Coronavirus
Import von Schutzausrüstung und Covid-Tests
Unternehmen, die in Zeiten von Corona Produkte der persönlichen Schutzausrüstung wie Masken oder Schutzhandschuhe importieren möchten, sollten sich vorab genau über die geltenden Regelungen informieren, denn als Importeure haften sie für die eingeführten Produkte. Das gilt auch für die Antigen-Schnelltests für Laien, die seit März 2021 flächendeckend zum Einsatz kommen.
- 1. Abgrenzung: Persönliche Schutzausrüstung / Medizinprodukt
- 2. Persönliche Schutzausrüstung: Einfuhrbedingungen
- 3. Medizinprodukte: Einfuhrbedingungen
- 4. Vereinfachtes Konformitätsverfahren während Corona-Krise
- 5. Import von Schutzausrüstung aus China
- 6. Haftungsrechtliche Risiken beim Vertrieb
- 7. Zuständige Behörden
- 8. Zollanmeldung mit ATLAS-Einfuhr
1. Abgrenzung: Persönliche Schutzausrüstung / Medizinprodukt
Wichtig ist zu unterscheiden, ob die Produkte als „Persönliche Schutzausrüstung (PSA)” klassifiziert sind oder als „Medizinprodukte”. Denn davon hängt ab, welche Verordnungen zugrunde liegen und welche Behörden für die Zulassung zuständig sind.
Was zählt als Persönliche Schutzausrüstung?
- Atemschutzmasken, partikelfiltrierende Halbmasken (FFP);
als Kategorie II und Kategorie III-Produkt - Schutzanzüge
- Schutzhandschuhe
- Schutzbrillen
- … (nicht abschließende Aufzählung)
Was zählt als Medizinprodukt?
- Medizinischer Mund-Nasen-Schutz (Operationsmasken)
- Untersuchungshandschuhe
- Covid Antigen-Schnelltests (auch für Laien)
- ...(nicht abschließende Aufzählung)
2. Persönliche Schutzausrüstung: Einfuhrbedingungen
Die Einfuhr von Produkten der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) ist grundsätzlich erlaubt. Die Einfuhrabgaben richten sich nach dem Zolltarif. Einführer müssen sicherstellen, dass die Waren den EU-Standards entsprechen. Grundlegend ist hierfür die Verordnung
(EU) 2016/425. Die Konformität mit den EU-Standards wird durch das CE-Kennzeichen bestätigt. Importeure sollten sich bei möglichen Lieferanten danach erkundigen, ob eine CE-Zertifizierung vorliegt. Eine Baumusterprüfung durch eine unabhängige Stelle (notifizierte Stelle) ist bei Produkten der Kategorie III verpflichtend vorgeschrieben. Diese benannte Stelle muss in der CE-Erklärung aufgeführt und auf den einzelnen Produkten anhand der vierstelligen Prüfstellennummer hinter dem CE-Zeichen zu erkennen sein.
Derzeit gelten aufgrund der Coronapandemie unter bestimmten Voraussetzungen Erleichterungen bei der CE-Kennzeichnungspflicht, nicht jedoch bei der erforderlichen Schutzwirkung. So können unter anderem Masken, die nachweislich im US-amerikanischen, kanadischen, japanischen oder australischen Markt verkehrsfähig sind, eingeführt werden. Die Nachweise müssen bei der Einfuhr auf Verlangen der Marktüberwachungsbehörde vorgelegt werden können.
Ansonsten können Importeure ein vereinfachtes Konformitätsverfahren nutzen (siehe Punkt 4).
3. Medizinprodukte: Einfuhrbedingungen
Die Antigen-Schnelltests für Laien, die seit März 2021 allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt werden, zählen zu den In-Vitro-Diagnostika und sind damit als Medizinprodukt klassifiziert. Für den Import solcher Covid-Schnelltests gelten die nachstehenden Regelungen. Der Import ist zollfrei.
Die Einfuhr von Medizinprodukten ist grundsätzlich erlaubt. Die Einfuhrabgaben richten sich nach dem Zolltarif. Einführer müssen sicherstellen, dass die Waren den EU-Standards entsprechen. Die Konformität mit den geforderten Standards wird durch das CE-Kennzeichen bestätigt. Eine Zulassung und Registrierung muss vorliegen, damit die Produkte in Verkehr gebracht werden dürfen. Grundlegend ist hierfür die
Medizinprodukteverordnung (EU) 2017/745. Die für die Zulassung von Medizinprodukten zuständige Behörde in Deutschland ist das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).
Wenn Sie bereits in Deutschland ansässiger Importeur und Vertreiber für Medizinprodukte sind, reicht die CE-Kennzeichnung der Produkte oder die Sonderzulassung durch das BfArM aus, um die Medizinprodukte in Deutschland vertreiben zu dürfen.
