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Ausbildung sichert Fachkräfte
Am 7. November legten die Agentur für Arbeit Kassel, die HWK Kassel und die IHK Kassel-Marburg die Jahresbilanz 2022/2023 des Ausbildungsjahres vor. Ebenso teilten sie aktuelle Zahlen mit und beurteilten den Ausbildungsmarkt in der Region.
„Der nordhessische Ausbildungsmarkt ist nach wie vor davon gekennzeichnet, dass mehr offene Ausbildungsstellen registriert als interessierte Bewerber gemeldet sind“, kommentierte Michael Schubert, Geschäftsführer operativ der Arbeitsagentur Kassel, das Ausbildungsjahr 2022/2023.
Zwar gebe es minimal mehr interessierte Jugendliche als im Vorjahr, aber auch die offenen Ausbildungsstellen seien angestiegen. „Nichtsdestotrotz blieben rund 40 Prozent weniger Offerten der Unternehmen im jüngsten Ausbildungsjahr unbesetzt und bei den unversorgten Bewerbern habe sich zumindest eine gewisse Konstanz eingestellt“, stellte der Ausbildungsmarkt-Experte fest. Nach wie vor stünden die Ausbildungsbetriebe in starker Konkurrenz zueinander, ihren Fachkräftemangel mittelfristig über die Nachwuchsgewinnung zu kompensieren. Zwar seien die Einschränkungen durch die Pandemie mittlerweile überwunden, stattdessen aber als Spätfolge ein zunehmender Orientierungsbedarf der künftigen Berufsstarter auszumachen. Hinzu komme die Gruppe der NEETs, also derjenigen, die „Not in Education, Employment or Training“ (nicht in Ausbildung, Arbeit oder Schulung) sind: Sie seien äußerst schwierig zu erreichen. Auch der ungebrochene Trend zum Besuch weiterführender Schulen spiele eine Rolle.
Die Statistik präsentiert nach wie vor eine deutliche Diskrepanz zwischen gemeldeten Bewerbern und registrierten Ausbildungsstellen im abgelaufenen Berichtsjahr für den Agenturbezirk Kassel, der die Stadt Kassel, den Kreis Kassel und den Werra-Meißner-Kreis umfasst. So zeigt die aktuelle Bilanz 3322 betriebliche Ausbildungsplätze, 97 oder 3 % mehr als zum selben Zeitpunkt des Vorjahres. Parallel stieg die Anzahl der Ausbildungsplatzsuchenden nur leicht um 31 oder 1,1 % auf jetzt 2855 Personen. Am Ende gab es 126 unversorgte Bewerber (plus 7 oder 5,9 %).
Für die Stadt Kassel heißt das 1685 betriebliche Berufsausbildungsstellen (plus 149 bzw. 9,7 %) und 1240 Bewerber (plus 29 bzw. 2,4 %).
Im Kreis Kassel sind es 1078 Angebote von Ausbildungsbetrieben (minus 4 bzw. 0,4 %) und 1049 potentielle Berufsstarter (minus 34 bzw. 3,1 %).
Für den Werra-Meißner-Kreis zeigt die Jahresbilanz 559 Offerten heimischer Betriebe (minus 48 bzw. 7,9 %) gegenüber 566 Ausbildungsplatzsuchenden (plus 36 bzw. 6,8 %).
Die Top 5 der gemeldeten Ausbildungsplätze belegen Kaufmann/frau Einzelhandel (252), Verkäufer/in (197), Kaufmann/frau Büromanagement (142), Fachkraft Lagerlogistik (138) und Industriemechaniker/in (126). Seitens der Bewerber rangieren Kaufmann/frau Büromanagement vor Kfz-Mechatroniker/in – Pkw-Technik, Verkäufer/in, Medizinische/r Fachangestellte/r und Kaufmann/frau Einzelhandel auf der Beliebtheitsskala ganz oben.
IHK Kassel-Marburg: Mit einer Ausbildung erfolgreich starten
Im Jahr 2023 haben die Unternehmen im IHK-Bezirk Kassel-Marburg 4725 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das sind 272 Verträge mehr als im Vorjahreszeitraum, was einer Steigerung von 6,1 % entspricht. Hessenweit stieg die Zahl der Neuabschlüsse bei den IHKs um 5,1 %. Unterschiede gab es auch bei den einzelnen Berufsgruppen. Hier liegen die gewerblich-technischen Berufe mit einem Plus von 9,6 % an der Spitze. Die kaufmännischen Berufe kommen auf ein Plus von 3,7 %.
