Eliane Maria Krüger

#18 Notfallplanung Teil 1 - Gesellschaftsrecht schlägt Erbrecht

In der aktuellen Podcast-Folge spricht Rechtsanwältin, Notarin und Fachberaterin für Unternehmensnachfolge Eliane Maria Krüger von der Lampe legal Anwaltsgesellschaft und Notare über das Thema Gesellschaftsrecht und Erbrecht und zeigt auf wie Nachfolgerinnen und Nachfolger für den Notfall vorsorgen können. 
Sicherlich erscheint das vielen etwas früh, sich mit dieser Thematik zu befassen, vielleicht haben Sie gerade erst ein Unternehmen gekauft oder spielen mit dem Gedanken das zukünftig zu tun. Trotzdem ist es wirklich wichtig, sich frühzeitig mit dem Thema Notfallvorsorge zu befassen. Statistisch gesehen kommt es bei 14 % aller Nachfolgen zur ungeplanten Übergabe. Also das heißt, von einer ungeplanten Übergabe sprechen wir dann, wenn das Unternehmen aufgrund von Krankheit oder Tod der Geschäftsführung übergeben werden muss. Wir persönlich empfehlen deshalb bei jeder Unternehmensgründung auch einen Notfallplan aufzustellen und sich darüber Gedanken zu machen, wie das Unternehmen im Notfall weitergeführt werden soll. Ein Notfallplan fasst die wichtigsten unternehmerischen Regelungen zusammen, ist allerdings keine Rechtsgrundlage, wie Sie eine gute Rechtsgrundlage für Unternehmen schaffen können und was es dabei zu berücksichtigen gibt, darum geht es in dieser Podcast-Folge.
Hallo und herzlich willkommen zum IHK-Podcast “Nachfolge ist Vertrauenssache”. Mein Name ist Miriam Postlep und gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen von der IHK Kassel-Marburg berate ich zum Thema der Unternehmensnachfolge.
Herzlich willkommen beim Podcast Nachfolge ist Vertrauenssache, Frau Krüger.
Vielen Dank für die Einladung!

Schön, dass Sie da sind. Frau Krüger, wie eingangs erwähnt, findet jede siebte Nachfolge ungeplant statt. Bei jeder Neugründung und Übernahme machen wir auf die Wichtigkeit einer Notfallvorsorge aufmerksam. Was passiert mit dem Unternehmen, wenn keine Vorsorge getroffen wurde? Und wann sollte ich ein Testament einrichten?

