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11. Tag der Versicherungswirtschaft
In Nordhessen und der Region Marburg sind derzeit rund 2800 Versicherungsvermittler registriert, allein 2024 sind bisher etwa 180 hinzugekommen. In Nordhessen und der Region Marburg sind rund 2800 Versicherungsvermittler registriert. Beim Tag der Versicherungswirtschaft bot sich den Besucherinnen und Besuchern die Gelegenheit, sich über aktuelle Themen zu informieren und auszutauschen.
Eingeladen hatten die IHK, der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) Bezirksverband Kassel sowie das Berufsbildungswerks der Deutschen Versicherungswirtschaft in Nordhessen (BWV).
Die Gastgeber: (von links) Marko Stumpf (stellvertretender Vorsitzender BWV Nordhessen), Alexander Wild (Vorsitzender BVK-Bezirksverband Kassel), Melanie Amert (IHK), Harald Seibel (Vorsitzender BWV Nordhessen) Alexander Erpenbach (DEVK) und Oliver Stöhr (IHK Kassel-Marburg).
Nach der Begrüßung durch Harald Seibel, BWV-Vorsitzender und als ehemaliger Standortverantwortlicher der Sparkassenversicherung gleichzeitig Gastgeber des Branchentags, führte BVK-Bezirksvorsitzender Alexander Wild in das Programm ein. „Sich künftig versichern zu können, wird zum Luxus“, sagte Wild angesichts sich abzeichnender starker Anpassungen in vielen Sparten. Als Beispiel nannte er die Kfz Versicherung, welche eines der Kernthemen des Info-Tags war. Zu den weiteren gehörte die Künstliche Intelligenz (KI). Wild: „Befassen Sie sich bitte umgehend damit, unsere Branche wird sich durch KI deutlich verändern.“
Kfz-Versicherung im Wandel
Ein Bild vom „kranken Patienten Kfz-Versicherung“ zeichnete Referent Alexander Erpenbach, zuständiger Bereichsleiter bei der DEVK. Zwar sei das Prämienaufkommen 2023 in der Kfz-Sparte deutlich angestiegen, parallel dazu stiegen aber auch die Aufwendungen für Schadensregulierungen. „Der größte Verlustbringer ist die Vollkasko-Versicherung, die somit für einen operativen Verlust im gesamten Kfz-Bereich verantwortlich ist“, führte er aus. Die stark angestiegenen Schadenssummen machen die Versicherer an Preissteigerungen bei Löhnen und Ersatzteilpreisen in den Werkstätten fest.
Verluste teilweise hausgemacht
Die Verluste der Kfz-Sparte seien aber teilweise auch hausgemacht: Es herrsche ein harter Preiskampf, gilt die Kfz-Versicherung doch als Einstieg und Erstkontakt zu jungen Kunden. Laut Erpenbach sind die durchschnittlichen Kfz-Beiträge auf dem Niveau von 1997 – während in anderen Versicherungssparten Beitragserhöhungen hingenommen werden, reagieren Verbraucher bei Verteuerungen in der Kfz-Versicherung äußerst sensibel.
Die Kfz-Sparte schließen oder die Beiträge mindestens an die Inflation anpassen, nannte Erpenbach als mögliche Therapieansätze für den kränkelnden Patienten. Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht fordert mittlerweile immer vehementer, dass sich einzelne Sparten aus sich heraus tragen müssen, ohne Quersubventionierung aus anderen Versicherungsbereichen. Konsequenz daraus: Kurzfristig ist das nur durch Prämienanpassungen erreichbar.
Eine Maßnahme: Rabatte streichen
Aber auch seitens der Versicherer gebe es Mittel und Wege, um die Prämien nicht ins Unermessliche steigen zu lassen und die geforderte „schwarze Null“ zu erreichen: Prozesse verschlanken und effizienter gestalten sowie Anpassungen auf der Schadensseite, etwa durch das Streichen von bisher gewährten Rabatten für bestimmte Fahrzeugtypen. Werden all diese Maßnahmen konsequent und zeitnah umgesetzt, könne die Branche sogar ab 2026 die Gewinnzone erreichen.
