Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl

Wirtschaft trifft Politik im Livestream

Die Bundestagswahl im September nahm die Wirtschaft in Nord-, Ost- und Mittelhessen am 31. August zum Anlass, um mit den regionalen Kandidaten zur Bundestagswahl ins Gespräch zu kommen. Ziel war es, ihnen mit auf den Weg zu geben, was aus ihrer Sicht wichtig ist, um den Standort zukunftsfest aufzustellen.
Zusätzlich konnten sich auch die Zuschauer des Livestreams während der Übertragung per Chat an der Veranstaltung beteiligen. Moderator des Abends war TV-Moderator Dr. Norbert Lehmann.
In dem unter Podiumsdiskussion zur Bundestagswahl 2021 auf YouTube auch jetzt noch öffentlich zugänglichen Livestream, der am 31. August von 18 bis 20 Uhr aufgezeichnet und gesendet wurde, befragten Julia Esterer (Präsidiumsmitglied der IHK Kassel-Marburg), Frank Dittmar (Präsident der HWK Kassel) und Karsten Stückrath (stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes, Arbeitgeberverband HESSENMETALL Nordhessen) die Politiker zum Bürokratieabbau, zur Situation der Innenstädte und des Handels nach Corona sowie zur Verkehrsinfrastruktur.
Ebenfalls als Veranstalter mit dabei waren die Wirtschaftsjunioren Kassel, für sie machten Christoph Steinbach die Bereiche Start-up, Innovation und Gründung zum Thema. Antworten gaben Michael Aufenanger (CDU), Timon Gremmels (SPD), Jürgen Lenders (FDP), Boris Mijatovic (Die Grünen), Stephanie Schury (Die Linke) und Albrecht Glaser (AfD). 

Mit mehr Klimaneutralität Vertrauen schaffen

So setzte IHK-Präsidiumsmitglied Julia Esterer die Klimapolitik auf die Agenda. Die Geschäftsführerin der Dr.-Ing. Ulrich Esterer GmbH & Co. Fahrzeugaufbauten und Anlagen KG in Helsa hob hervor, dass bei vielen zunehmend Unsicherheit um sich greife: „Das gilt für Unternehmen des städtischen stationären Einzelhandels ebenso wie für Industriebetriebe.“ Politik müsse in Zeiten der Corona-Krise und der intensiven Diskussion um den richtigen Weg hin zu mehr Klimaneutralität Vertrauen schaffen. „Es geht um ein gutes Miteinander von Wirtschaft und Politik statt eines Gegeneinanders“, betonte Esterer. „Als Unternehmerin sage ich: Nur wenn die politischen Rahmenbedingungen stimmen, können Unternehmen Steuern für das Gemeinwohl erwirtschaften.“

Was Unternehmertum hemmt

Dass überbordende Bürokratie Dynamik und Wachstum ausbremse, kritisierte Frank Dittmar, Präsident der Handwerkskammer (HWK) Kassel. „Schon vor der Pandemie mussten Betriebsinhaber einen erheblichen Teil ihrer Zeit für die Umsetzung staatlicher Vorgaben und deren Dokumentation nutzen, statt sie in ihre Unternehmen investieren zu können.“ Die Belastung durch Bürokratie sei so hoch, dass sie junge Menschen davon abhalte, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen, insbesondere bei Unternehmensnachfolgen. Der HWK-Präsident: „Deshalb muss sich dringend etwas ändern.“

Wo mehr Flexibilität erforderlich ist

Dass mehr Flexibilität bei Arbeitszeiten, Befristungen und Arbeitsverträgen notwendig sei, mahnte Karsten Stückrath an. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Arbeitgeberverbands HESSENMETALL Nordhessen und Geschäftsführer der ARVOS GmbH Schmidtsche Schack schilderte, dass infolge der Corona-Pandemie Unternehmen mit Hochdruck auf geänderte Bedarfe reagiert und ihre Arbeitsprozesse mit enormer Geschwindigkeit angepasst und gewandelt haben. „Aber die unternehmerische Freiheit leidet unter den immer stärkeren Eingriffen der Politik, zum Beispiel bei Themen wie der sachgrundlosen Befristung, Werkverträgen und Homeoffice“, sagte Stückrath. Um für die anstehenden betrieblichen Transformationsprozesse gewappnet zu sein und bei der Digitalisierung Schritt halten zu können, brauche es mehr Flexibilität in der Arbeitswelt. Stückrath: „Zeitarbeit, Befristung und Minijobs sind für die Wirtschaft wichtig, um auf saisonale oder konjunkturelle Schwankungen reagieren zu können.“

Was Existenzgründern weiterhilft

Als Stimme der jungen Unternehmer ist den Wirtschaftsjunioren Kassel vor allem der Aufbau einer gründerfreundlichen Infrastruktur in der Region wichtig. Sprecher Christoph Steinbach: „Dazu gehören deutlich weniger Bürokratie im Gründungsprozess, pragmatische Förderprogramme mit geringen Zugangshürden, ein gründerfreundliches Mindset der gesamten Region und eine Politik, die sich für ein innovatives Start-up-Ökosystem Nordhessen starkmacht.“ Zwar seien die Voraussetzungen mit einer guten Uni, einer starken Industrie und einer guten Verkehrsanbindung Kassels bestens. „Doch warum sind uns Regionen wie Karlsruhe mit dem Cyberforum, Mannheim/Ludwigshafen mit dem Digitalhub Rhein-Neckar und Osnabrück mit dem Seedhouse weit voraus?“, fragte Steinbach. „Und was wollen unsere nordhessischen Vertreter im Bundestag dafür tun, dass Kassel bald in einer ähnlichen Liga spielt?“

Stimmen aus der Wirtschaft

Als Stimmen aus der Wirtschaft kamen Dr. Anne Fenge (Hermanns AG, Kassel), Katharina Koch (Landfleischerei Koch, Calden) und Julia Pohl (Horn & Bauer, Schwalmstadt) in kurzen Einspielern zu Wort. Die drei Unternehmerinnen berichteten über ihre betrieblichen Erfahrungen und brachten die Themen Arbeitsmarktflexibilisierung, Fachkräftesicherung und die digitale Infrastruktur in die Diskussion mit den Vertretern der Parteien ein.