Ja, wie Sie schon eingangs erwähnten, sollte schon bei der Gründung eines Unternehmens immer bedacht werden, was geschehen soll, wenn der Unternehmensinhaber oder der Gesellschafter schwer erkrankt oder aber schlimmstenfalls auch verstirbt. Hier ist meines Erachtens nach einer an den Interessen der Beteiligten orientierte Gestaltung des Gesellschaftsvertrages das A und O. Da die Regelungen im Gesellschaftsrecht aber denen des Erbrechts vorgehen, müssen diese besonders sorgfältig gewählt werden, hier spielt neben dem Interesse das Unternehmen in seinem Bestand zu erhalten ebenso eine große Rolle wie das Interesse des Unternehmers an der Versorgung seiner Hinterbliebenen oder seiner Familie.
Ein Testament ist immer dann sinnvoll, wenn die gesetzliche Erbfolge nicht zu dem gewünschten Ergebnis führt.
Wenn im Nachlass zudem ein Unternehmen oder aber Gesellschaftsanteile vorhanden sind, ist es umso wichtiger, dass die Regelungen im Testament auf diejenigen im Gesellschaftsvertrag abgestimmt sind, damit am Ende genau die Situation eintritt, die der Erblasser sich auch gewünscht hat.
Und Gesellschaftsrecht schlägt Erbrecht, so heißt ja auch diese Folge. Beides muss gut aufeinander abgestimmt werden. Warum ist das so?  Also was bedeutet das konkret, und wie sollten Unternehmerinnen und Unternehmer am besten vorgehen, um beides auch gut miteinander abzustimmen?
Gesellschaftsrecht schlägt Erbrecht, aus gutem Grund, man verbindet sich ja mit anderen Menschen, mit denen man unternehmerisch tätig werden möchte aus bestimmten Gründen,
der eine hat das wissenschaftliche Know-how, der andere hat vielleicht Fähigkeiten in der Akquise von Neukunden, und der dritte hat vielleicht die technischen Voraussetzungen, damit er sich um die EDV kümmern kann. Ich suche mir diese Menschen ganz bewusst aus.
Wenn davon jetzt einer verstirbt, beispielsweise derjenige, der immer die Akquise gemacht hat, der auf jedem Empfang der Stadt unterwegs war und jedes Mal mit neuen Kunden nach Hause gekommen ist, wenn der nicht mehr da ist und beispielsweise durch eine Person beerbt wird, deren schlimmster Alptraum ein Raum voller Menschen ist, den ich da nicht hinschicken kann, dann geht das ganze Konzept vielleicht nicht mehr auf. Und deswegen hat der Gesetzgeber entschieden, dass die Unternehmen, um sie in ihrem Bestand zu sichern, die Möglichkeit haben müssen auszuwählen, wer kommt eigentlich mit rein und deswegen sind die gesellschaftsrechtlichen Regelungen immer vorherrschend, damit nicht ein Gesellschafter durch eine vielleicht unbedachte Wahl eines Erben oder vielleicht durch gar keine Wahl eines Erben das Unternehmen in seinem Bestand gefährden kann.
Welche Erbregelung kann im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden?
Es gibt verschiedene Nachfolgeklauseln, es gibt einfache Nachfolgeklauseln, qualifizierte Nachfolgeklauseln, und es gibt Mischformen von beidem. Also man kann eigentlich sehr frei sein in dem, was man sich überlegt. Man kann beispielsweise vereinbaren, dass die Gesellschaft mit den verbliebenen Gesellschaftern einfach fortgesetzt wird und dass der weichende Gesellschafter oder aber auch dessen Erben eine Abfindung bekommen. Manchmal tritt man ja nicht aus einer Gesellschaft aus, weil man zwingend verstirbt, sondern manchmal möchte man ja auch einfach gehen, weil man sich nicht mehr versteht, oder man möchte jemanden rauswerfen, weil er nicht mehr gut arbeitet. Also das sind ja auch Fälle des Austritts der Gesellschaft und auch diese Nachfolge-Varianten müssen ja geregelt sein. Man kann aber beispielsweise auch vereinbaren, dass die Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt wird und dann aber in den Gesellschaftsvertrag aufnehmen, dass die Erben eine gewisse Qualität haben müssen. Qualität in Form von persönlicher Beziehung zum Erblasser, also vielleicht nur seine Abkömmlinge, vielleicht nur leibliche Abkömmlinge, das hatten wir auch schon einmal, dass adoptierte Kinder eben nicht dazu gehören sollen. Man möchte vielleicht auch die Ehegatten miteinschließen, man möchte sie vielleicht auch gerade ausschließen. Das kann ich alles variieren.
Ich kann aber beispielsweise auch sagen, dass die Gesellschaft nur mit solchen Erben fortgesetzt wird, die eine bestimmte Ausbildung abgeschlossen haben oder dabei sind, eine bestimmte Ausbildung abzuschließen.
Da ist man sehr frei in seiner Wahl, letztlich ist diese Wahl allerdings auch ein Gestaltungsmittel für die Fragen Zugewinnausgleich und Pflichtteil, weil ich natürlich mit dem Kreis der Erben und der damit verbundenen Abfindungszahlung für den Fall, dass es eben nicht die Erben sind, die ich mir wünsche, auch die Höhe des Nachlasses steuern kann und für den Fall von Trennung und Scheidung auch einfach die Höhe der Zugewinnausgleichsforderung, weil, was tue ich im Rahmen einer Zugewinnausgleichsberechnung? Ich fingiere die Veräußerung. Und wenn eine Abfindungsklausel für den Austritt für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen enthalten ist zu einem bestimmten Wert, der nicht unbedingt im Verkehrswert entspricht, dann minimiere ich das Endvermögen des Unternehmers. Also auch hier: Die Nachfolgeklauseln haben nicht nur Einfluss auf das Erbrecht, sondern auch auf die familienrechtlichen Folgen.
 
Dann bleibt nur noch, mich ganz herzlich zu bedanken bei Ihnen für das Interview. Schön, dass Sie dabei waren.
Danke.
Wenn Sie mehr über das Thema Unternehmensnachfolge erfahren möchten, dann würde ich mich freuen, wenn Sie diesen Podcast abonnieren und uns eine Bewertung hinterlassen. Viele weitere Informationen finden Sie in den Shownotes. Wenn Sie sonst noch konkrete Fragen haben oder Themenwünsche, dann freue ich mich über eine E-Mail an nachfolge@kassel.ihk.de.
Wir würden uns freuen, wenn Sie bei dem nächsten Podcast wieder mit dabei sind, wenn es heißt: Nachfolge ist Vertrauenssache! 
Das gesamte Interview mit Eliane Maria Krüger können Sie in unserem Podcast hören.

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Miriam Postlep
Projektreferentin Unternehmensnachfolge | Projekt Nexxt Now