Viel Potenzial sieht Erpenbach in der technischen Entwicklung. Nicht nur durch KI-optimierte Prozesse, sondern insbesondere durch erhobene Daten aus vernetzten Fahrzeugen. Daraus lasse sich eine intelligente Tarifpolitik entwickeln. Eventuell komme es aufgrund von KI-Einsatz bis hin zu autonomen Fahrzeugen gar zu weniger Schäden.
„Angesichts von 49 Millionen Pkw in Deutschland werden die Versicherungsnehmer nicht ausgehen“, sagte Erpenbach. Dennoch forderten anstehende Investitionen in die Digitalisierung und steigende Elementarschäden infolge des Klimawandels heraus. Allein seiner Gesellschaft hat ein Schadensereignis mit Hagel im Sommer 2023 nur in der Region Kassel 23,6 Millionen Euro gekostet. „Dennoch bin ich überzeugt, dass unsere Branche den Patienten gesund bekommt, wenn sie jetzt konsequent an allen Stellschrauben nachjustiert.“
Künstliche Intelligenz und datengetriebene Entscheidungen
Digitalisierung und Cybersicherheit waren weitere Themen, zu denen die Veranstalter Referenten eingeladen hatten. Künstliche Intelligenz ist auf dem Weg, die Versicherungsbranche nachhaltig zu verändern. Der Einsatz von Chat- und Voice-Bots in der Kundenbetreuung, die datenbasierte Personalisierung von Marketing-Kampagnen und Customer-Journeys, die Optimierung des Pricings und Underwritings durch neue Daten und ML-Methoden und die KI-Dunkelverarbeitung von Fotos und Dokumenten sind dabei nur einige, prominente Beispiele. Die Verankerung dieser neuen, datengetriebenen Arbeits- und Denkweisen in die ausgereiften und optimierten Prozesse einer etablierten Versicherung ist dabei eine große fachliche, technische, organisatorische und kulturelle Herausforderung, bietet dabei aber auch entsprechend große Potentiale. In seinem Vortrag berichtete Dr. Thomas Körzdörfer, Leiter der Abteilung
Data Analytics der HUK-Coburg, über Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Praxis des Data Analytics Programms der HUK-COBURG und sprach darüber, wie Mensch und KI in Zukunft zusammenarbeiten werden um aus den Daten der Versicherer echte Mehrwerte für Kundinnen und Kunden zu schaffen. Die positive Nachricht am Ende lautet: Keine Panik! Ähnlich wie die Einführung des Computers in die Arbeitswelt in den 70er Jahren wird auch KI in den nächsten Jahren zu weitreichenden Veränderungen in der Arbeitswelt führen. Menschliche Kreativität, Intelligenz und Empathie und auch zwischenmenschliche Beziehungen bleiben dennoch weiterhin essentiell. Menschen werden in Zukunft sicher anders arbeiten als heute, aber sie werden nicht durch die KI ersetzt, sondern mit der KI zusammenarbeiten und von ihr unterstützt.
Cybercrime und Cybersicherheit
Jedes Jahr verzeichnen wir in Deutschland zahlreiche Cyberangriffe. Die Wahrscheinlichkeit, Opfer eines Hackerangriffs zu werden, nimmt stetig zu. Cyberkriminelle nutzen dabei unterschiedliche Methoden: Schadsoftware (Malware) kann Computer oder Netzwerke infizieren, Daten stehlen und sabotieren. Phishing-Angriffe zielen darauf ab, vertrauliche Informationen oder Anmeldedaten zu erbeuten. Unzureichende Cybersicherheit kann erhebliche wirtschaftliche Risiken mit sich bringen. Daher ist es für jedes Unternehmen wichtig, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Enrico Becker vom Hessen CyberCompetenceCenter gab den Teilnehmenden einen Einblick, welche Gefahren im Cyberspace lauern. Er erläuterte die aktuelle Bedrohungslage, wer die Angreifer sind, welche Schwachstellen sie ausnutzen und wie man sich gegenüber Phishing-Mails, Ransomware oder CEO-Fraud besser aufstellen kann. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass Herr Becker den Teilnehmenden dieses wichtige Thema näherbringen konnte und sie zukünftig sensibler im Umgang mit dem Cyberspace sein werden.
Mit einem Imbiss nach Oktoberfest-Art klang der Tag der Versicherungswirtschaft aus.
Kontakt

Melanie Amert
Referentin Dienstleistungen
Team Unternehmensförderung