Recht und Steuern

Europäische Institutionen

Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) haben eine Reihe von wichtigen Institutionen geschaffen, um die Union und ihre Gemeinschaften (Europäische Integration) zu regieren und zu verwalten. Die wichtigsten Institutionen werden im Folgenden dargestellt.

1. Europäischer Rat

Höchstes Entscheidungsgremium der Europäischen Union, zusammengesetzt aus Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union.
Aufgaben:
  • Erarbeitung politischer Leitlinien, an denen sich Mitgliedstaaten und Organe der Europäischen Union orientieren (auch Richtlinienkompetenz: ist dem Ministerrat übergeordnet und ihm gegenüber weisungsberechtigt).
  • Schlichterfunktion bei internen Streitigkeiten.
Arbeitsweise:
  • An Sitzungen nehmen teil: die Regierungschefs, Außenminister und der Präsident der Kommission (und ein weiteres Mitglied der Kommission).
  • Die Treffen finden mindestens alle sechs Monate zum jeweiligen Ende der Präsidentschaft statt. In der Praxis hat es sich eingebürgert, dass der Europäische Rat mindestens vier Mal pro Jahr zusammenkommt. Punktuell können außerordentliche Ratstagungen einberufen werden.
  • Übereinstimmende Beschlusspraxis.

2. Rat der Europäischen Union

Der Rat der Europäischen Union (auch als Ministerrat bekannt) ist das wichtigste Entscheidungsorgan der Europäischen Gemeinschaft. Die Minister der Mitgliedstaaten tagen im Rahmen des Rates der Europäischen Union. Je nach den Themenbereichen, die auf der Tagesordnung stehen, ist jedes Land mit seinen zuständigen Fachministern vertreten. Der Vorsitz des Rates wird von den Mitgliedstaaten im Halbjahreswechsel wahrgenommen. Der Rat der Europäischen Union ist der „Gesetzgeber” der Europäischen Gemeinschaften.
Struktur:
  • Mitglieder des Ministerrates sind die jeweiligen Fachminister des Mitgliedstaats.
    Je nach Aufgaben- und Fragestellung gibt es unterschiedliche Besetzungen des Rates.
  • Der Vorsitz im Rat wechselt im halbjährigen Rhythmus nach einer feststehenden Reihenfolge zwischen den Mitgliedstaaten der EU.
Abstimmungen:
  • Wenn nichts anderes festgelegt ist, gilt die einfache Mehrheit der Mitglieder (jedes Land eine Stimme). Häufig ist aber die "qualifizierte Mehrheit" erforderlich.
  • Bei der qualifizierten Mehrheit richtet sich das Gewicht der Stimmen in etwa nach der Bevölkerungszahl des Landes.
  • Die Tagesordnung der Ratssitzungen und die zur Entscheidung vorgelegten Texte werden von dem Ausschuss der ständigen Vertreter (AStV) vorher erarbeitet.
Aufgaben/Befugnisse:
  • Gesetzgebung (aber: der Rat kann nur auf Vorschlag der Kommission aktiv werden).
  • Koordinierung der allgemeinen Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten.
  • Schließt im Namen der Gemeinschaft internationale Verträge zwischen ihr und einem oder mehreren Staaten oder weltweiten Organisationen.
  • Beschließt besondere wirtschaftspolitische Maßnahmen bei außergewöhnlichen Schwierigkeiten/Embargobeschlüsse gegenüber Drittstaaten.
  • Stellt mit Zustimmung des Europäischen Parlaments den Haushalt auf.
  • Kontrollbefugnisse (Vielzahl von Ausschüssen, die im Laufe der Gesetzgebung gehört werden müssen).
  • Personalhoheit (unter anderem Möglichkeit, Zahl der Kommissionsmitglieder zu ändern, Antrag auf Amtsenthebung eines Kommissars, Festsetzung der Gehälter der Kommissare).
Generalsekretariat/COREPER:
  • Unterstützt den Rat in seiner Arbeit
  • COREPER = Ausschuss der ständigen Vertreter; Zuordnung von Arbeitsgruppen zu bestimmten Fachfragen.

3. Europäische Kommission

Die Kommission ist ein von den Mitgliedstaaten unabhängiges Organ. Sie ist das zentrale Regierungsorgan der Gemeinschaft. Die Kommissare dienen alleine der Union als Ganzes, nicht ihren jeweiligen Herkunftsstaaten.