„Angesichts des herrschenden Fachkräftemangels, der anhaltend hohen Studierneigung und der Nachwirkungen der Corona-Krise sind diese Zahlen sehr vielversprechend“, kommentiert Dr. Thomas Fölsch, IHK-Bereichsleiter Aus- und Weiterbildung, die Ausbildungsbilanz 2023. Zudem müsse die Entwicklung vor dem Hintergrund der aktuellen, für viele Unternehmen schwierigen wirtschaftlichen Lage gesehen werden. Umso erfreulicher sei es, dass die prozentualen Zuwächse bei den Neuverträgen, vor allem im gewerblich-technischen Bereich, ihren positiven Trend fortsetzen.
Am Grundproblem ändert dies jedoch nichts: Nach wie vor gibt es nicht genügend potenzielle Auszubildende, die sich auf die offenen Lehrstellen bewerben. Langfristig wird diese Entwicklung den Fachkräftemangel weiter verschärfen. „Umso wichtiger ist es, jungen Menschen die Karrierechancen einer Ausbildung aufzuzeigen“, betont Dr. Fölsch. Und die seien heute besser denn je: „Die duale Ausbildung verbindet Theorie und Praxis auf optimale Weise. Die Auszubildenden bekommen in der Berufsschule genau die Werkzeuge und Methoden an die Hand, die sie im Betrieb sofort – oft noch in derselben Woche – anwenden können.“ Das erleichtere das Lernen im Vergleich zur reinen Theorie enorm.
Außerdem lernen die Auszubildenden genau das, was sie für ihren Job brauchen und bauen sich schon während der Ausbildung ein Netzwerk auf: „Das macht die Ausbildung zum derzeit effektivsten Karrierestart und befähigt junge Menschen frühzeitig, in Führungspositionen auf-zusteigen. Mit der richtigen Fort- und Weiterbildung klappt der Aufstieg im Beruf dann genauso gut wie bei Studierenden nach dem Studium – oft sogar schneller“, ist Dr. Fölsch überzeugt. Umso wichtiger sei es, die duale Ausbildung als konkurrenzfähige Alternative zum Studium sichtbarer zu machen: „Einen wichtigen Schritt in diese Richtung gehen wir zum Beispiel mit unserer bundesweiten DIHK-Azubimarketingkampagne“.
Ein Blick in die Zahlen der Neueintragungen in Stadt und Landkreis Kassel sowie Werra-Meißner-Kreis zeigt, wie sich die IHK-Berufe im Vergleich zum Vorjahr entwickelt haben:
● Stadt Kassel: Der Ausbildungsmarkt in Kassel verzeichnete ein leichtes Plus: 1170 (2022: 1132) neu eingetragene Ausbildungsverträge wurden für die Stadt Kassel registriert. Das Ergebnis zeigt ein Minus von 3,63 % (27 Verträge) bei den kaufmännischen Berufen und ein Plus von 16,71 % (65 Verträge) bei den gewerblich-technischen Berufen. Besonders positiv entwickelt haben sich die Bereiche Metall- und Elektrotechnik.
● Landkreis Kassel: Die IHK Kassel-Marburg registrierte für den Landkreis Kassel 707 neu eingetragene Ausbildungsverträge. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet dies einen Rückgang um 3 % bzw. 22 Verträge. Die Zahl der eingetragenen kaufmännischen Ausbildungsverträge ging um 12 Verträge zurück. Im gewerblich-technischen Bereich verzeichnete der Landkreis Kassel ein Minus von 10 Verträgen. Von den 707 Neueintragungen entfielen 397 (2022: 409) auf kaufmännische und 310 (2022: 320) auf gewerblich-technische Berufe. Sehr positiv entwickelte sich der Ausbildungsmarkt in der Elektrotechnik: Hier ist ein Plus von 9,4 % bei den Ausbildungsverträgen zu verzeichnen. In der Metalltechnik gibt es hingegen Rückgang von 6,5 %.
● Werra-Meißner-Kreis: Der Werra-Meißner-Kreis meldete 243 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge. Das sind genauso viele wie im Vorjahr. Davon entfallen 166 auf kaufmännische und 77 auf gewerblich-technische Berufe. Im Vergleich zum Vorjahr (2022: 163) stieg die Zahl der kaufmännischen Ausbildungsverträge um 3 Verträge. Im gewerblich-technischen Bereich verzeichnet der Kreis einen Rückgang um 3 Verträge (2022: 80).
Angesichts der Herausforderungen im Werra-Meißner-Kreis ist diese Entwicklung positiv zu betrachten, aber nicht erfreulich. Im Hinblick auf die zukunftsfähige Berufsschule und den Erhalt des Schulstandortes im Kreis konnten nicht in allen Branchen mehr Ausbildungsverträge registriert werden. Insbesondere in der Gastronomie ist leider nur ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Hier müssen weitere Anstrengungen unternommen werden.
