Gesamtverteidigung in Nordhessen und der Region Marburg
Die Gesamtverteidigung Deutschlands umfasst alle Maßnahmen, die Staat und Gesellschaft ergreifen, um die Widerstandsfähigkeit im Falle von Krisen oder militärischen Auseinandersetzungen sicherzustellen. Dabei spielen nicht nur die Bundeswehr, sondern auch zivile Akteure, Unternehmen und öffentliche Institutionen in Nordhessen und der Region Marburg eine zentrale Rolle.
Das bereits 1955 entwickelte und 2024 ergänzte Konzept der Gesamtverteidigung beruht auf vier tragenden Säulen:
- Die NATO und die ihr unterstellten Teilstreitkräfte der Bundeswehr
- Die bodenständige Landesverteidigung
- Die gemeinsam mit der NATO koordinierte Luftverteidigung
- Die vom Bundesinnenministerium koordinierte zivile Verteidigung
Die Rolle der Wirtschaft in Nordhessen und der Region Marburg
Die Wirtschaft in Nordhessen und in der Region Marburg, insbesondere die Unternehmen im IHK-Bezirk Kassel-Marburg, ist ein entscheidender Bestandteil bei der Vorbereitung und Bewältigung von Krisen. Produktions- und Lieferketten müssen widerstandsfähig gestaltet, kritische Infrastrukturen geschützt und die Grundversorgung auch im Krisenfall sichergestellt werden. Unternehmen müssen darauf vorbereitet sein, dass es im Ernstfall zu Einschränkungen und Herausforderungen kommen kann.
Daher sind regionale Vorsorge- und Notfallpläne sowie Maßnahmen wie:
- Business Continuity Management (BCM)
- Schutz vor hybriden Bedrohungen
- Schutz vor physischer Sabotage
für die Unternehmen in Nordhessen und der Region Marburg von besonderer Bedeutung.
Leistungsverpflichtungen im Kontext der Gesamtverteidigung
Im Krisen- oder Verteidigungsfall wird die öffentliche Hand auch in Nordhessen und der Region Marburg verstärkt auf die Unterstützung der regionalen Wirtschaft angewiesen sein. Unternehmen können durch die Bereitstellung wichtiger Dienstleistungen und Güter – beispielsweise in den Bereichen Logistik, Versorgung, IT-Sicherheit, Bau und Infrastruktur – eine tragende Rolle übernehmen.
Beispiele für die Zusammenarbeit zwischen Wirtschaft und öffentlicher Hand sind:
- Host Nation Support (HNS)
- Convoy Support Center (CSC)
- Leistungsverpflichtungen im Rahmen der gesamtstaatlichen Verteidigung
Host Nation Support (HNS) in Nordhessen und der Region Marburg
Der Host Nation Support beschreibt die Unterstützung ausländischer Streitkräfte durch das Gastland. Auch Nordhessen kann als wichtiger Transit- und Unterstützungsraum für Truppenbewegungen eine Rolle spielen. Dies umfasst:
- die Bereitstellung von Leistungen vor Ort für ausländische Truppen
- die Unterstützung eigener Truppen während des Transits durch andere Länder
- die Bereitstellung von Unterstützungsleistungen in Einsatzgebieten
Nordhessen und die Region Marburg als logistisches Drehkreuz, insbesondere mit der Verkehrsanbindung durch die A7, A44 und A49 sowie dem nahegelegenen Flughafen Kassel, ist strategisch für die Truppenversorgung und Truppenbewegungen relevant.
Convoy Support Center (CSC)
Convoy Support Center sind Sammel- und Rastplätze für marschierende Truppen, bei denen sowohl Menschen als auch Material versorgt werden. Diese CSC könnten in Nordhessen beispielsweise auf bestehenden militärischen Liegenschaften, zivil nutzbaren Logistikzentren oder an strategisch günstigen Rastplätzen eingerichtet werden. Für den Betrieb solcher CSC sind insbesondere zivile Behörden, Polizei, Hilfsorganisationen und lokale Unternehmen aus der Region erforderlich, die logistische Dienstleistungen, Verpflegung, Treibstoff oder Ersatzteile bereitstellen können.
Gesetzliche Grundlagen für Leistungsverpflichtungen
Im Verteidigungsfall kann die öffentliche Hand auf verschiedene gesetzliche Grundlagen zurückgreifen, um erforderliche Leistungen auch von Unternehmen in Nordhessen und der Region abzufordern. Dazu zählen unter anderem:
- Bundesleistungsgesetz
- Arbeitssicherstellungsgesetz
- Energiesicherungsgesetz
- Ernährungssicherstellungs- und -vorsorgegesetz
- Verkehrsleistungsgesetz
- Wassersicherstellungsgesetz
- Telekommunikationsgesetz
- Wirtschaftssicherstellungsgesetz
Diese Gesetze ermöglichen es, die Versorgung und notwendige Dienstleistungen auch unter Krisenbedingungen sicherzustellen.
Die IHK Kassel-Marburg als regionales Bindeglied
Die IHK Kassel-Marburg versteht sich als wichtiges Bindeglied zwischen Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung, Bundeswehr und regionaler Politik in Nordhessen. Die IHK bietet eine Plattform zum Informationsaustausch und zur Zusammenarbeit, um die Unternehmen frühzeitig für Themen der Gesamtverteidigung zu sensibilisieren.
Ziel der IHK Kassel-Marburg ist es,
- Unternehmen in Nordhessen über ihre mögliche Rolle und Pflichten in der Gesamtverteidigung zu informieren.
- den Dialog zwischen Wirtschaft, Bundeswehr, Katastrophenschutz und Politik aktiv zu fördern.
- zur gesamtgesellschaftlichen Resilienz in Nordhessen beizutragen.
Die IHK Kassel-Marburg unterstützt die regionalen Unternehmen dabei, Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen, interne Notfallpläne zu entwickeln und Netzwerke mit relevanten Akteuren der Gesamtverteidigung aufzubauen.