Aus Praktikum wird Quatrikum

Pilotprojekt: Zwei Wochen, vier Firmen

Um erste Einblicke in duale Ausbildungsberufe zu gewinnen, begaben sich 15 Schülerinnen und Schüler aus der Region Marburg im Januar innerhalb von zwei Wochen in vier Unternehmen. Das Pilotprojekt Quatrikum sei ein Erfolg gewesen, sagte Jörg Diehl, Geschäftsführer der Firma SW-MOTECH GmbH & Co. KG in Rauschenberg und einer der Ideengeber, bei der Abschlussveranstaltung im Februar in der Schule.
Ziel sei auch gewesen zu zeigen, „ob neben einem Studium nicht auch Karrieren zusammen mit den Unternehmen“ möglich seien. Die potenziellen Nachwuchskräfte hätten im Schnelldurchlauf verschiedene Unternehmen kennengelernt, berichtete Ulrich Müller, leitender Schulamtsdirektor am Staatlichen Schulamt für den Landkreis Marburg-Biedenkopf, der mit dem Unternehmer Udo Diehl gemeinsam das Projekt entwickelt und die Koordination zwischen Unternehmen und Schule übernommen hat.
Er beschrieb das Quatrikum als „echtes Gemeinschaftswerk“. Es zeige: Man müsse für eine interessante und attraktive Karriere nicht unbedingt nach Köln, München oder Berlin gehen, sondern könne diese auch in der Bildungsregion Marburg-Biedenkopf realisieren. Müller dankte den Schülerinnen und Schülern für deren Mut zur Teilnahme, den Unternehmen für die Bereitschaft, dieses Pilotprojekt umzusetzen und der IHK für die Unterstützung.
In einer Abschlusspräsentation stellten die vier Schülergruppen die Unternehmen vor und schilderten ihre Erfahrungen. Bei SW-MOTECH, einem Anbieter von Motorradzubehör, arbeiteten sie sich beispielsweise in Excel ein und simulierten in einem Workshop Verkaufsgespräche. Bei der Marburger Internetagentur tripuls erstellten sie die Website eines fiktiven Schwimmvereins, arbeiteten mit Photoshop und stellten durch Künstliche Intelligenz geschriebene Texte auf die Seite. Beim Optikunternehmen Schneider GmbH und Co. KG in Fronhausen arbeiteten die Quatrikanten mit Lasern und beschäftigten sich mit der Herstellung von Hochpräzisionslinsen. Während der Praktikumstage bei den Roth Werken in Dautphetal lernten sie Produktionsabläufe kennen und sprachen mit Beschäftigten aus verschiedenen Arbeitsbereichen.
„Wir wollen junge Leute für eine duale Ausbildung begeistern und zeigen, was es für Ausbildungsangebote gibt“, sagte Janna Peter, bei Schneider tätig im Bereich Human Resources, nach der Veranstaltung. „Es ging darum, dass die Schüler einen Eindruck bekommen, in welche Richtung es später gehen kann“, ergänzte Jens Karl, der beim Optikunternehmen die Ausbildung der Elektroniker verantwortet.

Möglichst viele Berufe und Karrierewege

Die Schülerinnen und Schüler sollten möglichst viele Berufe und Karrierewege kennenlernen, betonte Hartmut Heck, Leiter der Zentralen Ausbildung der Roth Werke. Der Geschäftsleiter selbst stand ihnen für Auskünfte zur Verfügung, Werkstudenten berichteten über ihre Berufswege.
Das Quatrikum habe „Sichtbarkeit“ gebracht, ergänzte der tripuls-Geschäftsführer Andreas W. Ditze. Noch habe die Firma genügend Auszubildende, doch die Babyboomer-Generation laufe aus: „Wir müssen vorbauen, das Gap muss geschlossen werden und dafür brauchen wir Sichtbarkeit.“ Ein Punkt sei, junge Menschen in der Region zu halten. Für die Jugendlichen sei von Vorteil gewesen, dass sie das Quatrikum in der Gruppe absolvieren konnten. Für das Unternehmen habe es allerdings einen beträchtlichen Aufwand bedeutet, sagte Ditze: „Es ist ein Invest.“

Zehntklässler stehen für 2024 bereit

An der Abschlussveranstaltung nahmen ebenfalls Schülerinnen und Schüler der aktuellen zehnten Klassen teil, die nächstes Jahr ein Quatrikum absolvieren könnten. Ob es eine Fortsetzung gibt, steht jedoch noch nicht fest – dies hängt unter anderem davon ab, wie viele Unternehmen zukünftig an diesem Format teilnehmen wollen.
Das „Quatrikum – 4 Unternehmen in 2 Wochen“ ist eine Initiative der regionalen Wirtschaft Marburgs in Kooperation mit der IHK-Geschäftsstelle Marburg, dem Staatlichen Schulamt Marburg-Biedenkopf und der Martin-Luther-Schule. 
Oskar Edelmann
Stellvertretender Hauptgeschäftsführer
Bereichsleiter Recht | Innovation und Umwelt | Justiziar