Schiedsgerichtsverfahren beim Schiedsgerichtshof der DIHK
Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hat als Alternative zu staatlichen Gerichten einen Schiedsgerichtshof (SGH) errichtet und bietet zur verbindlichen Entscheidung von Wirtschaftsstreitigkeiten eine eigene Schiedsgerichtsordnung (SGH-Schiedsregeln) an. Die Regeln des SGHs sind gezielt auf die Bedürfnisse von Unternehmen zugeschnitten. Alle IHKs und AHKs können Streitfälle an den SGH verweisen. Die IHK Kassel-Marburg sieht seit Januar 2025 eine solche Verweisung auf die SGH-Schiedsregeln vor.
Vorteile des Schiedsgerichtsverfahrens
Schiedsgerichte sind private Gerichte, die Streitigkeiten durch einen Schiedsspruch endgültig und rechtskräftig entscheiden, ohne Berufungs- und Revisionsmöglichkeit und unter Vermeidung der Förmlichkeiten eines Gerichtsverfahrens. Das spart Zeit und Kosten. Schiedsverfahren sind für Unternehmen daher oft günstiger und risikoärmer. Zudem können Schiedssprüche im Ausland in der Regel leichter vollstreckt werden als deutsche Gerichtsurteile.
Ein weiterer Vorteil für Unternehmen ist - die strikte Vertraulichkeit über das Verfahren. So bleiben wesentliche Details, Geschäftsgeheimnisse sowie der Schiedsspruch selbst unter den Verfahrensbeteiligten.
Zu den Vorteilen des Schiedsgerichtsverfahrens beim SGH gehört insbesondere ein straffes Fristen- und Verfahrensmanagement, das international erprobte Standards nutzt und Entscheidungen in der Regel innerhalb von 12 Monaten ermöglicht. Für dringende Fälle bietet der SGH ein Fast-Track-Verfahren, das eine Entscheidung innerhalb von nur 6 Monaten ermöglicht. Verhandlungen sollen in der Regel als Videokonferenz durchgeführt werden. Insbesondere bei Streitigkeiten mit Auslandsbezug empfiehlt sich ein Schiedsverfahren, da die Parteien den Schieds- und Verhandlungsort sowie das auf den Streitfall anwendbare materielle Recht frei vereinbaren können.
Das Herzstück des SGH ist eine digitale Plattform, die den gesamten Prozess – vom Schiedsantrag bis hin zur Abrechnung – effizient verwaltet. Die Plattform ist rund um die Uhr von jedem Ort der Welt zugänglich. Diese flexible und zeitsparende Streitbeilegung macht den SGH zum idealen Partner für wirtschaftliche Konflikte.
Voraussetzungen für die Durchführung des Schiedsgerichtsverfahren
Die Zuständigkeit des Schiedsgerichts muss von den Parteien durch eine Schiedsvereinbarung beschlossen werden. Die Schiedsvereinbarung kann bereits im Vertrag enthalten sein oder nachträglich aufgenommen werden.
Musterschiedsgerichtsklausel:
„Alle Streitigkeiten, die sich aus oder in Zusammenhang mit dem vorliegenden Vertrag oder über seine Gültigkeit ergeben, werden unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges nach den Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der Deutschen Industrie- und Handelskammer endgültig entschieden.“
Auch ältere Schiedsvereinbarungen, die auf das Schiedsgericht der IHK Kassel-Marburg Bezug nehmen, bleiben gültig. Die IHK Kassel-Marburg verweist nun auf die Schiedsregeln des SGH. Das Schiedsverfahren wird mit den neuen Verfahrensregeln des SGH durchgeführt.
Zusammensetzung des Schiedsgerichts
Bei Streitigkeiten bis zu einem Gegenstandswert von 250.000 Euro entscheidet grundsätzlich der Einzelschiedsrichter, bei höheren Gegenstandswerten entscheiden drei Schiedsrichter (kollegiales Schiedsgericht). Bei einem Verfahren mit einem Einzelschiedsrichter sollen sich die Parteien auf eine Person einigen. Sollte keine Einigung erreicht werden, erfolgt die Benennung durch den SGH. Beim kollegialen Schiedsgericht benennt jede Partei einen Schiedsrichter als Beisitzer, diese bestimmen den Vorsitzenden.
Die Schiedsrichter werden vom SGH bestellt. Vorab wird geprüft, ob Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit bestehen. Mit der Bestellung geht die Verfahrensleitung auf das Schiedsgericht über.
