Recht und Steuern

Einstellung von Arbeitnehmern

Neue Mitarbeiter einzustellen, ist für Betriebsinhaber oft mit viel Bürokratie verbunden. Dieser Artikel gibt einen Überblick über die wichtigsten Regelungen und insbesondere die Pflichten des Arbeitgebers. Er ist als Hilfestellung für Unternehmer gedacht, kann aber die vielfältigen Rechtsprobleme nicht abschließend behandeln.
Zunächst sollte geklärt sein, ob der neue Mitarbeiter überhaupt Arbeitnehmer im rechtlichen Sinne ist. Ansonsten findet nämlich das Arbeitsrecht und damit auch dieser Artikel keine Anwendung. Wir zeigen Ihnen, wie Sie ein rechtlich einwandfreies Einstellungsverfahren durchführen und einen wirksamen Arbeitsvertrag aufsetzen. Zuletzt informieren wir Sie über die wichtigsten arbeitgeberseitigen Melde- und Abgabepflichten.

1. Arbeitnehmerbegriff

Der § 611a des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) stellt klar, wer als Arbeitnehmer unter das Arbeitsrecht fällt. Demnach ist Arbeitnehmer, wer
  • aufgrund privatrechtlichen Vertrags 
  • zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit
  • in persönlicher Abhängigkeit
verpflichtet wird. Im Vordergrund und besonders wichtig ist dabei das Merkmal der „persönlichen Abhängigkeit“. In der Praxis prüfen die Gerichte , ob die Person in die vom Arbeitgeber geschaffene und kontrollierte Arbeitsorganisation eingegliedert ist. Liegt eine solche Eingliederung vor, dann geht man fast immer davon aus, dass die Person „Arbeitnehmer“ ist. Nicht zu den Arbeitnehmern gehören also freie Mitarbeiter, die selbstständig unternehmerisch tätig sind und im Wesentlichen frei ihre Tätigkeit gestalten und ihre Arbeitszeit bestimmen können. Entscheidend ist dabei nicht die Bezeichnung im Vertrag, sondern die tatsächliche Ausgestaltung der Zusammenarbeit in der Praxis. Auch sozialversicherungsrechtlich ist die Abgrenzung wichtig. Geht der Arbeitgeber zu Unrecht davon aus, dass die Person ein „Selbständiger“ ist, müssen unter Umständen später Sozialversicherungsbeiträge nachentrichtet werden.
Weitere Informationen zum Thema: Scheinselbständigkeit

2. Einstellungsverfahren

Bereits im Einstellungsverfahren sind zahlreiche Rechtsnormen zu beachten. Besonders praxisrelevant und immer wieder der Grund, warum arbeitsrechtliche Streitigkeiten bereits vor Abschluss des eigentlichen Arbeitsvertrags vor Gericht landen, ist dabei insbesondere das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Das AGG erklärt Diskriminierungen, soweit diese an bestimmte Merkmale anknüpfen, für unzulässig. Verboten sind Benachteiligungen aufgrund von Rasse, ethnischer Herkunft, Geschlecht, sexueller Identität, Religion, Weltanschauung, Behinderung und Alter. Differenzierungen nach einem dieser Merkmale sind nur in eng eingeschränkten Fällen und bei Vorliegen besonderer Rechtfertigungsgründe zulässig.

2.1 Stellenanzeige

Um Entschädigungs- beziehungsweise Schadensersatzforderungen abgelehnter Bewerber zu vermeiden, müssen Stellenausschreiben rechtlich zulässig und insbesondere im Hinblick auf das AGG strikt neutral gefasst werden. Das ist auch dann anzuraten, wenn der Arbeitgeber eine an sich mögliche Differenzierung aufgrund der im AGG geregelten Ausnahmetatbestände annimmt. Das AGG zwingt zwar nicht ausdrücklich zur benachteiligungsfreien Ausschreibung. Eine nicht neutral gefasste Stellenbeschreibung begründet aber eine vom Arbeitgeber zu widerlegende Vermutung für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot bei der Bewerberauswahl. Sollte es also in einem solchen Fall zu einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht kommen, ist der Arbeitgeber zunächst einmal am Zug  und muss nachweisen, dass er eben keine unzulässige Diskriminierung vorgenommen hat. Wir empfehlen Ihnen daher, diese ungünstige Situation schon von Anfang an zu vermeiden, indem Sie die Stellenanzeige strikt neutral formulieren. Die Formulierung „Sachbearbeiter“ könnte beispielsweise als Geschlechtsdiskriminierung gegen das Gebot einer strikt neutralen Stellenanzeige verstoßen, schließlich wurde nur die männliche Berufsbezeichnung gewählt. Anzuraten wäre stattdessen die Formulierung „Sachbearbeiter (m/w/d)“.