Aufgaben:
  • Vorschlagsrecht für Gesetzestexte, die dem Parlament und dem Rat unterbreitet werden.
Kontrollfunktion:
  • Wacht über Durchsetzung des primären Gemeinschaftsrechts ("Hüterin der Verträge").
  • Überwachung zur Einhaltung sekundären Gemeinschaftsrechts.
Initiativfunktion:
  • Alleiniges Initiativrecht für die im EG Vertrag geregelten Bereiche ("Motor der Integration").
  • Zeitpunkt, Form und Inhalt eines Vorschlags liegen in alleiniger Verantwortung der Kommission.
Exekutivfunktion:
  • Erlass von Durchführungsbestimmungen im Rahmen von Grundverordnungen (Rückbindung an den Rat in Form von Ausschüssen "Komitologie").
  • Originäre Rechtssetzungskompetenz in bestimmten Bereichen.
  • Vertretung der Europäischen Gemeinschaft im privatrechtlichen Verkehr.
  • Beziehungen im völkerrechtlichen Verkehr zu den vereinten Nationen und anderen internationalen Organisationen werden von Kommission und Ratspräsidentschaft gemeinsam wahrgenommen.
  • Kommission kann handelspolitische und sonstige Abkommen mit Drittländern aushandeln und in Einzelfällen selbst abschließen (beispielsweise Verhandlungsmandat in der Welthandelsorganisation).
Zusammensetzung:
  • 20 Mitglieder
  • Auf fünf Jahre ernannt
  • Je zwei Kommissare aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Spanien.
  • Keine weisungsgebundenen Vertreter ihrer Regierungen (dem "allgemeinen Wohl der Gemeinschaften" verpflichtet).
Ernennung:
  • Der Kommissionspräsidenten wird im gegenseitigen Einvernehmen der Mitgliedstaaten ernannt. Anschließend muss sich der designierter Präsident im Europäischen Parlament einer Vertrauensabstimmung stellen.
  • Die übrigen Kommissionsmitglieder werden im Einvernehmen der Mitgliedstaaten und des neu gewählten Präsidenten ernannt. Anschließend stellt sich die gesamte Kommission als Kollegium dem Vertrauensvotum des Parlamentes.
Struktur:
  • Den einzelnen Kommissionsmitgliedern werden Sachgebiete zugeteilt.
  • Jedem Kommissar untersteht ein Kabinett (fünf bis sieben vom Präsidenten auf Vorschlag der Kommission ernannte Mitarbeiter).
  • Generalsekretariat (interne Koordinierung), Generaldirektionen (Charakter von Fachverwaltungen).
  • Juristischer Dienst (prüft alle Kommissionsvorschläge auf Verträglichkeit mit Gemeinschaftsrecht).
Beschlussfassung:
  • Prinzip der "kollegialen Verantwortung".
  • Rechtsakte und Entscheidungen der Kommission mit Mehrheit (Details in Geschäftsordnung geregelt).

4. Europäisches Parlament

Das Europäische Parlament ist das direkt gewählte Organ der Europäischen Union. Es ist die demokratische Vertretung von 450 Millionen Menschen. Sitz des Europäischen Parlaments ist Straßburg. Dort finden zwölf viertägige Sitzungen im Jahr statt. Die Ausschüsse und Fraktionen tagen außerdem in Brüssel, wo zudem kürzere Plenarsitzungen stattfinden.

Struktur und Wahl:
  • Das Europäische Parlament hat zurzeit 732 Mitglieder, die sich auf sieben Fraktionen verteilen. 28 Mitglieder sind fraktionslos.
  • Die Zahl der Sitze im Plenum pro Land richtet sich nach dessen Bevölkerungszahl.
  • Neun verschiedene länderübergreifende Gruppierungen.
  • Gestaltung der Wahl liegt zum größten Teil im Ermessen der Mitgliedstaaten.
  • Mandatsdauer: fünf Jahre.
Kompetenzen:
  • Beteiligung an der Rechtssetzung (Zustimmung, Mitentscheidung, Zusammenarbeit/Anhörung).
Kontrollrechte:
  • Möglichkeit eines Misstrauensantrages gegen die gesamte Kommission.
  • In der Ausführung des Haushaltsplanes muss das Parlament der Kommission Entlastung erteilen.
  • Klageerhebungsrecht wegen Untätigkeit gegenüber Rat und Kommission.