Schiedsregeln des SGH
Die Schiedsregeln des Schiedsgerichtshofs bei der DIHK (SGH) sind die rechtliche Basis für die Organisation und Administration der Verfahren. Sie liegen in deutscher und englischer Fassung und werden durch eine ergänzende Kostenordnung, Honorarordnung und Technikvorgaben ergänzt, die zusammen Transparenz und Effizienz gewährleisten. In einem Schiedsrichtervertrag zwischen den Parteien und jedem Schiedsrichter werden die Schiedsregeln mit den Rechten und Pflichten festgelegt.
Die Schiedsregeln nebst Anlagen finden Sie hier.
Ablauf des Schiedsverfahrens
Der Kläger leitet das Schiedsverfahren mittels digitalem Schiedsantrag auf der Verfahrensmanagementplattform (VMP) ein. Der Schiedsantrag wird auf Vollständigkeit und bezüglich der Zuständigkeit des SGH geprüft. Liegen alle Voraussetzungen nach den Schiedsregeln vor, wird das Schiedsverfahren eröffnet.
Die beklagten Parteien werden dann vom SGH per E-Mail oder Post über die Eröffnung des Schiedsverfahrens informiert. Sobald der Kläger die Sicherheitsleistung bezahlt hat, kann sich der Beklagte auf der VMP registrieren, die Klagebegründung einsehen und hierauf erwidern und ggf. Widerklage erheben. Die Parteien können sich durch Rechtsanwälte vertreten lassen, es besteht aber keine Anwaltspflicht.
Danach erfolgt die Auswahl von unabhängigen Schiedsrichtern gemeinsam durch die Parteien oder durch den SGH. Nach der förmlichen Ernennung durch den SGH übernehmen die Schiedsrichter das weitere Verfahren.
Das Schiedsgericht führt zunächst ein Strukturgespräch mit den Parteien, um u.a. Verfahrensregeln, Zeitpläne, Fristen und die ergänzende Möglichkeit einer Mediation zu besprechen.
Im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, die in der Regel als Videokonferenz durchgeführt wird, werden die Argumente ausgetauscht und die Rechtslage erörtert. Soweit erforderlich, wird Beweis erhoben. Das Schiedsgericht hört beide Seiten an und stellt Fragen zum Sachverhalt. Rechtspositionen und Standpunkte werden ausgetauscht. Die mündliche Verhandlung dient der Vorbereitung der Entscheidung.
Nachdem alle Aspekte geprüft wurden, fällt das Schiedsgericht den Schiedsspruch und entscheidet auch über die Verteilung der angefallenen Kosten. Die Parteien sind verpflichtet, die Entscheidung zu respektieren und umzusetzen. Anderenfalls kann der Schiedsspruch im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden. Ein zentraler Vorteil der Schiedsgerichtsbarkeit ist, dass die Vollstreckung eines Schiedsspruchs dank eines internationalen Abkommens fast weltweit möglich ist.
Kosten des Verfahrens
Für Schiedsverfahren nach den Schiedsregeln des SGH kommen die Kostenordnung des SGH sowie die Honorarordnung für Schiedsrichter des SGH zur Anwendung. Die Kosten des Verfahrens sind grundsätzlich abhängig vom Gegenstandswert.
Bei einem Streitwert von 100.000 Euro betragen die Bearbeitungskosten und das Honorar für den Einzelschiedsrichter z.B. 6.600 Euro zzgl. gesetzliche Umsatzsteuer. Weitere Auslagen und Anwaltskosten können hinzukommen.
Einen schnellen Überblick über die zu erwartenden Kosten erhalten Sie mit dem Kostenrechner.
Das Schiedsgericht entscheidet auch über die Verteilung der Verfahrenskosten. Im Regelfall werden diese von der unterliegenden Partei getragen oder anteilig nach Obsiegen und Unterliegen nach Quoten verteilt.
Das SGH-Schiedsverfahren hat nur eine Instanz und ist deshalb in der Regel kostengünstiger und schneller als ein staatliches Gerichtsverfahren mit bis zu zwei weiteren Instanzen.
Ausführliche Informationen zum Schiedsgerichtshof finden Sie unter: https://schiedsgerichtshof.de/
(Stand: Januar 2025)
Kontakt:
Weitere Fragen für zur IHK Kassel-Marburg zugehörige Mitgliedsunternehmen beantwortet Ihnen gerne Simone Kaiser-Dietrich, Tel.: 0561 7891-390, Fax: 0561 7891-290, E-Mail: Kaiser-Dietrich@kassel.ihk.de
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