Sind Sie bisher nicht als Importeur oder Vertreiber von Medizinprodukten in Deutschland registriert, müssen Sie dies über Informationssystem über Medizinprodukte des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMD) anzeigen. Die Anzeige erfolgt elektronisch. Das DIMD leitet die Anzeige an die zuständige Landesbehörde zur Registrierung weiter. Erst nach der Registrierung sind Sie befugt, Medizinprodukte in Deutschland zu vertreiben.
Zulassung von Medizinprodukten
Das BfArM informiert auf seiner Website über
Besonderheiten der Zulassung von Medizinprodukten und gibt Hinweise für Hersteller, Importeure und Vertreiber zur Sonderzulassung von medizinischen Atemschutzmasken und Antigen-Schnelltests im Zusammenhang mit dem Coronavirus.
4. Vereinfachtes Konformitätsverfahren während Corona-Krise
Sollte noch keine CE-Zertifizierung vorliegen oder Zweifel an der Echtheit bestehen, könnte während der Corona-Krise ein beschleunigtes Verfahren für die Konformitätsprüfung und Zulassung von Schutzausrüstung wie Atemmasken genutzt werden. Der Import setzt in diesem Fall die Durchführung eines Tests durch ein zertifiziertes Labor voraus.
Es gibt aktuell vier deutsche Prüfstellen
Die Marktzulassung erfolgt in diesem Fall temporär und unter Einschränkungen. Der Schnelltest belegt nur die Eignung als Schutz gegen das aktuelle SARS-COV2-Virus. Eine solchermaßen geprüfte Maske entspricht nicht dem FFP2-Standard und darf auch nicht als solche beworben werden.
Bei
„textilen Hygienartikeln für den privaten Gebrauch” entfallen die komplexen Anforderungen des EU-PSA- beziehungsweise Medizinprodukterechts. Es gilt das
Produktsicherheitsgesetz. Die Zuständigkeit für die Überwachung des Inverkehrbringens derartiger einfacher Masken (sog. Community Masks) liegt beim Regierungspräsidium Tübingen. Allerdings dürfen derartige Masken
keine CE-Kennzeichnung tragen und in der vom Hersteller zu definierenden Zweckbestimmung keine Schutzwirkung von Gefahren suggerieren. Auf dem Produkt oder der kleinsten Verpackung ist deutlich der Hinweis anzuführen, dass das Produkt keine persönliche Schutzausrüstung ist.
5. Import von Schutzausrüstung aus China
Die Bedingungen für die Verkehrsfähigkeit chinesischer Masken hat sich geändert. Liegen für diese keine CE-Zertifikate vor, dann genügt es nicht, dass die Masken in der VR China verkehrsfähig sind. Um die Ware importieren zu können, muss ein Schnelltest durch eines der dafür zertifizierten Labore durchgeführt werden (siehe Punkt 4).
Die Deutsch-Chinesische Auslandshandelskammer (AHK) informiert auf ihrer Website über die
Beschaffung von Schutzausrüstung aus China und bietet Hilfestellung, um damit verbundene Risiken zu vermeiden. Denn es sind nachweislich gefälschte Konformitätszertifikate im Umlauf. Eine
Übersicht verdächtiger Zertifikate hat die European Safety Federation (ESF) auf ihrer Website veröffentlicht.
6. Haftungsrechtliche Risiken beim Vertrieb
Insbesondere dann, wenn die Schutzmasken nicht in Vermittlungstätigkeit (z.B. als Handelsvertreter) sondern im Direktvertrieb auf den Markt gebracht werden, sollten Unternehmer sich der
haftungsrechtlichen Risiken bewusst sein. Diese treffen nämlich
in erster Linie den Inverkehrbringer der Schutzausrüstung und nicht den ursprünglichen Hersteller. Der Hersteller haftet grundsätzlich nur subsidiär und nur für deliktische Ansprüche aus Produkthaftungsrecht. Deren Geltendmachung scheitert zudem nicht selten daran, dass der Hersteller im Ausland ist und Ansprüche nur schwierig durchsetzbar sind.
