Konjunktur Herbst

Lage gut, Aussicht gedämpft

Dreimal im Jahr führt die IHK Kassel-Marburg eine Konjunkturumfrage bei IHK-Mitgliedern durch. Dabei werden Unternehmen quer durch alle Branchen nach ihrer Einschätzung zur aktuellen Geschäfts- und Ertragslage sowie ihren Erwartungen zum Beispiel bezüglich Exportentwicklung, Investitionen und Beschäftigung befragt.
Die Wirtschaft in Nordhessen und der Region Marburg gewann im Herbst nach den tiefen Einschnitten der vergangenen Umfragen wieder an Fahrt. Der IHK-Klimaindex, der gewichtete Faktor aus gegenwärtiger und zukünftiger Lagebeurteilung, stieg über alle Branchen hinweg auf 118 Punkte (Vorbericht 105,6 Punkte, Vorjahr 90,5 Punkte). Das zeigte die Konjunkturumfrage der IHK Kassel-Marburg zum Herbst, die vom 23. August bis 4. Oktober stattfand.
Nachdem die Corona-Pandemie für eineinhalb Jahre die wirtschaftliche Situation beherrscht hat, war nun eine Erholung zu verzeichnen. „Erstmals seit Beginn der Pandemie sehen auch Handel und Gastronomie wieder optimistischer in die Zukunft. Die Menschen holen nun nach, was sie während des Lockdowns vermisst haben. Besonders erfreulich ist, dass die konjunkturelle Lage sich in nahezu allen Branchen verbessert hat“, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Arnd Klein-Zirbes im Rahmen der Pressekonferenz zur Vorstellung der Ergebnisse. 40,3 Prozent der befragten Unternehmen bewerteten ihre aktuelle Lage als gut (Vorbericht 32,3 Prozent). Hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung waren die Unternehmen zurückhaltender. Rund jedes vierte Unternehmen rechnete mit einer weiteren konjunkturellen Erholung. 15 Prozent der Betriebe gingen von einer Eintrübung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung aus. Neben Einzelhandel mit 105,7 Punkten (Vorbericht 83,6 Punkte) und Gastronomie mit 128,9 Punkten (Vorbericht 26,1 Punkte) vermeldeten auch das Baugewerbe und das Verkehrsgewerbe verbesserte Werte zur Vorumfrage. Das Verkehrsgewerbe litt allerdings überdurchschnittlich unter dem Fachkräftemangel. Stabilisator der Konjunktur blieb die Industrie mit rund 124 Indexpunkten. Gleichwohl war der Index leicht zurückgegangen (Vorbericht rund 127 Punkte). Zusätzlich hatten die Investitionen und der Arbeitsmarkt an Schwung gewonnen.

Preissteigerungen und Lieferengpässe bremsen Erholung

„Wo Licht ist, gibt es auch Schatten“, kommentierte IHK-Vizepräsidentin Désirée Derin-Holzapfel, Geschäftsführerin der friedola 1888 GmbH, Meinhard-Frieda die Ergebnisse: „Gerade in der Industrie, aber zunehmend auch in anderen Branchen wird die Erholung durch Preissteigerungen für Rohstoffe sowie durch Unterbrechungen internationaler Lieferketten oder komplette Lieferausfälle zunehmend gebremst.“ Engpässe gebe es unter anderem in der Halbleiterbranche, bei den Automobilzulieferern und Vorleistungsgütern der chemischen Industrie. Bei den Rohstoffen waren laut der Umfrage erhebliche Preissteigerungen für Metalle, Mineralien, Kunststoffe sowie Holz festzustellen. Zwei von drei befragten Unternehmen sahen in den Energie- und Rohstoffpreisen aktuell das größte Risiko für die Konjunktur. Alle Befragten nannten weiterhin den Fachkräftemangel und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen als Risiko.
Viele Betriebe wiesen in der Umfrage auf einen notwendigen Bürokratieabbau hin. Die Bürokratiekosten eines mittelständischen Gastgewerbes sind nach einer aktuellen DIHK-Studie ähnlich hoch wie die Belastungen der Betriebe durch die Steuerzahlungen. „Rund 14 Stunden die Woche müssen wir uns bürokratischen Anforderungen stellen. Dabei lässt sich sicher mit einfachen Maßnahmen das Zeitbudget reduzieren“, sagte Lukas Frankfurth, Gastgeber des Parkhotels Emstaler Höhe in Bad Emstal-Sand. So könnten etwa die umständlichen Meldezettel in Hotels und Gaststätten ganz abgeschafft werden, weil sie nicht dabei helfen, die Kriminalität zu bekämpfen. Außerdem sollten Aufbewahrungsfristen verkürzt und aufwendige Dokumentationen vereinfacht und digitalisiert werden.
Die weitere Entwicklung der regionalen Konjunktur hänge nun stark vom weiteren Infektionsgeschehen und der Konsumlaune der Verbraucher kurz vor dem wichtigen Weihnachtsgeschäft ab. Die IHK-Organisation ging aktuell von einem Wirtschaftswachstum von 2,5 bis 3,0 Prozent für 2021 aus.
An der Konjunkturumfrage Herbst 2021 nahmen rund 300 Unternehmen teil.
Der gesamte Konjunkturbericht sowie die Berichte aus den Jahren 2020, 2019 und 2018 stehen unter www.ihk-kassel.de/konjunktur zur Verfügung.

Als einzige regionale Konjunkturanalyse sind die IHK-Konjunkturberichte eine wichtige Quelle für Informationen über den Wirtschaftsraum in Nordhessen und Marburg. 
Thomas Rudolff
Bereichsleiter Kommunikation | Informationstechnologie (IT)