Aus- und Weiterbildung

Zulassung zur Abschlussprüfung im Sonderfall (Externen-Prüfung)

Nachteil durch fehlenden Ausbildungsabschluss

Viele Menschen arbeiten ohne einen formalen Berufs- oder Studienabschluss. Oft ist das nachteilig, besonders für die berufliche Weiterentwicklung, bei einem geplanten Arbeitgeberwechsel oder bei (drohender) Arbeitslosigkeit.
Auch finanziell macht sich ein fehlender Berufsabschluss bemerkbar. Wer ohne Ausbildungsabschluss auf einer Fachkräftestelle arbeitet, verdient statistisch neun Prozent weniger als seine Kollegen mit einem Ausbildungszeugnis.

Wer kann an einer “Externen-Prüfung” teilnehmen?

An einer IHK-Abschlussprüfung kann man unter bestimmten Umständen teilnehmen, obwohl man keine Ausbildung absolviert hat. Diese sogenannte “Externen-Prüfung” regelt das Berufsbildungsgesetz (BBiG) in § 45 Absatz 2.
Die externe Prüfungsteilnahme wird bei der IHK beantragt, in deren Bezirk der/die Prüfungsinteressent/-in wohnt. Die IHK Hochrhein-Bodensee ist somit zuständig für Interessenten, die in den Landkreisen Konstanz, Lörrach oder Waldshut wohnen. Andere IHKs können über den IHK-Finder gesucht werden.
Notwendig ist eine sorgfältige Vorbereitung auf die externe Abschlussprüfung. Wer arbeitslos ist, kann die zuständige Arbeitsagentur oder das Jobcenter auf mögliche Vorbereitungskurse ansprechen.

Zulassungsvoraussetzungen

Voraussetzung für eine Zulassung zur Externen-Prüfung ist Erfahrungen in dem Beruf, in dem die Prüfung abgelegt werden soll. Welche Inhalte einen Ausbildungsberuf ausmachen, legt die jeweilige Ausbildungsordnung fest. Um die Zulassung zur Abschlussprüfung in dem gewählten Ausbildungsberuf zu erwerben, muss der Nachweis der Berufstätigkeit im Aufgabenbereich des Ausbildungsberufes erbracht werden:
  • Dauer der Berufstätigkeit:
    Zur Abschlussprüfung ist zuzulassen, wer mindestens das Eineinhalbfache der Zeit, die als reguläre Ausbildungsdauer vorgeschrieben ist, in dem Beruf tätig gewesen ist. Bei einer Regelausbildungsdauer von 3 bzw. 3,5 Jahren ist somit eine Berufstätigkeit von mindestens 4 Jahren und 6 Monaten bzw. 5 Jahren und 3 Monaten nachzuweisen. Bei Teilzeittätigkeiten verlängert sich die nachzuweisende Berufstätigkeit äquivalent zu einer Vollzeitbeschäftigung.
    Eine vorhergehende einschlägige Berufsausbildung in einem anderen Ausbildungsberuf kann auf die erforderlichen Zeiten der Berufstätigkeit angerechnet werden.
  • Art der Berufstätigkeit:
    Externe können grundsätzlich nur nach einschlägiger beruflicher Tätigkeit zur Prüfung zugelassen werden. Es sind Kenntnisse und Fertigkeiten des gesamten Berufsbildes nachzuweisen.

Nachweis von Berufserfahrung

Eine Entscheidung über die externe Prüfungszulassung erfolgt für jede/-n Antragsteller/-in individuell. Dafür benötigt die IHK möglichst aussagekräftige Informationen darüber, wie zeitlich und inhaltlich umfangreich die Berufserfahrung ist. Darüber hinaus sind Nachweise der Berufserfahrung erforderlich. Das können zum Beispiel sein:
  • Ausbildungs- und Arbeitszeugnisse
  • Arbeitsverträge
  • Tätigkeitsbescheinigungen
  • Referenzen
  • Zertifikate
  • Bescheinigungen der Agentur für Arbeit
  • Lohnbescheinigungen des Arbeitgebers
  • Gleichstellungsbescheinigung
  • Gutachterliche Stellungnahmen zuständiger Stellen
  • Selbstauskünfte
  • Stellenbeschreibungen
  • Sozialversicherungsnachweise
  • Gewerbeanmeldungen

Sonderfall: Prüfungen mit Bezug zu aktueller beruflicher Tätigkeit

Es gibt Abschlussprüfungen, die auf aktuelle berufliche Erfahrungen Bezug nehmen. Prüflinge müssen aus realen beruflichen Projekten Dokumentationen oder Reporte erstellen oder werden in einem Unternehmen an einer Maschine geprüft. Bei diesen Berufen kann die Teilnahme an der externen Prüfung schwierig oder sogar unmöglich sein, obwohl die Zulassung rechtlich möglich ist.
Beispiele sind die IT-Berufe (zum Beispiel Fachinformatiker/-in), Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzen, Industriekaufmann/-frau oder Maschinen- und Anlagenführer/-in. Wer in diesen Berufen extern geprüft werden möchte, muss das zuvor mit der IHK abstimmen.