5. Europäischer Gerichtshof (EuGH)

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, kurz auch Europäischer Gerichtshof genannt ist das Recht sprechende Organ der Europäischen Gemeinschaften. Sein Sitz befindet sich in Luxemburg.
Aufgaben:
  • Wahrung des Gemeinschaftsrechts (verschiedene Verfahrensarten).
  • Wichtige Verfahrensart: Der Europäische Gerichtshof entscheidet auf Vorlage der nationalen Gerichte über Auslegung und Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts in einem Verfahren, das in einem der Mitgliedstaaten anhängig ist. Es handelt sich dabei um sogenannte Vorabentscheidungen.
  • Seit 1989 zusätzlich Gericht erster Instanz.
  • Kein neues Gemeinschaftsorgan, sondern dem Gerichtshof eingegliedert, Eingangsinstanz für alle direkten Klagen natürlicher und juristischer Personen gegen Gemeinschaftsrechtsakte.
Zusammensetzung:
  • 15 Richter, acht Generalanwälte.
  • Generalanwalt: Genießt richterliche Unabhängigkeit, Aufgabe: In Schlussanträgen dem EuGH einen - nicht bindenden - Entscheidungsvorschlag zu unterbreiten.

6. Europäischer Rechnungshof

Die Hauptaufgabe des Europäischen Rechnungshofs besteht darin, einen jährlichen Bericht über die Verwendung der Mittel der Europäischen Union vorzulegen. Der Bericht wird immer zum 30. November des Folgejahres erstellt und mit Stellungnahme der Organe im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.
Aufgabe:
  • Überprüfung der Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben der Europäischen Gemeinschaft (einschließlich deren Verwendung) sowie Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Der europäische Rechnungshof hat keine gerichtlichen Kompetenzen zur zwangsweisen Durchsetzung seiner Kontrollbefugnisse oder zur Ahndung von Rechtsverstößen, die durch Kontrolltätigkeit aufgedeckt wurden.
  • Ergebnisse der Kontrolltätigkeit werden nach Abschluss eines Haushaltsjahres im Jahresbericht zusammengestellt (veröffentlicht im Amtsblatt der EG).
Zusammensetzung:
15 Mitglieder, die vom Rat nach Anhörung des Parlamentes auf sechs Jahre ernannt werden.
Ergänzende Einrichtungen:

7. Wirtschafts- und Sozialausschuss

  • Institutionelle Vertretung verschiedener Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens (Arbeitgeber und Arbeitnehmer, Landwirte, Verkehrsunternehmen, Kaufleute, Handwerker, freie Berufe, Leiter von kleinen und mittleren Unternehmen).
Aufgaben
  • Muss in bestimmten Fällen vom Rat auf Vorschlag der Kommission gehört werden. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss gibt aus eigener Initiative Stellungnahmen ab.
Zusammensetzung
  • 222 Mitglieder, die aus den repräsentativsten einzelstaatlichen Organisationen stammen, werden vom Rat auf vier Jahre ernannt.

8. Ausschuss der Regionen


Aufgaben:
  • Wird in bestimmten Fällen angehört, insbesondere in den Bereichen Bildung, Kultur, Gesundheitswesen, Ausbau der transeuropäischen Netze, Verkehrs-, Telekommunikations- und Energieinfrastruktur, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt, Beschäftigungspolitik und Sozialgesetzgebung. Der Ausschuss kann sich auch ohne Auftrag von außen mit Themen beschäftigen, die er für wichtig erachtet.
Zusammensetzung:
  • 222 Mitglieder, welche die regionalen und lokalen Autoritäten der Mitgliedstaaten repräsentieren.
  • Werden vom Rat auf Vorschlag der jeweiligen Mitgliedstaaten durch einstimmigen Beschluss auf vier Jahre ernannt.

9. Europäische Investitionsbank

  • Gewährung von Darlehen und Bürgschaften die insbesondere zur Erschließung unterentwickelter Gebiete, zur Modernisierung oder Umstellung von Unternehmen, zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und für Vorhaben, die im gemeinsamen Interesse mehrerer Mitgliedstaaten liegen dienen.

10. Europäische Zentralbank

  • Die Europäische Zentralbank (EZB) ist die gemeinsame Währungsbehörde der Mitgliedstaaten der Europäischen Währungsunion und bildet mit den nationalen Zentralbanken (NZBen) der EU-Staaten das Europäische System der Zentralbanken (ESZB).
  • Sie ist verantwortlich für die Stabilität des Euro und steuert die Geldmenge.
Stand April 2017
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