2.2 Fragerecht des Arbeitgebers

Bei der Befragung von Bewerbern muss der Arbeitgeber bedenken, dass sein Fragerecht nicht uneingeschränkt gilt. Nur wenn der Bewerber eine zulässige Frage (zum Beispiel nach beruflichen und fachlichen Fähigkeiten, Wettbewerbsverboten aus früheren Arbeitsverhältnissen) bewusst unrichtig beantwortet, darf der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag wegen arglistiger Täuschung anfechten. Eine wahrheitswidrige Antwort auf unzulässige Fragen (zum Beispiel nach Schwangerschaft, Schwerbehinderung, Krankheiten, Familienplanung, Vermögensverhältnissen, Religion-, Partei- oder Gewerkschaftszugehörigkeit) berechtigt den Arbeitgeber dagegen nicht zur Anfechtung des Arbeitsvertrags, es sei denn er hat ein objektiv berechtigtes Interesse an der Beantwortung der Fragen.

2.3 Ersatz von Vorstellungskosten

Die Durchführung eines persönlichen Vorstellungsgesprächs obliegt der Entscheidung des Arbeitgebers. Auch wenn das Arbeitsverhältnis nicht zustande kommt, sind Vorstellungskosten (grundsätzlich die An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln; ausnahmsweise auch Übernachtung, Verpflegung, Verdienstausfall) des Bewerbers zu erstatten, wenn die Vorstellung auf Einladung des Arbeitgebers erfolgte. Dies kann jedoch im Einladungsschreiben ausdrücklich schriftlich ausgeschlossen werden. Im Umkehrschluss gilt also: Ist die bei Einladung durch den Arbeitgeber die Erstattung der Vorstellungskosten nicht ausdrücklich ausgeschlossen, so besteht auf diese ein direkter Rechtsanspruch.

2.4 Beteiligung des Betriebsrats

Bei der Personalplanung ist der Betriebsrat zu beteiligen (vgl. §§ 92ff. Betriebsverfassungsgesetz). Entsprechend hat der Betriebsrat Unterrichtungs-, Beratungs- und Vorschlagrechte. Er kann zudem vom Arbeitgeber verlangten, dass zu besetzende Arbeitsplätze vor ihrer Besetzung innerhalb des Betriebes ausgeschrieben werden. Auf den Inhalt der Stellenausschreibung hat der Betriebsrat aber kein Einflussrecht. Möchte der Arbeitgeber Personalfragebögen verwenden oder allgemeine Beurteilungsgrundsätze aufstellen, bedürfen diese der Zustimmung des Betriebsrats. Für Richtlinien zur personellen Auswahl bei Einstellungen, Versetzungen, Umgruppierungen und Kündigungen gilt dasselbe. In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung solcher Richtlinien bezüglich fachlicher und persönlicher Eignung verlangen.
Besteht bei Betrieben mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern ein Betriebsrat, so ist dieser vor einer Einstellung umfassend zu unterrichten und um Zustimmung zu ersuchen (§ 99 Betriebsverfassungsgesetz).

3. Arbeitsvertrag

Der Arbeitsvertrag ist neben zahlreichen einschlägigen Gesetzen, Tarifverträgen und anderen arbeitsrechtlichen Bestimmungen die wesentliche Rechtsquelle zur Bestimmung des Inhalts eines Arbeitsverhältnisses.

3.1 Form

Grundsätzlich sind auch mündlich geschlossene Arbeitsverträge rechtsgültig, jedoch empfiehlt sich aus Nachweisegründen ein schriftlicher Arbeitsvertrag. Das „Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis wesentlichen Bedingungen“ (Nachweisgesetz) verpflichtet den Arbeitgeber ohnehin dazu, dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Arbeitsbeginn eine unterzeichnete schriftliche Niederschrift über die wesentlichen Punkte des Arbeitsverhältnisses wie Tätigkeitsbeschreibung, Arbeitsentgelt, Arbeitszeit, Kündigungsfristen und Jahresurlaub auszuhändigen.
Im Arbeitsvertrag können weitere Punkte vereinbart und geregelt werden, wie beispielsweise Probezeit (diese muss ausdrücklich vereinbart werden), Überstunden, Verschwiegenheitsverpflichtungen, Nebentätigkeit oder Reisekosten.
Ändern sich wesentliche Vertragsbedingungen, so hat der Arbeitgeber diese dem Arbeitnehmer binnen eines Monats schriftlich mitzuteilen.

