Fachbereich Umwelt | Energie

EU-Kommission legt eine EU-Kunststoffstrategie vor

Brüssel, 17.01.2018
EU-Kommission legt am 16.01.2018 eine europäische Kunststoffstrategie vor
Mit einer umfassenden Strategie sollen bis 2030 alle Kunststoffverpackungen so gestaltet sein, dass sie recyclingfähig oder wiederverwendbar sind. Die Kommission wird die Rechtsvorschriften für das Inverkehrbringen von Verpackungen auf dem EU-Markt überarbeiten und ein anspruchsvolles Maßnahmenprogramm durchsetzen.
Die Europäische Kommission hat – wie bereits im Dezember letzten Jahres angekündigt - am 16.01.2018 eine „Europäische Strategie für Kunststoffe“ vorgelegt mit insbesondere nachfolgenden Dossiers:
  1. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft, s. Anlage 1
  2. Anhänge der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen, Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft, s. Anlage 2
  3. Fragen und Antworten: Eine europäische Strategie für Kunststoffe, s. Anlage 3
  4. Eurostat-Pressemitteilung: Wie kommt die EU im Hinblick auf die Kreislaufwirtschaft voran? S. Anlage 4
  5. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen  über die Umsetzung des Pakets zur Kreislaufwirtschaft: Optionen zur Regelung der Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht, s. Anlage 5.
Zum Hintergrund: Fragen und Antworten: Eine europäische Strategie für Kunststoffe (Anlage 3)
  1. Kunststoffe sind überall, aber zu viele davon werden nur einmal genutzt, bevor sie entsorgt werden in der Umwelt; die Wirtschaft verliert so eine wertvolle Ressource.
  2. Nur 5 % des Werts von Verpackungsmaterial aus Kunststoff verbleichen in der Wirtschaft, der Rest geht nach einer sehr kurzen Erstverwendung verloren. Die jährlichen Kosten belaufen sich auf 70 bis 150 Mrd. EUR.
  3. Die Kunststoffbranche in der EU beschäftigt 1,5 Mio. Menschen und erzielte im Jahr 2015 ein Umsatz von 340 Mrd. EUR.
  4. .In Europa entstehen jährlich Kunststoffabfälle in Höhe von rund 26 Mio. t.. Jedoch werden weniger als 30 % dieser Abfälle für das Recycling gesammelt. Ein erheblicher Teil davon wird nach außerhalb der EU verbracht, um in Drittländern behandelt zu werden, in denen unter Umständen andere Umweltstandards gelten. 70 % der Kunststoffabfälle wird auf Deponien gelagert oder verbrannt.
  5. Die Kunststoffstrategie wird es den Bürgern erleichtern, Kunststoffe zu erkennen, zu trennen, wiederzuverwenden und zu recyceln, und sie wird sie in die Lage versetzen, Entscheidungen über den Kauf und die Lebensführung zu treffen, die die Auswirkungen auf die Umwelt so gering wie möglich halten.
  6. Bis 2030 sollen in der Sortier- und Recyclingindustrie 200 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
  7. Bis 2030 sollten alle Kunststoffverpackungen so gestaltet sein, dass sie recyclingfähig oder wiederverwendbar sind. Entsprechend wird die Kommission die Rechtsvorschriften für das Inverkehrbringen von Verpackungen auf dem EU-Markt überarbeiten. Im Mittelpunkt dieser Überarbeitung wird die Definition des Konzepts des recyclingfreundlichen Designs" stehen.
  8. Die Kommission wird mit dem Europäischen Komitee für Normung und der Industrie zusammenarbeiten, um Qualitätsstandards für getrennte Kunststoffabfälle und recycelte Kunststoffe zu entwickeln.
  9. Bis 2025 sollen 10 Mio. Tonnen recycelte Kunststoffe in neuen Produkten verarbeitet werden.
  10. Diese Ziele erfordern Forschung und Innovation in mehreren Bereichen und damit erhebliche zusätzliche Investitionen. Bisher flossen mehr als 250 Mio. EUR aus Horizont 2020 in die Finanzierung von FuE in Bereichen, die für die Strategie von unmittelbarer Bedeutung sind. Bis 2020 werden zusätzliche 100 Mio. EUR zur Finanzierung vorrangiger Maßnahmen im Rahmen dieser Strategie bereitgestellt, u. a. für die Entwicklung intelligenterer und recyclingfähigerer Kunststoffe, für effizientere Recyclingverfahren und für die Beseitigung gefährlicher Stoffe und Kontaminanten aus recycelten Kunststoffen.