Handwerkskammer: Ausbildung im Handwerk eröffnet vielfältige Karrierewege
„Die Verstärkung unserer Aktivtäten im Bereich der Berufsorientierung trägt langsam aber sicher Früchte“, freut sich Sabine Aue, Leiterin der Abteilung Berufsbildung bei der Handwerkskammer Kassel. So stieg die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zum Stichtag 30. September gut 9 %. Damit stieg die Zahl der jungen Menschen, die in diesem Jahr eine Ausbildung im Handwerk begonnen haben, von 2635 auf 2884, ein Plus von 249 Ausbildungsverträgen.
„Diese Entwicklung freut uns sehr, ist aber natürlich nur möglich, weil die Ausbildungsbereitschaft im Handwerk nach wie vor sehr hoch ist.“ Dafür sprächen auch die gut 240 offenen Ausbildungsplätze für dieses und das nächste Jahr, die in der Lehrstellenbörse der Kammer im Angebot sind. Die Handwerksbetriebe bräuchten dringender denn je Nachwuchs- und Fachkräfte, bewertete die Bildungsexpertin die aktuelle Ausbildungssituation im Handwerk.
Vor diesem Hintergrund hat die Kammer ihre Maßnahmen zur Berufsorientierung ausgeweitet: „Unsere Schulungen für Auszubildende zu Azubi-Botschaftern, die dann bei Schülerinnen und Schülern professionell und auf Augenhöhe für eine Ausbildung im Handwerk und ihren Ausbildungsbetrieb werben, werden sehr gut nachgefragt. Die eintägigen Seminare sind regelmäßig mehr als ausgebucht“, erklärt Aue. „Und auch der Azubi-Coach, eine Qualifizierung für Ausbilderinnen und Ausbilder, kommt gut bei den Betrieben an.“
Hinzu komme, dass die Kammer die Zusammenarbeit mit Schulen und dem Übergangsmanagement der Stadt Kassel weiter ausbaue und mit neuen, auch ungewöhnlichen Aktivitäten verstärke. So konnten auf der Veranstaltung „Meet & Greet – Handwerk und Übergangsmanagement“ Betriebe und Schulen direkt miteinander ins Gespräch kommen und ihre Berufsorientierungs- und Nachwuchswerbemaßnahmen koordinieren und aufeinander abstimmen. „Betriebe und Schulen waren von dieser Möglichkeit so begeistert, dass wir diese Veranstaltung bestimmt wiederholen werden“, so die Bildungsexpertin.
„Uns hilft natürlich auch, dass fast alle Zukunftsthemen auch Handwerksthemen sind“, führte Aue weiter aus. Als Beispiele nannte sie die Klimawende, inklusive E-Mobilität und Nachhaltigkeit, die Digitalisierung von Wohnungen und Häusern sowie die Schaffung barrierearmer Lebensräume für eine immer älter werdende Gesellschaft. „Eine Ausbildung im Handwerk bietet also die besten Karrierechancen, von der Qualifizierung und Spezialisierung zur dringend gesuchten Fachkraft, über ein Studium an einer Universität bis hin zur Meisterprüfung als Voraussetzung für den eigenen Betrieb.“
Hinzu komme, dass die Kammer die Zusammenarbeit mit Schulen und dem Übergangsmanagement der Stadt Kassel weiter ausbaue und mit neuen, auch ungewöhnlichen Aktivitäten verstärke. So konnten auf der Veranstaltung „Meet & Greet – Handwerk und Übergangsmanagement“ Betriebe und Schulen direkt miteinander ins Gespräch kommen und ihre Berufsorientierungs- und Nachwuchswerbemaßnahmen koordinieren und aufeinander abstimmen. „Betriebe und Schulen waren von dieser Möglichkeit so begeistert, dass wir diese Veranstaltung bestimmt wiederholen werden“, so die Bildungsexpertin.
„Uns hilft natürlich auch, dass fast alle Zukunftsthemen auch Handwerksthemen sind“, führte Aue weiter aus. Als Beispiele nannte sie die Klimawende, inklusive E-Mobilität und Nachhaltigkeit, die Digitalisierung von Wohnungen und Häusern sowie die Schaffung barrierearmer Lebensräume für eine immer älter werdende Gesellschaft. „Eine Ausbildung im Handwerk bietet also die besten Karrierechancen, von der Qualifizierung und Spezialisierung zur dringend gesuchten Fachkraft, über ein Studium an einer Universität bis hin zur Meisterprüfung als Voraussetzung für den eigenen Betrieb.“
Kontakt
Dr. Thomas Fölsch
Bereichsleiter Aus- und Weiterbildung