Mehr Frauenpower für technische Berufe gefragt

Wie lassen sich mehr Mädchen und Frauen für MINT-Berufe begeistern? Dieser Frage ging das Netzwerktreffen des MINT-Forums Nordhessen am 3. Juli bei der Daimler Truck AG in Kassel nach.
Technische Berufe sind noch immer eine Männerdomäne. Das spiegelt sich nicht nur in statistischen Erhebungen wider, sondern konkret auch bei den Ausbildungszahlen der Daimler Truck AG in Kassel. „Wir wollen den Anteil von Frauen in technischen Berufen steigern“, sagte Gastgeber und Ausbildungsleiter Lars Bruchhäuser, der zugleich den alternierenden Vorsitz des IHK-Berufsbildungsausschusses innehat. Auf diesem Weg bilde eine Quote von etwa 20 Prozent ein erstes Ziel. Auf Basis vieler Bemühungen, Mädchen schon früh für technische Berufe zu begeistern, sei dieser Wert beinahe erreicht.
Beim Netzwerktreffen, zu dem das MINT-Forum Nordhessen – MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – diesmal bei Daimler Truck eingeladen hatte, gab Bruchhäuser einen interessanten Einblick in die Ausbildungsmöglichkeiten in dem Unternehmen, das Achssysteme für Transporter, Lkw und Busse – auch mit elektrischem Antrieb – produziert. Gleichzeitig lieferte die Veranstaltung, die unter dem Motto „MINT-Ausbildung im Blick“ stand und eine Führung durch die Ausbildungswerkstatt umfasste, zahlreiche Impulse für einen Austausch zwischen Ausbildungspartnern, Fachkräften und interessierten Gästen.
Circa 50 junge Menschen beginnen jedes Jahr eine Berufsausbildung oder ein duales Studium bei der Daimler Truck AG in Kassel. Möglich ist eine Lehre in einem kaufmännischen und zwei technischen Berufen, hinzu kommen die dualen Studiengänge Elektrotechnik, Mechatronik und Wirtschaftsingenieurwesen. Dass eine Karriere in diesem Bereich auch für Frauen reizvoll sein kann, machten diejenigen deutlich, die es am besten wissen müssen: Im Gespräch mit Roswitha Wöllenstein, MINT-Koordinatorin bei der IHK, berichteten zwei weibliche Auszubildende, eine dual Studierende und eine Ausbildungsmeisterin von ihren Erfahrungen – von ihrer persönlichen Motivation und Karriereaussichten, aber auch von scheinbaren Vorurteilen gegenüber Frauen in technischen Berufen.
„Oft machen wir Frauen uns selbst zu viel Druck. Wir sind in einer Männerbranche tätig und denken, dass wir deshalb 200 Prozent geben müssen, um uns zu beweisen“, sagte die Ausbildungsmeisterin für Fertigungsmechaniker, Bahar Celik. Ihre Erfahrung: „Frauen haben keinerlei Nachteile in Männerberufen.“ Im Gegenteil, man arbeite in einem zukunftssicheren Bereich mit guten Aufstiegschancen. Zudem könne sie in ihrer Position ein Vorbild sein. Zum Beispiel für Akasya Dulda und Selina Waßmuth, die derzeit eine Ausbildung bei Daimler Truck absolvieren. Beide seien durch Familienmitglieder schon früh in Kontakt mit dem Unternehmen gekommen, berichteten sie.
Auch Selina Führer, die dual Wirtschaftsingenieurwesen studiert und einen Praxiseinsatz bei Daimler Truck hat, kannte das Werk bereits durch einen Ferienjob: „Damals habe ich sehr gute Erfahrungen gemacht, was mich letztlich in meiner Entscheidung für die Studienwahl bestärkt hat.“

Vier Powerfrauen, die Ideen liefern

Doch wie kann man mehr Mädchen für Berufe im MINT-Bereich begeistern? Hier hatten die vier „Powerfrauen“, wie Lars Bruchhäuser die Inter viewpartnerinnen nannte, ebenfalls einige Ideen parat: Persönliche Einblicke bei Social Media, spezielle Werksbesichtigungen und Besuche von weiblichen Auszubildenden in Schulklassen könnten das Interesse für technische Berufe wecken.
Kreative Wege in der Berufsorientierung geht auch das Kasseler Netzwerk der Ausbildung (KNDA), in dem sich namhafte Unternehmen und Bildungseinrichtungen aus der Region zusammengeschlossen haben: Hier finden Schülerinnen und Schüler individuelle Beratungs- und Trainingsangebote. Es gibt aber auch Veranstaltungen, die sich gezielt an Eltern und Lehrkräfte richten – von Betriebsbesichtigungen über Exkursionen bis zu Workshops. „Wir wollen alle ansprechen, die an der beruflichen Orientierung beteiligt sind“, erklärte Maria Weidemann, Geschäftsleitung der FOM-Hochschule in Kassel, beim Netzwerktreffen.

MINT-Forum Nordhessen

Eine Informations-und Kommunikationsplattform für Initiativen, Schulen und außerschulische Lernorte, Verbände, Universitäten und Unternehmen ist das MINT-Forum Nordhessen. Dort werden Ressourcen gebündelt, bisherige Angebote bekannt gemacht und Neuerungen initiiert. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg hat das MINT-Forum mit der Regionalmanagement Nordhessen GmbH im Jahr 2016 ins Leben gerufen und seitdem vorangetrieben. Sie möchten sich ebenfalls einbringen? Mehr Infos gibt es unter www.mint-nordhessen.de
Dr.Roswitha Wöllenstein
Referentin Team Fachkräfte | Koordinatorin MINT