IHKplus 06/2022

Einstieg in den deutschen Arbeitsmarkt

Als Folge des russischen Angriffskriegs kamen bisher schätzungsweise eine halbe Million Ukrainerinnen und Ukrainer nach Deutschland, darunter viele gut ausgebildete Frauen. Können sie auf dem deutschen Arbeitsmarkt rasch Fuß fassen?
Rund sechs Millionen Menschen verließen bis Mitte Mai die Ukraine als Folge des russischen Angriffskrieges, schätzt das UN-Flüchtlingskommissariat (UNHCR). In Deutschland wurden bislang nach Angaben des Mediendienstes Integration zwischen Ende Februar und Ende April 2022 mehr als 610.000 Personen aus der Ukraine im Ausländerzentralregister erfasst. Es lässt sich allerdings nicht genau sagen, wie viele Geflüchtete aus der Ukraine sich tatsächlich in Deutschland aufhalten, denn ukrainische Staatsbürgerinnen und -bürger dürfen ohne Visum in die EU einreisen und genießen Bewegungsfreiheit in und zwischen den EU-Mitgliedstaaten des Schengen-Raums. Was sich aber sagen lässt – dank einer Befragung des Bundesinnenministeriums unter rund 2.000 Geflüchteten: Rund vier von fünf sind Frauen. Ihr Durchschnittsalter liegt bei 38 Jahren – und 90 Prozent waren in der Ukraine berufstätig oder in einer Ausbildung. Über 40 Prozent wollen zunächst in Deutschland bleiben.
Damit lässt sich eine weitere Aussage treffen: Viele möchten auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß fassen. Damit könnten sie manchen Firmen helfen, den Fachkräftemangel zu mindern – zumindest dort, wo sich Sprachbarrieren überwinden lassen.

So finden Unternehmen und Geflüchtete zusammen

Wer wegen des Krieges in der Ukraine geflüchtet ist, genießt in Deutschland vorübergehenden Schutz. Bereits die sogenannte Fiktionsbescheinigung, ein vorläufiges Dokument über das Aufenthaltsrecht, erlaubt es, eine Arbeit auf zunehmen. Aufenthalt und Beschäftigung sind auf dieser Grundlage für bis zu zwei Jahren möglich. Im Anschluss kann eine Verlängerung des vorübergehenden Schutzes um ein weiteres Jahr beantragt werden – oder ein Wechsel in einen anderen Aufenthaltstitel. Möglich wäre Letzteres zum Beispiel, wenn sich die betreffende Person in einer Berufsausbildung oder beruflichen Weiterbildung befindet oder wenn sie Fachkraft mit in Deutschland anerkannter Berufsausbildung oder akademischer Ausbildung ist.
Mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde wird den Geflüchteten automatisch eine Identifikationsnummer des Bundeszentralamtes für Steuern zugewiesen. Sollte das noch nicht der Fall sein, können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten die voraussichtlichen Lohnsteuerabzugsmerkmale anwenden.
Wie interessierte Geflüchtete und Unternehmen zusammenfinden, darüber informiert das „Netzwerk Unternehmen integrieren Flüchtlinge“, eine Initiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK). Da die Sprachbarriere in vielen Fällen wohl die größte Hürde für eine Beschäftigung sein wird, informiert die Website auch darüber, wie Unternehmen beim Spracherwerb unterstützen können.

Erst-Check soll Berufseinstieg erleichtern

Die IHK Köln bietet interessierten Unternehmen und Geflüchteten Kontakt mit den sogenannten Willkommenslotsinnen an und unterstützt mit einer neuen Service-Leistung: dem Erstberatungs-Check zur Berufsqualifikation. Mit dieser „Standortbestimmung“ soll festgestellt werden, welches Berufs-Know-how die Geflüchteten mitbringen und mit welcher auf dem deutschen Arbeitsmarkt bekannten Qualifikation diese Kenntnisse vergleichbar sind.
Dazu werden im Rahmen einer Kurzberatung Informationen zu Berufsabschlüssen, Arbeitserfahrungen sowie Sprachkompetenzen aufgenommen. Eine erste Einschätzung mit Blick auf einen vergleichbaren deutschen Ausbildungsberuf ergänzt den Check. Das Beratungsergebnis kann Betrieben im Einstellungsprozess helfen, den Menschen aus der Ukraine eine gezieltere Stellenbewerbung zu ermöglichen.
Die neue Serviceleistung soll in einem nächsten Schritt allen Geflüchteten, unabhängig vom Herkunftsland, angeboten werden – vorausgesetzt, die grundsätzliche Möglichkeit und konkrete Absicht zur Aufnahme einer Beschäftigung liegt vor.
Anlaufstelle bei der IHK Köln ist die IHK-Anerkennungsberatung.