Going Circular

Kreislaufwirtschaft: Zentraler Baustein für den Umweltschutz

Kreislaufwirtschaft gewinnt immer größere Bedeutung, und das für alle produzierenden Unternehmen. Die Schonung von Ressourcen, die Reduzierung des Energieeinsatzes, der Schutz von Umwelt und Klima – die „Circular Economy“ ist ein zentraler Baustein zur Erreichung all dieser
globalen Ziele.
Text: Werner Grosch
Deshalb widmet sich die IHK Köln seit einigen Jahren verstärkt dem Thema, hat den Wettbewerb „Going Circular“ (siehe Infokasten) ins Leben gerufen und will mit einer großen Veranstaltung am 25. Januar (siehe Infokasten) noch mehr Aufmerksamkeit auf die Kreislaufwirtschaft lenken. „Die Möglichkeiten der Circular Economy bieten für viele Unternehmen nicht nur die Chance auf einen Imagegewinn, sondern auch auf konkrete Einsparungen bei Geld und Ressourcen. Außerdem erhöht der Green Deal, mit dem die EU bis 2050 komplett klimaneutral werden will, den Druck auf Unternehmen zu konkreten Maßnahmen“, erklärt Christian Vossler, Umwelt- und Energieexperte der IHK Köln.

Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer

Wie bedeutsam das Thema ist, zeigt schon der Blick auf den Aspekt Plastikmüll. Jedes Jahr landen nach Angaben des High Level Panels for a Sustainable Ocean Economy rund 15 Millionen Tonnen Abfall im Meer. Ein sehr großer Teil davon sind Kunststoffe, deren Produktion weltweit immer weiter ansteigt. Diese Kunststoffe im Kreislauf zu halten, ist ein zentrales Ziel. Und dabei spielt moderne Recyclingtechnik eine große Rolle. Die technischen Möglichkeiten für die Rückgewinnung und den Wiedereinsatz von Materialien haben sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelt.
Noch vor 15 Jahren wurde maschinell ausschließlich mittels Magnetismus, Dichteunterschieden oder Korngröße sortiert, hinzu kam die mühsame und langsame händische Sortierung. Heute, so erklärt Ingenieurin Naemi Denz, können durch die automatisierte Sensorsortierung höhere Reinheiten in schneller Geschwindigkeit erreicht werden. „Das Grundprinzip ist einfach: Der Abfall liegt auf einem Beschleunigungsband, das mit bis zu vier Metern pro Sekunde läuft. Über dem Band sind die Sensoren installiert, die den Abfall scannen, und kurze Zeit später werden die Zielmaterialien per Druckluft ausgeblasen“, sagt Naemi Denz, Mitglied im IHK-Ausschuss für Umwelt und Energie und Mitglied der Geschäftsleitung der Kölner Steinert GmbH, die Sortieranlagen produziert.
Entscheidend sind die Fähigkeiten der Sensoren, die sich immer mehr weiterentwickeln. Sie erkennen heute auch Farben, Formen und  materialspezifische Spektren. Und sogar Künstliche Intelligenz kommt heute bei der Müllsortierung zum Einsatz. Das System lernt dabei bestimmte Merkmale und fällt danach die Sortierentscheidung. „Man kann zum Beispiel einzelne Markenlogos anlernen und somit eine Sortierfraktion, die ausschließlich aus diesen Markenartikeln besteht, erhalten“, sagt Naemi Denz.

Abfall schon beim Rohstoffabbau vermeiden

Aber es geht nicht nur um Recycling, sondern ebenso um Vermeidung von Abfall und die Schonung von Ressourcen – darunter Rohstoffe, deren Abbau teils enorm aufwendig und umweltschädlich ist. Ein eindrucksvolles Beispiel dafür beschreibt Naemi Denz: „Gold ist ein wichtiges Material für die  Elektroindustrie und aufgrund der guten Leitfähigkeit beliebt für Leiterplatten und Mikrochips. Das heißt: Kein Smartphone, keine Fernbedienung, kein Auto, aber auch keine Maschine ohne Gold.“ Bei einer weltweiten jährlichen Goldgewinnung von bis zu 2.500 Tonnen Gold und einem Gehalt von 1,7 Gramm pro Tonne Gestein entstünden so etwa 1,5 Milliarden Tonnen Abraum. Dies entspricht dem Gewicht von etwa einer Milliarde Autos – fast so viele, wie weltweit auf den Straßen unterwegs sind.
Wenn die Abraummenge deutlich reduziert werden kann, ist das ein erheblicher Gewinn für die Umwelt, aber auch für die beteiligten Unternehmen. Möglich ist das durch die moderne Sensortechnik, die in der Kreislaufwirtschaft eine entscheidende Rolle spielt: „Mittels Sensorik kann das Gestein auf einen vorher definierten Mindestgoldgehalt gescannt werden und somit mehr Gold aus dem Gestein gewonnen werden. Sensorsortierung hilft also nicht nur bei der Erhöhung der Recyclingquote von Gold, sondern setzt ganz am Anfang des Prozesses an.“
Natürlich sind solche Technologien nicht die einzigen Themen der Kreislaufwirtschaft. Für ihre Veranstaltung im Januar plant die IHK Köln deshalb insgesamt sieben so genannte Barcamps zu Aspekten wie verändertes Kundenverhalten, neue Werkstoffe oder spezielle Herausforderungen in der Bauindustrie.

Kreislaufwirtschaft reduziert auch Abhängigkeiten

Ein weiterer Grund vor allem für produzierende Unternehmen, sich mit Circular Economy zu beschäftigen, ist übrigens die Sicherung der eigenen Lieferketten. Auch dafür ist Gold ein gutes Beispiel, denn Europa ist hier fast vollständig auf Importe angewiesen, und von denen kommt ein großer Teil aus Russland und China. Wer Handelsbarrieren oder politische Einflussnahmen umgehen will, sollte also die Abhängigkeit von den Importen so weit wie möglich reduzieren.
IHK-Veranstaltung und Wettbewerb

Circular Economy Exchange – Gemeinsam auf Entdeckungsreise ist der Titel der Veranstaltung der IHK Köln am 25. Januar 2022 von 15 bis 22 Uhr. Neben diversen Impulsvorträgen gibt es eine Reihe so genannter Barcamps, in denen einzelne Aspekte der Kreislaufwirtschaft diskutiert werden. Namhafte Expert:innen werden dafür Input geben. Die IHK Köln möchte mit der Veranstaltung sowohl bereits etablierte Unternehmen, aber besonders auch jüngere Unternehmer:innen ansprechen.

Die IHK Köln hat auch jüngst die zweite Auflage ihres Wettbewerbs Going Circular gestartet. Noch bis zum 28. Februar 2022 können sich Unternehmen, die sich besonders intensiv für die Kreislaufwirtschaft engagieren, um die Auszeichnung bewerben.

Kontakt

Christian Vossler
Energie und Umwelt