3.2 Vergütung

Grundsätzlich können Arbeitgeber und Bewerber die Höhe der Vergütung frei aushandeln. Das Ergebnis richtet sich bei nach Marktlage, Verhandlungsgeschick und anderen Faktoren, etwa wie das Lohngefüge im Unternehmen.
Bitte beachten Sie: Seit dem 1. Januar 2015 gibt es in Deutschland nämlich einen flächendeckenden Mindestlohn.
Nähere Informationen zum Thema: Mindestlohn

3.3 Urlaub

Jeder Arbeitnehmer, also auch ein geringfügig oder befristet beschäftigter Arbeitnehmer, hat Anspruch auf Urlaub. Der gesetzliche Mindesturlaub beträgt bezogen auf eine Sechstagewoche 24 Werktage im Jahr. Bei einer Fünftagewoche besteht gesetzlich ein Urlaubsanspruch auf 20 Werktage. Der Arbeitnehmer erlangt den vollen Urlaubsanspruch nach einer Beschäftigungsdauer von sechs Monaten. Bei einer kürzeren Beschäftigungsdauer haben die Arbeitnehmer Anspruch auf Teilurlaub.
Nähere Informationen zum Thema: Urlaubsrecht

3.4 Besondere Vertragsformen

Neben den unbefristeten Arbeitsverträgen können beispielsweise auch befristete oder Teilzeit-Arbeitsverträge geschlossen werden sowie Verträge mit geringfügig Beschäftigten.
Der Teilzeitarbeitsvertrag ist ein normaler Arbeitsvertrag, der sich von einem Vollzeitarbeitsverhältnis durch die reduzierte Arbeitszeit unterscheidet. Arbeitet die Teilzeitkraft nur an bestimmten Wochentagen, ist der Urlaubsanspruch entsprechend zu reduzieren. Das Teilzeitbefristungsgesetz verbietet eine Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, das heisst, sie dürfen nicht wegen der Teilzeitarbeit schlechter behandelt werden als vergleichbare vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer. Dies gilt für sämtliche Aspekte des Arbeits- und des Sozialversicherungsrechts.
Beim befristeten Arbeitsvertrag wird der Arbeitnehmer nur für eine bestimmte Zeit eingestellt. Dies ist nur möglich, wenn ein Sachgrund für eine Befristung vorliegt oder die Voraussetzungen für eine kalendermäßige Befristung nach dem Teilzeitbefristungsgesetz vorliegen. Die Befristung muss grundsätzlich schriftlich vor Vertragsbeginn erfolgen.
Nähere Informationen zum Thema: Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge
Ein Arbeitsverhältnis ist auch als geringfügigen Beschäftigung möglich. Eine Beschäftigung kann zum einen wegen der Höhe des Arbeitsentgelts bis zu 450 Euro (geringfügig entlohnte Beschäftigung) und zum anderen wegen ihrer kurzen Dauer von nicht mehr als drei Monaten oder insgesamt 70 Arbeitstagen (Diese Zeitgrenzen wurden für den Zeitraum vom 1. März 2021 bis 31. Oktober 2021 auf vier Monate beziehungsweise 102 Arbeitstage mit dem Inkrafttreten (1. Juni 2021) des "Vierten Gesetzes zur Änderung des Seefischereigesetzes" angehoben; Vergleich 2020: Anhebung auf fünf Monate beziehungsweise 115 Arbeitstage ) im Kalenderjahr (kurzfristige Beschäftigung) geringfügig sein. Bei letztgenannter kurzfristiger Beschäftigung spielt die Höhe des Verdienstes keine Rolle.
Für solche geringfügige Beschäftigungen (Minijobs) gelten sozialversicherungs- und steuerrechtliche Sonderregelungen. Arbeitsrechtlich gelten aber die gleichen Rechtsvorschriften wie für andere Arbeitnehmer auch. Zudem schreibt das Mindestlohngesetz die Dokumentation der Arbeitszeit vor.
Nähere Informationen zum Thema: Mini-Jobs und Kurzfristige Beschäftigung

4. Meldepflichten

Bei der Einstellung von Mitarbeitern unterliegt der Arbeitgeber mehreren Meldepflichten. Dabei handelt es sich nicht um bloße Formvorschriften. Eine Verletzung dieser Meldepflichten kann Bußgelder und schwerwiegende rechtliche Konsequenzen mit sich ziehen.