Beim Vertrieb der Schutzausrüstung ist es deswegen sinnvoll, sich so gut wie möglich rechtlich abzusichern. Dies geschieht in erster Linie dadurch, dass die Produkte lediglich mit Eigenschaften beworben werden, welche diese auch tatsächlich aufweisen. Bestehen berechtigte Zweifel daran, dass die z.B. aus Asien importierten Gesichtsmasken einen FFP2-Schutz bieten, so sollten die Gesichtsmasken auch nur als bloße “Mund- und Nasen-Masken”, eventuell sogar nur als “Behelfsmundschutz” vertrieben werden. Importierte Schnelltests sollten lediglich mit Eigenschaften beworben werden, welche diese auch tatsächlich haben, beispielsweise zur Zuverlässigkeit des Ergebnisses. Wird hier etwas “beschönigt”, kann dies unter Umständen ein haftungsrechtliches Nachspiel haben. Vom Hersteller
zugesagte Produkteigenschaften sollten gewissenhaft überprüft und nicht ungesehen übernommen werden. Jegliche Produktbeschreibung kann nämlich im Einzelfall als rechtliche Zusicherung gewertet werden. Erfüllt der Schnelltest oder die Gesichtsmaske letztlich nachweislich nicht den versprochenen Schutz, so kann dies hohe schuldrechtliche und produkthaftungsrechtliche Ansprüche nach sich ziehen.
Vertiefte Informationen zu den allgemeinen Risiken des Produkthaftungsrecht bei internationalen Geschäften finden Sie (für den Zielmarkt USA) im Leitfaden zum
US-Produkthaftungsrecht.
7. Zuständige Behörden
Alle Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Import von Schutzausrüstungen oder Medizinprodukten und der Prüfung von entsprechenden Zertifikaten sowie Prüfberichten sind den fachlich und örtlich zuständigen Behörden vorbehalten. Die
Zuständigkeit für Baden-Württemberg liegt beim
Regierungspräsidium Tübingen. Die zuständigen Behörden außerhalb Baden-Württembergs können über ein
Online-Tool der Europäischen Kommission recherchiert werden.
Zu häufig auftretenden Fragen im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Tübingen, unter anderem zu der Beschaffung, der Einfuhr oder der Herstellung von Schutzausrüstung (insbesondere Atemschutzmasken/Gesichtsmasken und sonstigen vergleichbaren Schutzvorkehrungen), Antigen-Schnelltest sowie weiteren Themen im Bereich medizinischer und pharmazeutischer Angelegenheiten bietet eine FAQ-Sammlung Antworten.
Zu häufig auftretenden Fragen im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Tübingen, unter anderem zu der Beschaffung, der Einfuhr oder der Herstellung von Schutzausrüstung (insbesondere Atemschutzmasken/Gesichtsmasken und sonstigen vergleichbaren Schutzvorkehrungen), Antigen-Schnelltest sowie weiteren Themen im Bereich medizinischer und pharmazeutischer Angelegenheiten bietet eine FAQ-Sammlung Antworten.
8. Zollanmeldung mit ATLAS-Einfuhr
Schutzausrüstung und Medizinprodukte müssen über das elektronische Zollsystem ATLAS-Einfuhr angemeldet werden. Dafür benötigen Sie eine EORI-Nummer, die Sie gegenüber der Zollverwaltung eindeutig als Einführer der Ware identifiziert. Der Zoll informiert auf seiner Homepage über die
Registrierung für die EORI
Die Ware, die Sie importieren, wird in der Zollanmeldung mit einer elfstelligen Zolltarifnummer klassifiziert. Diese gibt auch Auskunft über die Höhe der Abgaben. Die Zolltarifnummern und die gültigen Zoll- und Steuersätze können Sie im elektronischen Zolltarif der deutschen Zollverwaltung
(EZT online) recherchieren.
Neue Zolltarifnummern für Schutzmasken
Seit 2. Oktober 2020 sind zusätzliche TARIC-Unterpositionen (neunte und zehnte Stelle der Zolltarifnummer) für Schutzmasken in Kraft. Damit ist eine differenzierte Einreihung möglich, je nach Filtereigenschaft der Masken. Ziel der neu geschaffenen Unterpositionen ist es, dass Schutzmasken schneller vom Zoll identifiziert und so Verzögerungen in der Abfertigung und in der Lieferkette vermieden werden können.
Die neuen Zolltarifnummern für Schutzmasken finden Sie im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 2020/1369
Die neuen Zolltarifnummern für Schutzmasken finden Sie im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 2020/1369
Unterlagencodierung in ATLAS
In ATLAS-Einfuhr steht folgende Unterlagencodierung zur Verfügung: 9DFA „Einfuhr von medizinischen Hilfsgütern aufgrund der Corona-Situation”(ATLAS-Info 0026/2020). Durch die Angabe der Codierung wird eine vorrangige Zollabfertigung dieser Güter möglich.
Bitte informieren Sie sich vor der Einfuhr bei der für sie zuständigen Marktüberwachungsbehörde über die Vorgänge. Hier erfahren Sie, wie das
Zusammenspiel von zuständigen Marktüberwachungsbehörden und dem Zoll bei der Einfuhr generell funktioniert.