Arbeitsrecht

Verjährung und Abgeltung von Urlaubsansprüchen bei Langzeiterkrankung von Arbeitnehmern

Durch zwei EuGH-Entscheidungen besteht teilweise Unsicherheit bei Arbeitgebern, wie mit den Urlaubs- und Abgeltungsansprüchen langzeiterkrankter Arbeitnehmer umzugehen ist. Tatsache ist: § 7 Abs. 3 S. 3 BUrlG ist jedenfalls über den Wortlaut hinaus europarechtskonform auszulegen (BAG, 07.08.2012; 9 AZR 353/10). In der "Schultz-Hoff"-Entscheidung (EuGH, 20.09.2009; C-350/06), hatte der EuGH zunächst entschieden, dass Urlaubsansprüche bei Arbeitsunfähigkeit nicht verfallen, sondern weiter angesammelt werden; in der Entscheidung "KHS/Schulte" (22.11.2011; C-214/10) dann aber zugestanden, dass ein auf 15 Monate beschränkter Übertragungszeitraum als ausreichend angesehen werden könne.
Damit ist klar: Die Urlaubsansprüche langzeiterkrankter Arbeitnehmer verfallen zum 31. März des übernächsten Jahres. Daraus ergibt sich eine maximale Summe von Urlaubsansprüchen, die in zwei Jahren und drei Monaten entstanden sind; mindestens ergibt sich eine Summe aus einem Jahr und drei Monaten. Der Urlaubsanspruch entsteht dabei grundsätzlich so lange, wie das Arbeitsverhältnis besteht, selbst, wenn währenddessen Erwerbsminderungsrente bezogen wird.
Da der langzeiterkrankte Arbeitnehmer oft nicht mehr an den Arbeitsplatz zurückkehrt, ist die vorstehende Thematik vor allem auch für die Frage der Urlaubsabgeltung relevant. Diese ist z.B. gerade dann zu gewähren, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr zur Arbeit zurückkehrt und damit auch den Urlaub nicht mehr nehmen kann. Auch hier hat es in der jüngeren Vergangenheit relevante Änderungen gegeben: Während der Abgeltungsanspruch bislang nach den Regeln des BUrlG verfiel, ist dies seit "Schultz-Hoff" nicht mehr der Fall - ein Verfall des Urlaubsabgeltungsanspruchs gem. § 7 Abs. 3 BUrlG kommt nach dem BAG (Entscheidung vom 19.06.2012; 9 AZR 652/10) nicht mehr in Frage.
Vielmehr gelten nun ggf. tarifvertragliche Ausschlussfristen (BAG 13.12.2011; 9 AZR 399/10). Soweit eine tarifvertragliche Regelung nicht vorhanden ist, kommen möglicher Weise einzelvertragliche Regelungen in Betracht; allerdings ist dies von der Rechtsprechung noch nicht entschieden. Es sind aber zumindest keine Gründe evident, aus denen heraus die vorgenannte Rechtsprechung nicht auch auf einzelvertragliche Regelungen Anwendung finden sollte. Soweit eine tarifliche oder arbeitsvertragliche Ausschlussfrist nicht gegeben ist, kommt die gesetzliche Regelfristverjährung von drei Jahren zur Anwendung. Diese Frist beginnt allerdings erst mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Praktisch kann sich damit eine Verjährungsfrist (abhängig vom Beendigungszeitpunkt) von nahezu vier Jahren ergeben.
Stand: März 2013
Wir danken Herrn Ass. jur. Oliver Essig der IHK Nordschwarzwald für das zur Verfügungstellen des Beitrags!
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