

4. Antragstellung

Anträge sind formlos schriftlich oder per E-Mail an die IHK Hochrhein-Bodensee zu stellen. Folgende Inhalte sind dabei zu nennen:
  • Art der beabsichtigten Maßnahme bzw. des Einsatzes,
  • Dauer der Maßnahme, Einsatzort,
  • Geplanter Einsatz von THW, Bundeswehr oder ähnliche Einrichtungen, welche Ortsgruppe, Einsatzzweck,
  • Gründe, warum kein gewerbliches Unternehmen für die Maßnahme in Frage kommt,
  • Nicht vergessen: Komplette Anschrift des Antragstellers mit Telefon für Rückfragen.
Die Erteilung der Unbedenklichkeitsbescheinigung erfolgt kostenfrei.

5. Prüfung durch die IHK

  • Handelt es sich bei dem Antrag um Leistungen, die in die Zuständigkeit der IHK fallen?
  • Welche wirtschaftliche Leistung soll durchgeführt werden (z.B. Baumfällung, Demontagearbeiten)?
  • Wer soll die Leistung erbringen?
  • Warum kann die Arbeit von keiner Firma ausgeführt werden?
  • Befinden sich im IHK-Bezirk oder in den angrenzenden Regionen Unternehmen, die die beantragte Leistung übernehmen oder ausführen können?
  • Welche Unternehmen kommen dafür in Frage?
  • Sind die Unternehmen personell und technisch geeignet, haben sie die Kapazität, diese Leistung entsprechend auszuführen?
  • Sind diese Unternehmen telefonisch oder schriftlich befragt worden, ob sie gegen die beantragte Ausführung des Auftrages Bedenken haben bzw. ob sie selbst diese Arbeit in einer annehmbaren Zeit übernehmen können oder wollen?
  • Kann die beantragte Leistung evtl. aufgeteilt werden (z.B. weil nur ein Teil des Auftrags in den Leistungsbereich des Unternehmens passt oder weil die Kapazitäten zur Auftragserfüllung nur teilweise zur Verfügung stehen)?