Zweiter Start-up Hack

Auszeichnung für clevere, klimafreundliche Konzepte

Während die Mächtigen der Welt um gemeinsame Klima-Ziele ringen, tüftelt man in der Region bereits an konkreten Lösungen. Beim zweiten Start-up Hack Nordhessen traten zwölf junge Teams an – mit dem Ziel, eine Fachjury mit cleveren, klimafreundlichen Geschäftsmodellen zu überzeugen. 
Zum Wettbewerb eingeladen hatten der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) Nordhessen, die Universität Kassel, die IHK Kassel-Marburg, der Science Park Kassel und viele regionale Unternehmen. 
In einer knappen Woche von der Geschäftsidee zum ausgereiften Konzept: Das klingt unmöglich, kann aber dank eines intensiven Coachings tatsächlich funktionieren, wie das kooperative Veranstaltungsformat eindrucksvoll zeigte. Denn der Start-up-Hack richtete sich ausdrücklich nicht nur an Gründer, deren Produkte oder Services schon weit entwickelt sind, sondern eben auch an Auszubildende, Studierende, Absolventen und Doktoranden, die Lust haben, mit nachhaltigen Konzepten die Zukunft zu gestalten. 

Vier Tage. Zwölf Teams. Sieben Minuten.

An vier Tagen trafen sich die zwölf Teams online mit erfahrenen Coaches und Gründern. Sie standen ihnen bei der Ideenfindung und Weiterentwicklung zur Seite, gaben individuelles Feedback und so manchen Insider-Tipp. Was ist innovativ an der Idee? Wo ist der Mehrwert für den Kunden und könnte das Konzept auch den Wirtschaftsstandort stärken? Einige Teilnehmende setzten sich zum ersten Mal mit solchen Fragen auseinander. Andere wiederum gingen bereits mit eigenen, fast fertigen Produkten ins Coaching. Im Bootcamp – so der treffende Name für diese Wettbewerbskategorie – sollten vor allem Konzepte optimiert werden. 
Gerade einmal sieben Minuten hatten die Teams abschließend Zeit, ihr fertiges Geschäftsmodell vor einer Fachjury zu präsentieren. „Sieben Minuten, um die Mission, die Vision, den Nutzen und den möglichen Markt vorzustellen“, erklärte Stefan Rötzel, Innovations- und Gründercoach im Science Park Kassel. Die Teams nutzten die kurze Zeit gut. Und die Bandbreite ihrer nachhaltigen Ideen war überraschend groß – vom klimafreundlichen Food-Bike, das schon bald bei Festivals zum Einsatz kommen könnte, über ein cleveres Mehrwegsystem für Lebensmittelverpackungen bis zur Würzsoße aus Biertreber, der bei der Bierherstellung übrigbleibt. Auch spannend: die Umnutzung von leerstehenden Gewerbeflächen zu nachhaltigen Übernachtungsmöglichkeiten. 

Beeindruckt von Qualität und Schnelligkeit

„Das gesamte Organisationsteam war beeindruckt von der Qualität der Pitches und der Schnelligkeit, mit der die Ideen weiterentwickelt wurden“, sagte Dr.-Ing. Tobias Heidrich von der IHK Kassel-Marburg, der auch Präsidiumsmitglied des VDI Nordhessen ist. Gemeinsam mit 17 weiteren Coaches begleitete er die Teilnehmenden teilweise von der ersten Idee bis zur Präsentation vor der Jury. Erfahrene Gründer und Mentoren von regionalen Unternehmen wirkten in dem Coaching-Netzwerk mit und gaben wertvolle Ratschläge. Heidrich:
„Oft haben die Teams bis spät in die Nacht an ihren Konzepten gearbeitet und innerhalb der kurzen Zeit sogar potenzielle Kunden befragt.“

Kühlanlagen: Energieverluste abstellen

Das trifft insbesondere auf das Team Cool Tech zu, das den Sieg im Bereich beste Newcomer holte. Die Idee von Alexander Bock, Jonas Meister, Jonas Bosmann und Wimmel Wick ist ebenso simpel wie genial: Sie wollen smarte Stromzähler entwickeln, die Energieverluste bei Kühlanlagen erkennen und abstellen. „60 Prozent des Energieverbrauchs von Discountern steckt in Kühlsystemen“, erklärten die vier kreativen Köpfe während ihrer Präsentation. Insbesondere offene Kühllösungen seien echte Energiefresser. Bei der Jury kam vor allem das hohe Engagement aller Teammitglieder gut an. „Das sind keine abstrakten Ausführungen. Sie waren vor Ort in den Märkten, haben anschauliche Beispiele eingeholt“, lobte Jury-Mitglied Prof. Dr.-Ing. Mark Junge, stellvertretender Vorsitzender des VDI Nordhessen und Geschäftsführer der Limón GmbH. Jetzt gelte es, die Idee zu konkretisieren.
Bei den Bootcamp-Teilnehmenden kam Surap, eine Ausgründung aus dem Center for Environmental Systems Research der Universität Kassel, auf den ersten Platz. Dr.-Ing. Husam Sameer, Dilan Glanz und Gerrit C. Herder überzeugten mit ihrer innovativen Ökobilanzierung von Gebäuden, die den ökologischen Fußabdruck von Neubauprojekten bereits im Entwurfsstadium berechnen und optimieren kann. Und was hat für die Jury den Ausschlag gegeben? „Zum einen war es die professionelle Präsentation. Zum anderen verfügt das Team über eine enorme Expertise, die in das Produkt geflossen ist“, erläuterte Carlo Velten von der Atlantic Ventures GmbH in Kassel die Entscheidung. 

Klimabilanzen speziell für Mittelständler 

Der Preis für die beste Team-Performance ging an Frederik Meissner, Inka Scheidt und Jannis Woiton, die sich erst bei der Veranstaltung kennenlernten und schnell zu einer Einheit zusammenwuchsen. Innerhalb weniger Tage entwickelten sie die „Klimabilanzen“ – ein Konzept, um die Nachhaltigkeit in der Wertschöpfungskette von kleinen und mittleren Unternehmen zu verbessern. Und dabei soll es nicht bleiben: Die Idee soll im Rahmen von zwei Master-Arbeiten an der Universität Kassel weitergeführt werden.
Die drei Gewinner-Teams können über ihren Preis übrigens selbst entscheiden: Sie haben zum Beispiel die Wahl zwischen finanzieller Unterstützung etwa für den Prototypenbau, intensivem Coaching, Co-Working oder Investorengesprächen. „Die Teilnehmenden haben unterschiedliche Herausforderungen“, weiß Stefan Rötzel. „Wir versuchen, sie gezielt und individuell zu fördern.“

Jetzt Teil eines Netzwerks

Aber auch die anderen Teams gehen nicht leer aus, wie Prof. Dr.-Ing. Jens Hesselbach, Fachgebietsleiter an der Universität Kassel und Vorsitzender des VDI Nordhessen, betonte: „Sie alle sind jetzt Teil unseres Netzwerks, und wer weiter an seiner Geschäftsidee arbeiten will, dem ist unsere Unterstützung sicher.“ Und noch ein Versprechen gab er den Teilnehmenden des Start-up-Hacks: Sobald es die Pandemielage zulasse, werde es eine Party geben, bei der sich alle Mitwirkenden auch „live“ über ihre Geschäftsmodelle austauschen können.