Mit Innovation und Strategie Zukunft sichern

Wie lassen sich die Transformation der Energiewirtschaft und die Versorgungssicherheit realisieren, um den Industriestandort wettbewerbsfähig zu halten? Darüber diskutierte der IHK-Industrieausschuss im März im Kraftwerk Kassel. Während der Sitzung des IHK-Industrieausschusses im Kraftwerk Kassel im März tauschten sich Branchenvertreter und Experten aus der Energiewirtschaft dazu aus.
Prof. Dr. Markus Pfuhl, Vorsitzender des Ausschusses, mahnte eine Absenkung der Energiepreise auf ein europäisches Niveau an, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen zu sichern: „Ohne diese Angleichung drohen erhebliche Nachteile gegenüber anderen EU-Staaten.“ Besonders die energieintensiven Branchen leiden unter hohen Kosten und benötigen dringend Anpassungen der Preise.
Mitglieder des Industrieausschusses der IHK Kassel-Marburg
Carsten Harkner, Geschäftsführer der Kasseler Verkehrs- und Versorgungsbetriebe, stellte als Gastgeber die Geschäftsfelder des kommunalen Unternehmens vor. Von Strom und Wärme, Glasfasernetzen, Energielösungen für Gewerbekunden bis zu Mobilität und öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) reicht das Angebot der Gruppe. Das Motto lautet: „Wir halten Kassel am Laufen“. Dr. Gudrun Stieglitz, technische Geschäftsführerin der Städtischen Werke Energie und Wärme, führte die Unternehmerinnen und Unternehmer durch das Kraftwerk und gab interessante Einblicke in die Stromerzeugung. Der Ausstieg aus der Braunkohleverstromung ist in Kassel auf der Zielgeraden, wesentliche Energieträger an der Dennhäuser Straße sind Klärschlamm und Altholz.

Direktliefermodelle versus Lieferverträge

Markus Jungermann, Leiter Erneuerbare Energien bei den Städtischen Werken und Geschäftsführer der Stadtwerke Union Nordhessen (SUN), stellte innovative Konzepte zur Stromversorgung vor, darunter Direktliefermodelle für Wind- und Solarenergie. Diese Modelle ermöglichen es Unternehmen, Strom direkt von Erzeugungsanlagen zu beziehen, wodurch teilweise Umlagen wie beispielsweise Netzentgelte entfallen. Besonders für die Industrie können sich daraus Einsparpotenziale ergeben. Allerdings, so Jungermann, sei immer eine ganzheitliche Betrachtung der individuellen Bedürfnisse und örtlichen Voraussetzungen geboten. Der Ausbau von Speicherkapazitäten und die Möglichkeit des bidirektionalen Ladens, wodurch sich Elektrofahrzeuge in das Energiesystem integrieren lassen, waren weitere Aspekte des Vortrags. Solche Lösungen tragen nicht nur zur Netzstabilität bei, sondern können langfristig auch Kosten senken. Ab 2027 wird zudem die nationale CO2-Abgabe auf Erdgas, Benzin, Diesel und Heizöl von einem europäischen Emissionshandelssystem abgelöst, was unkalkulierbare Auswirkungen auf die künftige Preisentwicklung nach sich zieht.

Den schlafenden Wärme-Riesen wecken

Sven Blöcher und Andreas Sauerborn von der Viessmann Deutschland GmbH stellten Lösungen zur nachhaltigen Wärmeversorgung für Unternehmen vor. Sie betonten, dass solche Energiesysteme individuell betrachtet und geplant werden müssen, wobei die Wirtschaftlichkeit stets im Fokus ist. Über großes, ungenutztes Potenzial verfügen viele Industriebetriebe in der Abwärmenutzung – oft ein „schlafender Riese“. Durch innovative Technologien wie Eisspeicher können Betriebe ihre Energiekosten senken und gleichzeitig zur Stabilisierung der Netze beitragen. Die Kombination aus verschiedenen Erzeugungs- und Speichertechnologien spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Wirtschaft in zivile Verteidigung einbinden

Maximilian Hanz vom Hessischen Industrie- und Handelskammertag (HIHK) erläuterte, wie sich der HIHK in politischen Gesprächen für eine wirtschaftsfreundliche Energiepolitik einsetzt und damit zur Planungssicherheit für Unternehmen beiträgt. Aus einer Stromstudie für Hessen, die aktuell im Auftrag der IHK-Organisation erstellt wird, stehen erste Ergebnisse zur Verfügung, diese dienen bereits im politischen Dialog als Argumentationsgrundlage. Parallel dazu setzt sich der HIHK auf Bundesebene für zusätzliche Haushaltsmittel für Hessen ein. Ebenso thematisiert wird die Frage, wie sich die Wirtschaft in die zivile Verteidigung einbinden lässt.

Die Mitglieder des Industrieausschusses waren sich einig: Die richtige Kombination aus technologischem Fortschritt, politischer Weichenstellung und wirtschaftlicher Tragfähigkeit wird am Ende über den Erfolg der Energiewende entscheiden.

Oskar Edelmann
Stellvertretender Hauptgeschäftsführer
Bereichsleiter Recht | Innovation und Umwelt | Justiziar