4.1 Betriebsnummer

Sobald ein Arbeitgeber eine Person einstellt, benötigt er – unabhängig von der Höhe des Arbeitsentgeltes – eine sogenannte Betriebsnummer. Die zuständige Stelle hierfür ist die Bundesagentur für Arbeit. Unabhängig von der Beschäftigtenanzahl wird nur eine Betriebsnummer je Unternehmen erteilt. Unter dieser Betriebsnummer sind alle Meldungen an die Krankenkasse (zum Beispiel Anmeldung, Abmeldung, Meldung bei Unterbrechung der Beschäftigung, Jahresmeldung zum 31.12., Meldung geringfügig Beschäftigter, und so weiter) vorzunehmen.
Die Betriebsnummer kann auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit als Online-Antrag auf Erteilung/Veränderung einer Betriebsnummer beantragt werden.
Weitere Informationen zum Thema: Betriebsnummer-Service

4.2 Sozialversicherungsrechtliche Anmeldung

Der Arbeitgeber ist verpflichtet, seine Arbeitnehmer bei der zuständigen Krankenkasse anzumelden. Meldungen sind nur noch elektronisch möglich, entweder mittels zugelassener Entgeltabrechnungsprogramme oder zugelassener Ausfüllhilfen. Die gesetzlichen Krankenkassen stellen auf ihrer Webseite eine kostenlose Ausfüllhilfe zur Verfügung. Die Meldung an die Krankenkasse betrifft die Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung. Die Meldung muss spätestens sechs Wochen nach Beginn der Beschäftigung erfolgen.
Bei geringfügig Beschäftigten besteht die Besonderheit, dass diese bei der Minijobzentrale, idealerweise elektronisch anzumelden sind.
Der Arbeitgeber muss seine Arbeitnehmer, auch die geringfügig Beschäftigten, zudem bei der Berufsgenossenschaft/Unfallversicherung anmelden und dort individuelle Beiträge entrichten. Die für den jeweiligen Wirtschaftszweig zuständige Berufsgenossenschaft kann auf der Homepage der gewerblichen Berufsgenossenschaften ermittelt werden.

4.3 Steuerrechtliche Anmeldung

Zuletzt muss der Arbeitgeber beim Finanzamt die Lohnsteuer der Mitarbeiter anmelden, diese einbehalten und an das zuständige Finanzamt weiterleiten. Die Lohnsteuer-Anmeldungen müssen elektronisch via ELSTER an das Finanzamt übermittelt werden. Nähere Hinweise erteilt die Finanzverwaltung.

5. Abführen von Sozialabgaben

Der Unternehmer muss den Arbeitnehmeranteil der Gesamtsozialversicherungsbeiträge (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) vom geschuldeten Arbeitsentgelt einbehalten und zusammen mit seinem Arbeitgeberanteil an die Sozialversicherungsträger überweisen. Die Beiträge sind spätestens am drittletzten Bankarbeitstag des Monats fällig in dem die Beschäftigung ausgeübt worden ist. Zwei Arbeitstage vor Beitragsfälligkeit sind die Beitragsnachweise zu übermitteln.
Die Übermittlung der Beitragsnachweise erfolgt elektronisch über das elektronische Sozialversicherungsbuchhaltungssystem „SV.net“.
Die Unfallversicherungsbeiträge sind voll vom Arbeitgeber zu tragen und an die zuständige Berufsgenossenschaft abzuführen. Über die Fälligkeit informiert die jeweilige Berufsgenossenschaft.
Über die besonderen Bestimmungen für geringfügig entlohnte und kurzfristig Beschäftigte informiert die Mini-Job-Zentrale.
Die Information wurde mit großer Sorgfalt erarbeitet. Eine Haftung für die Richtigkeit der Inhalte kann jedoch nicht übernommen werden.
Stand Juni 2021
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