Allgemeine Produktsicherheitsverordnung (GPSR), CE-Richtlinien und -Verordnungen.
EU-Produktsicherheitsrecht
Die Gesetzgeber wollen erreichen, dass auf dem europäischen Binnenmarkt nur sichere Produkte an Verbraucher abgegeben werden. Um dies zu erreichen, gibt es einheitliche Regelwerke, die Mindestsicherheitsstandards vorschreiben, die für den gesamten Binnenmarkt gelten. Für mache Produktgruppen gelten CE-Richtlinien oder CE-Verordnungen. Für die Produkte, die unter keine CE-Vorschrift fallen gilt die allgemeine Produktsicherheitsverordnung.
- Allgemeines
- Die neue EU-Produktsicherheits-Verordnung 2023/988
- Produkte, die nicht in den Anwendungsbereich der 2023/988 fallen
- Erweiterung Anwendungsbereich: Fulfilment-Dienstleister und Anbieter von Online-Marktplätzen
- Neue Aspekte für die Bewertung der Sicherheit der Produkte
- Neue Pflichten für Hersteller
- Wesentliche Veränderung eines Produkts
- Rückverfolgbarkeitsanforderungen
- Pflichten der Wirtschaftsakteure im Fernabsatz
- Meldung bei Unfällen durch das Produkt
- Besondere Pflichten der Anbieter von Online-Marktplätzen
- Abhilfemaßnahmen im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs
Allgemeines
- Als erstes steht dann die Frage im Raum, ob es sich um ein Produkt handelt, das für den europäischen Binnenmarkt vorgesehen ist.
- Ist dies der Fall, müssen Sie als Wirtschaftsakteur (Hersteller, Bevollmächtigter, Einführer (Importeur) oder Händler feststellen, welche Sicherheitsanforderungen erfüllt werden müssen.
- Dazu ist es unumgänglich eine Risikoanalyse durchzuführen. Sie dient dazu potenzielle Gefahren zu identifizieren, Sicherheitshinweise abzuleiten und dies auch gegenüber Dritten zu dokumentieren, z. B. den Marktüberwachungsbehörden.
- Die Regeln, die einzuhalten sind, ergeben sich aus der oder den jeweiligen CE-Vorschriften oder der allgemeinen Produktsicherheitsverordnung. U. a. muss ein Prozess dokumentiert sein, der die Information der Verbraucher und der Behörden beschreibt, für den Fall, dass nach dem Verkauf weitere Gefahren bekannt werden, die von dem Produkt ausgehen und die bisher nicht bekannt waren.
- Die Übereinstimmung (Konformität) des Produkts mit den Produktsicherheitsvorschriften der EU weist man schließlich durch die Kennzeichnung und Dokumentation sowie bei Produkten, die unter die CE-Vorschriften fallen zusätzlich durch das Anbringen des CE-Zeichens und einer CE-Konformitätserklärung nach.
Dies ist selbstverständlich nur eine grobe Beschreibung. Weitere Informationen finden Sie hier. Um zu erörtern, welche Rolle Sie als Wirtschaftsakteur innehaben, wie Sie herausfinden, welche Produktsicherheitsvorschriften für Sie, bzw. Ihr Produkt gelten und wie diese umzusetzen sind, sprechen Sie uns gern an.
Die neue EU-Produktsicherheits-Verordnung 2023/988
Am 23. Mai 2023 wurde die neue Verordnung über die Produktsicherheit 2023/988 (engl.: General Product Safety Regulation-GPSR) im Europäischen Amtsblatt veröffentlicht. Nach einer Übergangszeit von 18 Monaten wird diese Verordnung die Richtlinie 2001/95/EG am 13. Dezember 2024 ablösen und unmittelbar in jedem EU-Mitgliedsstaat in Kraft treten.
Grundsätzlich gilt der freie Warenverkehr innerhalb der EU nur für sichere Produkte. Die neue Produktsicherheitsverordnung 2023/988 beschreibt die Anforderungen an sichere Produkte. Aufgrund der steigenden Digitalisierung und des steigenden Absatzes von Produkten über den Onlinehandel wurden unter anderem folgende Punkte mit in die neue Verordnung aufgenommen.