  11. Die Kommission wird harmonisierte Regeln für die Definition und Kennzeichnung kompostierbarer und biologisch abbaubarer Kunststoffe vorschlagen, damit die Verbraucher die richtige Wahl treffen können.
  12. .Ziel der Kommission ist es, das Recycling von Kunststoffen zu steigern und alle Kunststoffverpackungen bis 2030 wiederverwendbar oder recyclingfähig zu machen.
Zur KOM-Mitteilung: Eine europäische Strategie für Kunststoffe in der Kreislaufwirtschaft (Anlage 1) und den Anhängen (Anlage 2)
  1. Die Strategie enthält zentrale Verpflichtungen für Maßnahmen auf Ebene der EU. Die Privatwirtschaft sowie die nationalen und regionalen Behörden, die Städte und die Bürgerinnen und Bürger müssen jedoch ebenfalls tätig werden. Ebenso ist internationales Handeln erforderlich, um einen Wandel über die Grenzen Europas hinaus zu erreichen. Mit entschlossenen, konzertierten Anstrengungen kann Europa die Herausforderungen in Chancen verwandeln und ein Beispiel für entschiedenes Handeln auf globaler Ebene setzen.
  2. Dazu benötigt Europa ein strategisches Zukunftsbild, wie eine „kreislauforientierte“ Kunststoffwirtschaft in den kommenden Jahrzehnten aussehen könnte mit nachfolgenden Eckpunkten
Dazu muss ein Zukunftsbild einer neuen Kunststoffwirtschaft für Europa entwickelt werden mit u. a. nachfolgenden Schritten (s. Anhang):
  • Maßnahmen zur Verbesserung des Produktdesigns ab dem 1. Quartal 2018
  • Maßnahmen zur Verbesserung des Recyclinganteils ab dem 1. bis 3. Quartal 2018
  • Maßnahmen zur Verbesserung der getrennten Sammlung von Kunststoffabfällen in 2019
  • Maßnahmen zur Verringerung von Einwegkunststoffen, Untersuchungen sind in Gange
  • Maßnahmen zur Regelung des Eintrags von Abfällen in die Meere aus Quellen auf See ab 1. Quartal 2018
  • Maßnahmen für kompostierbare und biologisch abbaubare Kunststoffe ab 1. Quartal 2018
  • Maßnahmen zur Eindämmung der Umweltverschmutzung durch Mikroplastik, laufende Arbeiten
  • Maßnahmen zur Förderung von Investitionen und Innovationen innerhalb der Wertschöpfungskette, ab 2018 und in 2019
  • Maßnahmen zur Förderung der bilateralen Zusammenarbeit mit Drittländern, ab 2018.
Gleichzeitig weist Anhang II des Anhangs eine Liste der Maßnahmenempfehlungen für nationale Behörden und die Industrie aus mit u. a.:
  • bei öffentlichen Beschaffungsaufträgen wiederverwendbare Kunststoffe und Kunststoffrecyclate zu bevorzugen;
  • durchdachte Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung und/oder Pfandsysteme einzuführen;
  • Selbstverpflichtungen einzugehen (z. B. deutsche Handels-Vereinbarung zur kostenpflichtigen Abgabe von Kunststofftüten);
  • Pfandsysteme, insbesondere für Getränkeverpackungen, in Erwägung zu ziehen (in Deutschland besteht bereits ein Pfand auf Einweg- Getränkeverpackungen);
  • konkrete Schritte der Industrie zur Verbesserung des Dialogs und der Zusammenarbeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette unternehmen, insbesondere in Fragen des Materials und Produktdesigns;
  • Branchenvereinbarungen zur Verringerung der Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt aushandeln und umsetzen;
  • wirtschaftliche Instrumente besser nutzen, um insbesondere die Deponierung und Verbrennung von Kunststoffabfällen zu verteuern und das Recycling von Kunststoffabfällen und deren Vermeidung zu fördern;
In einem Anhang III werden Inhalte einer Selbstverpflichtungskampagne vorgeschlagen:
  • Ziel ist es, bis 2025 zehn Millionen Tonnen Kunststoffrecyclate zu neuen Produkten für den EU-Markt zu verarbeiten;
  • Interessierte Unternehmen und/oder Branchenvereinigungen können ihre Selbstverpflichtungen bis spätestens 30. Juni 2018 über die folgende E-Mail-Adresse mitteilen: GROW-ENV-RPLASTICS-PLEDGE@ec.europa.eu;
  • Die eingegangenen Selbstverpflichtungen werden auf einer speziellen Webseite veröffentlicht;
  • Die Kommission wird die eingegangenen Selbstverpflichtungen und ihren Gesamtbeitrag zu dem quantitativen Ziel gemäß Absatz 1 bis 31. Oktober 2018 prüfen.
