IHK-Regionalversammlung Marburg tagt bei DIWAN-Marburg Akademie

Zur ihrer Sommersitzung am 24. Juni tagte die IHK-Regionalversammlung Marburg bei der DIWAN-Marburg Akademie. Gegründet 2011 als Sprachschule mit einem Kurs, besuchen heute bis zu 300 Teilnehmende täglich in Marburg und Bonn den Unterricht.
„Wir sind eine Miniatur der Welt, weil wir Teilnehmende aus aller Welt haben“, sagte Geschäftsführerin Mohaddeseh Kamranazad. DIWAN hilft auch bei der Akquise und Integration von ausländischen Azubis und Fachkräften. Denn Kamranazad weiß, mit welchen – vor allem bürokratischen – Hürden Unternehmen und ausländische Mitarbeitende gleichermaßen zu kämpfen haben.
Ein Beispiel dieser überbordenden Bürokratie zeigte Dennis Will, Geschäftsführer der FKR-Holding, auf: Seit zwei Jahren versucht er, auf dem OBI-Gelände im Marburger Kaufpark Schnellladesäulen zu errichten. „Aber ohne Erfolg.“ Der ideale Standort für die Ladesäulen sei in der Grünfläche – doch die durfte nicht versiegelt werden. „Also sollten die Säulen auf die Parkflächen. Doch dann hätten wir die Parkplatzsatzung unterschritten“, so Will. An der Stelle, an der die Trafostation geplant war, stehe ein Baum mit Bestandsschutz. „Wir wollten ihn dort aus- und woanders wieder einpflanzen. Das wurde uns untersagt, da der Baum genau an der jetzigen Stelle Bestandsschutz hat.“ Das Ergebnis: erhebliche Verzögerungen und Mehraufwand. Bei anderen Märkten gab es diese Probleme nicht; „da sind die erforderlichen Genehmigungen bereits erteilt, die Inbetriebnahme erfolgt teilweise noch in diesem Jahr. Wie, ob und wann es in Marburg weitergeht, bleibt spannend.“
Ein weiteres Reizthema: der Verkehr in der Universitätsstadt. „Auf der zentralen Achse durch die gesamte Stadt ist Tempo 30 geplant“, erläuterte der Regionalversammlungsvorsitzende Udo Diehl. Eine unmittelbare Gefährdung sei nicht sichtbar, noch dazu könne auf diesen Straßen zu Stoßzeiten ohnehin nur langsam gefahren werden. „Das ist MoVe 35 durch die Hintertür“, bemängelte Diehl. Die Regionalversammlung votierte gegen die geplante Tempo-30-Regelung und forderte eine frühzeitige Einbindung in relevante Gremien. Immerhin gab es eine positive Entwicklung: Die von der Regionalversammlung kritisierte Anliegerregelung beim Umbau der Leopold-Lucas-Straße für den motorisierten Verkehr, die praktisch einer Durchfahrtsbeschränkung gleichgekommen wäre, ist mittlerweile vom Tisch.

Nicht irgendwie Geld in die Kassen spülen

Sorgen bereiten den Wirtschaftsvertretern potenzielle kommunale Steuererhöhungen. Angesichts eines strukturellen Defizits von 40 Millionen Euro pro Jahr und schwindender Rücklagen drohen in Marburg eine weitere Erhöhung der Gewerbesteuer sowie die Einführung von Betten- oder Verpackungssteuer. Die Vollversammlung hatte bereits das Positionspapier „Kommunale Steuern mit Maß“ verabschiedet, das diese Entwicklung stoppen und stattdessen kooperative Lösungen mit der Politik suchen soll. „Wir müssen in den Kommunen kundtun, dass es nicht der Weg sein kann, Bagatellsteuern zu erheben, um irgendwie Geld in die Kassen zu spülen“, betonte Dr. Arnd Klein-Zirbes, Hauptgeschäftsführer der IHK Kassel-Marburg. Bei dem enormen Defizit in Marburg seien dies für den Haushalt ohnehin nur „geringfügige Beträge, die unsere Wirtschaft aber stark belasten“. Anstatt diese Haushaltsdefizite durch Steuer erhöhungen oder durch Einführung neuer zusätzlicher Abgaben zu kompensieren, sollten die Städte und Gemeinden Haushaltsdefiziten mit Einsparungen begegnen.

Eine übergeordnete Strategie fehlt

Insgesamt wurde deutlich, dass Vertreter der Wirtschaft bei städtischen Prozessen, wie etwa der aktuellen CIMA-Studie zur Zukunft des Marburger Einzelhandels, nur in begrenztem Maße einbezogen werden. Vor diesem Hintergrund wurde, wie bereits im Fall der Leopold-Lucas-Straße, erneut betont, wie wichtig es ist, die Wirtschaft frühzeitig und umfassend in städtische Planungen und Entscheidungsprozesse einzubinden. Nur so können nachvollziehbare und tragfähige Lösungen entstehen. Insgesamt fehle es derzeit an einer übergeordneten, schlüssigen Strategie, die wirtschaftliches Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit stärkt.
Die Regionalversammlung beschloss zudem, das Projekt „Heimat shoppen“ in Marburg und das Start-up-Event „Futur@“ mit je 2000 Euro zu unterstützen.