Produkte, die nicht in den Anwendungsbereich der 2023/988 fallen
Die Verordnung 2023/988 gilt für in Verkehr gebrachte oder auf dem Markt bereitgestellte Produkte insoweit, wenn es im Rahmen des Unionsrechts keine weiteren spezifischen Bestimmungen über die Sicherheit der betreffenden Produkte, wie zum Beispiel CE-Richtlinien oder andere Bestimmungen gibt, mit denen dasselbe Ziel verfolgt wird. Die Verordnung schließt jedoch folgende Produktbereiche aus dem Anwendungsbereich aus:
- Human- und Tierarzneimittel
- Lebens- und Futtermittel
- lebende Pflanzen und Tiere, tierische Nebenprodukte und Folgeprodukte
- Pflanzenschutzmittel
- Beförderungsmittel und Luftfahrzeuge
- Antiquitäten
Erweiterung Anwendungsbereich: Fulfilment-Dienstleister und Anbieter von Online-Marktplätzen
Neu in die Verordnung aufgenommen wurde der Fulfilment-Dienstleister als Wirtschaftsakteur. Dieser taucht bereits im Marktüberwachungsrecht und dem Produktsicherheitsgesetz auf. Allerdings legt die GPSR (im Unterschied zu § 6 Absatz 6 Produktsicherheitsgesetz) keine spezifischen Pflichten des Fulfilment-Dienstleisters fest.
Auch Anbieter von Online-Marktplätzen werden nun in den persönlichen Anwendungsbereich mit aufgenommen und haben besondere Pflichten zu erfüllen (Artikel 22).
Neue Aspekte für die Bewertung der Sicherheit der Produkte
In Artikel 6 wurden neue Kriterien für die Beurteilung der Sicherheit von Produkten verankert. Dabei wurden folgende Kriterien definiert:
- Eigenschaften des Produkts (Aussehen, technische Merkmale, Zusammensetzung, Verpackung)
- Wechselwirkung mit anderen Produkten
- Aufmachung des Produkts (Etikettierung, Alterskennzeichnung und Warnhinweise, für eine sichere Verwendung, Entsorgung)
- Erscheinungsbild des Produkts, das den Verbraucher dazu verleitet, das Produkt anders zu verwenden als vom Hersteller vorgesehen (zum Beispiel Form und Farbe des Produkt verleitet Kinder zum Verzehr)
- Cybersicherheitsmerkmale
- Sofern die Art des Produktes dies erfordert, die sich entwickelnden, lernenden und prädiktiven Funktionen
Neue Pflichten für Hersteller
Neben schon in der vorangegangenen Richtlinie enthaltenen Pflichten müssen die Hersteller nun für jedes Produkt eine interne Risikoanalyse durchführen und technische Unterlagen erstellen. Diese technischen Unterlagen müssen für mindestens 10 Jahre nach Inverkehrbringen des Produktes aufbewahrt und auf dem neuesten Stand gehalten werden (Artikel 9 “Pflichten der Hersteller” (2)).
Neben dem (Handels-)Namen, seiner Kontaktanschrift muss der Hersteller nun eine elektronische Adresse anbringen. Diese elektronische Adresse kann eine E-Mail-Adresse, eine URL mit Kontaktangaben oder ein QR-Code sein (Artikel 9 (6)).
Wesentliche Veränderung eines Produkts
In Anlehnung an den in 2022 veröffentlichten “Blue Guide” wurde nun auch der Punkt der "wesentlichen Veränderung" in die neue GPSR aufgenommen (Artikel 13). Dabei wird jede Person zum Hersteller des Produktes, wenn dieser das Produkt physisch oder digital so verändert, dass sich diese Änderung auf die Sicherheit des Produktes auswirkt und
- durch diese Änderung das Produkt in einer Weise geändert wird, die in der ursprünglichen Risikobewertung des Produkts nicht vorgesehen war
- aufgrund der Änderung sich die Art der Gefahr geändert, eine neue Gefahr entstanden oder sich das Risikoniveau erhöht hat
- die Änderungen nicht von den Verbrauchern selbst oder in ihrem Auftrag für ihren eigenen Bedarf vorgenommen wurden.