Zur KOM-Mitteilung über eine Schnittstelle zwischen Chemikalien-, Produkt- und Abfallrecht (Anlage 5)
Folgende Ziele sollen erreicht werden:
  • Ermöglichung des Recyclings und Förderung der Verwendung von Sekundärrohstoffen durch Minimierung unnötiger Belastungen und Erleichterung des grenzüberschreitenden Verkehrs mit Sekundärrohstoffen, damit diese EU-weit problemlos gehandelt werden können und
  • Ersetzung besorgniserregender Stoffe und, soweit dies nicht möglich ist, Verringerung ihres Vorkommens und Verbesserung ihrer Nachweisbarkeit.
Vier zentrale Probleme müssen gelöst werden:
  1. Informationen über besorgniserregende Stoffe stehen Unternehmen, die Abfälle behandeln und für die Verwertung vorbereiten, nicht ohne Weiteres zur Verfügung. Ziel ist, dass allen Akteuren entlang der Lieferkette und letztlich auch den Abfallunternehmen angemessene Informationen über besorgniserregende Stoffe in Produkten zugänglich sind.Dazu soll die Faktengrundlage verbessert werden; die Ergebnisse einer Studie werden für Ende 2019 erwartet.
  2. Abfälle können Stoffe enthalten, die in neuen Produkten nicht mehr zulässig sind. Produkte, die heute legal hergestellt werden, können einen Stoff enthalten, der zu einem späteren Zeitpunkt möglicherweise verboten wird. Recycling muss leichter und die Verwendung von Sekundärrohstoffen besser werden, indem schadstofffreie Materialkreisläufe gefördert werden.
  3. Die EU-Vorschriften über das Ende der Abfalleigenschaft sind nicht vollständig harmonisiert, weshalb Unsicherheit darüber besteht, wie Abfall zu einem neuen Material und einem neuen Produkt wird. Damit Abfall nicht mehr als Abfall gewertet wird, muss er bestimmte Kriterien für das „Ende der Abfalleigenschaft“ erfüllen. Für bestimmte Abfallströme wurden solche Kriterien auf EU- oder nationaler Ebene festgelegt. Ein Geltungsbereich für diese Vorschriften fehlt jedoch, und es ist unklar, wie sie sie funktionieren. Es bedarf einer EU-weit einheitlicheren Auslegung und Umsetzung der Vorschriften über das Ende der Abfalleigenschaft.
  4. Die Vorschriften, auf deren Grundlage über die Gefährlichkeit von Abfällen und Chemikalien zu entscheiden ist, sind nicht gut abgestimmt und dies beeinflusst die Verwendung von Sekundärrohstoffen. Damit kann es zu Situationen kommen, in denen ein und dasselbe, einen gefährlichen Stoff enthaltende Material als gefährlich bzw. ungefährlich gilt, je nachdem, ob es sich um Abfall oder um ein Produkt handelt. Ziel ist es, mehr Kohärenz zwischen den Einstufungsvorschriften für Chemikalien und für Abfälle zu sorgen. Ein bald veröffentlichter Leitfaden für die Einstufung von Abfällen soll Abfallunternehmen und zuständige Behörden darin unterstützen, bei der Charakterisierung und Einstufung von Abfällen einheitlich vorzugehen.
Angestrebt wird, dass die zugesagten Maßnahmen auf einer soliden Faktengrundlage bis Ende der Amtszeit dieser Kommission im Jahr 2019 bereits auf dem Weg sind.
Quelle: DIHK (466813157)