Prüfungsgebühr

Die Teilnahme an der Externen-Prüfung (gem. §45 Abs. 2 BBiG) ist gebührenpflichtig. Die zum Zeitpunkt der Prüfung geltenden Gebühren sind der aktuellen Fassung des Gebührentarifs der IHK Hochrhein-Bodensee (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 292 KB) unter Abschnitt 2.1.4 zu entnehmen.

Kostenübernahme

Gebührenschuldner ist grundsätzlich der/die Prüfungsteilnehmer/-in. Falls der Gebührenbescheid an den Arbeitgeber oder einen anderen Kostenträger geschickt werden soll, ist das spätestens mit der Anmeldung zur Prüfung der zuständigen Prüfungskoordinatorin schriftlich mitzuteilen.
Falls keine schriftliche Aufforderung zur Kostenübernahme eingereicht wird, werden die externen Prüfungsteilnehmer/-innen als Selbstzahler geführt.‎ Eine nachträgliche Kostenübernahme kann nicht mehr vorgenommen werden.

Antrag auf Zulassung

Der Antrag auf Zulassung zur Abschlussprüfung im Sonderfall (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 134 KB) (gem. §45 Abs. 2 BBiG) kann gestellt werden, wenn mindestens die Hälfte der erforderlichen Zeit der Berufstätigkeit nachgewiesen werden kann. Eine Zulassung zur Abschlussprüfung unter Auflagen, wie z. B. dem Erwerb zusätzlicher Berufserfahrung im entsprechenden Berufsfeld bis zum Zeitpunkt der Prüfung, ist grundsätzlich möglich.
Das vollständig ausgefüllte und unterschriebene Antragsformular muss, zusammen mit den erforderlichen Nachweisen, per E-Mail oder per Post an die zuständige Prüfungskoordinatorin gesendet werden. Die Abschlussprüfungen finden in der Regel jeweils im Sommer und Winter statt. Anträge zur Sommerprüfung sollten der IHK bis Ende Dezember vorliegen, Anträge zur Winterprüfung bis Ende Juni.
Wichtiger Hinweis:
Zahlreiche Bildungsträger bieten Vorbereitungslehrgänge auf die so genannte "Externen-Prüfung" an. Es empfiehlt sich, die Zulassung zur Abschlussprüfung bei der zuständigen IHK vor Anmeldung zu einem Lehrgang prüfen zu lassen.

Möglichkeiten zur Prüfungsvorbereitung

Für die schriftlichen Prüfungsbereiche benötigen die externen Prüfungsteilnehmer/-innen umfangreiche Kenntnisse, die normalerweise überwiegend durch die Berufsschule - im Rahmen der regulären Ausbildung - vermittelt werden. Um diese Prüfungsbereiche bestehen zu können, müssen sich externe Prüfungsteilnehmer/-innen die erforderlichen Kenntnisse im Selbststudium aneignen. Nachfolgend sind einige Möglichkeiten aufgeführt, die dabei helfen können, diesen Part erfolgreich zu absolvieren.
  • Für einige ausgewählte Ausbildungsberufe bieten Bildungsträger Vorbereitungskurse an.
  • Nehmen Sie Kontakt mit der Berufsschule auf, an der der gewünschte Ausbildungsberuf beschult wird. Dort sind ggfs. Literaturlisten oder weitere prüfungsvorbereitende Tipps bekannt, die weiterhelfen können.
  • Bei Abschlussprüfungen, deren Aufgaben bundesweit erstellt werden, bieten einige Verlage alte Prüfungsaufgaben zum Kauf an - für industriell-technische Berufe bspw. unter www.christiani.de sowie für kaufmännischen und kaufmännisch-verwandten Berufe über den Grips Verlag. Weitere Hinweise sind bei der Aufgabenerstellungseinrichtung PAL zu finden.

Mögliche Alternative: Höhere Berufsbildung

Für Menschen, die schon einen Ausbildungsabschluss haben, im Laufe ihres Werdegangs aber den Beruf oder die Branche gewechselt haben, ist die Teilnahme an einer externen Ausbildungsprüfung nicht immer der sinnvollste Weg der beruflichen Weiterentwicklung oder des Wiedereinstiegs: Die Zulassung zu Prüfungen der höheren Berufsbildung ist oft möglich. Und ein Abschluss als Fachwirt/-in oder Meister/-in ist am Arbeitsmarkt noch stärker gefragt, als ein Ausbildungsabschluss.