Rückverfolgbarkeitsanforderungen
Für bestimmte Produkte, Produktkategorien oder Produktgruppen, die ein ernstes Risiko für die Gesundheit und Sicherheit von Verbrauchern darstellen, kann die Kommission ein Rückverfolgbarkeitssystem einrichten, dass die Wirtschaftsakteure, die diese Produkte in Verkehr bringen und auf dem Markt bereitstellen, übernehmen müssen (Artikel 18). Dieses System umfasst die Erfassung und Speicherung von Daten, auch auf elektronischem Weg, anhand dessen das Produkt, seine Komponenten oder die an der Lieferkette beteiligten Wirtschaftakteure identifiziert.
Pflichten der Wirtschaftsakteure im Fernabsatz
Stellt ein Wirtschaftsakteur Produkte online auf dem Markt bereit, so muss das Angebot mindestens folgende eindeutigen und sichtbaren Angaben enthalten (Artikel 19):
- Namen, eingetragener Handelsname oder Handelsmarke des Herstellers sowie der Postanschrift und eine elektronische Adresse (E-Mail-Adresse oder Internetadresse), unter denen er kontaktiert werden kann
- falls der Hersteller nicht in der EU sitzt, Name, Anschrift und Emailadresse der verantwortlichen Person
- Angaben, die die Identifizierung des Produkts ermöglichen, einschließlich der Abbildung des Produkts, seiner Art und sonstiger Produkt-Identifikatoren
- etwaige Warnhinweise oder Sicherheitsinformationen, die gemäß dieser Verordnung oder den anwendbaren Harmonisierungsvorschriften der Union in einer Sprache, die für die Verbraucher leicht zu verstehen ist und auf dem Produkt, der Verpackung oder in den Begleitunterlagen zu finden sind
Meldung bei Unfällen durch das Produkt
Der Hersteller ist verpflichtet, Unfälle die durch sein Produkt entstanden sind unverzüglich den zuständigen Behörden des Mitgliedsstaats, in dem sich der Unfall ereignet hat, über das Safety-Business-Gateway zu melden (Artikel 20). Einführer und Händler, die von einem Unfall, der durch ein von ihnen in Verkehr gebrachten oder auf dem Markt bereitgestellten Produkts verursacht wurde, Kenntnis haben, müssen unverzüglich den Hersteller informieren.
Besondere Pflichten der Anbieter von Online-Marktplätzen
Anbieter von Online-Marktplätzen registrieren sich beim Safety-Gate Portal und hinterlegen dort die Angaben zu ihrer zentralen Anlaufstelle. Außerdem müssen diese sicherstellen, dass sie über interne Verfahren zur Gewährleistung der Produktsicherheit verfügen, die es ihnen ermöglichen, die einschlägigen Anforderungen der vorliegenden Verordnung unverzüglich zu erfüllen (Artikel 22). Im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs oder wenn Verbrauchern Informationen zur Kenntnis gebracht werden müssen, um die sichere Verwendung eines Produkts zu gewährleisten, muss sichergestellt werden, dass alle betroffenen Verbraucher ermittelt werden können und unverzüglich benachrichtigt werden. Wirtschaftsakteure und Anbieter von Online-Marktplätzen, die personenbezogene Daten ihrer Kunden erheben, nutzen diese Informationen für Rückrufe und Sicherheitswarnungen (Artikel 35). Rückrufanzeigen erfolgen hier einer nach Artikel 36 definierten Form.
Abhilfemaßnahmen im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs
Der Wirtschaftsakteuer hat im Falle eines Produktsicherheitsrückrufs dem Verbraucher eine wirksame, kostenfreie und zeitnahe Abhilfe anzubieten (Artikel 37). Unbeschadet anderer Abhilfemaßnahmen bietet der Wirtschaftsakteur dem Verbraucher die Wahl zwischen mindestens zwei der folgenden Abhilfemaßnahmen:
- Reparatur des zurückgerufenen Produkts
- Ersatz des zurückgerufenen Produkts durch ein sicheres Produkt desselben Typs (mit identischem Wert und Qualität).
- angemessene Erstattung des Wertes des zurückgerufenen Produkts, sofern der Erstattungsbetrag mindestens dem gezahlten Preis entspricht