IHK-Präsident Grenke: „Bürokratische Prozesse hemmen die Wirtschaft mehr als vieles andere“

Büroflächen zwischen Bühl und Bruchsal sind heiß begehrt. Die hohe Nachfrage hat auch durch Corona nicht gelitten. „Wir haben in Karlsruhe einen Leerstand von nur 2,95 Prozent. Das ist fast nichts“, erklärte der Vorsitzende des IHK-Ausschusses Immobilien und Standortentwicklung, Bernd Fleischer, bei der Vorstellung des aktuellen IHK-Mietpreisspiegel auf der 47. Sitzung der Regionalkonferenz der TechnologieRegion Karlsruhe. „Auch wenn sich das Homeoffice zumindest tageweise etabliert hat, sind doch die meisten Mitarbeitenden gerne in die Büros zurückgekehrt und genießen den Austausch mit den Kolleginnen und Kollegen“, so Fleischer. Besonders beliebt sind der Altbau in Baden-Baden und die modernen Büroräume in Karlsruhe. 
Ganz anders die Situation im Einzelhandel. Zunehmende Leerstände in den Innenstädten haben inzwischen auch die Oberzentren zu verzeichnen. Das Konsumverhalten insgesamt hat zwar auch 2020 und 2021 nicht gelitten. Allerdings sind die Prozentzahlen des Online-Handels deutlich angestiegen: Im Non-Food-Bereich insgesamt macht der Internethandel 21,1 Prozent aus, im Bereich Fashion liegt er sogar bei 47 Prozent. Nur Lebensmittel werden größtenteils noch vor Ort gekauft. Den Wandel in der Innenstadt analysierte Fleischer so: „Auf den Konkurrenzdruck folgte der Kaufkraftverlust, dann kam die Marktbereinigung, die Flächennachfrage ist gesunken, immer mehr Läden standen leer. Die Konsequenz: erodierende Randlagen. Allerdings bieten in den Randlagen ungenutzte Flächen auch eine Chance.“  
Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup sieht in der Entwicklung eine tiefgreifende Umwandlung, die aber nicht per se zu einer Reduzierung der Attraktivität der Innenstadt führe. „Wir haben kaum längerfristige Leerstände, dafür gibt es aber schnellere Wechsel.“ Mentrup beobachtet vor allem den Trend zur alternativen Nutzung von Obergeschossen, während die Erdgeschossflächen für den Einzelhandel sogar noch ausgebaut werden.  
Die Mieten im Einzelhandel sind rückläufig, liegen allerdings in Baden-Baden und Karlsruhe teilweise noch bei 65 und in den A-Lagen der Fächerstadt sogar bei 95 Euro (Es handelt sich bei den angegebenen Preisen um Auswertungen auf Basis von Angebotsmieten. Die Abschlussmieten können zum Teil abweichen.).
Ein weiteres noch ganz aktuelles Projekt der IHK Karlsruhe stellte der Vorsitzende der Regionalkonferenz, IHK-Präsident Wolfgang Grenke, vor. „Mit der IHK- Initiative „Tempo beim Bürokratieabbau“ sucht die IHK in der regionalen Wirtschaft konkrete Beispiele von unnötigen bürokratischen Hürden, die wir gebündelt an die Politik weitergeben werden. Was die Wirtschaft seit Jahren mehr hemmt als vieles andere sind bürokratische Prozesse, die wirtschaftliches Handeln stark verlangsamen, teils sogar komplett lähmen“, so Grenke. „Obwohl die aktuelle Bundesregierung bereits drei Bürokratieentlastungsgesetze auf den Weg gebracht hat, kommen immer noch mehr neue Vorschriften hinzu, als alte wegfallen. Hier setzen wir als IHK auf regionaler und nationaler Ebene an: Mit zehn „Tempo-Thesen“ zeigt die DIHK auf, wie Dinge einfacher, schneller und innovativer geregelt werden können.“ 
Grenke wies außerdem auf den Außenwirtschaftspreis von IHK und TRK, GLOBAL, hin, der in diesem Herbst in Baden-Baden verliehen wird, mit einem illustren Gast aus dem Partnerland USA: Botschafterin Dr. Amy Gutmann. 

Bioökonomie als neuer Themenschwerpunkt 

Jochen Ehlgötz, Geschäftsführer der TechnolgieRegion Karlsruhe GmbH (TRK) berichtete von einem neuen Themenschwerpunkt der TRK. Mit der Bioökonomie ergibt sich für die Region die Chance, fossile durch regenerative Rohstoffe zu ersetzen und damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. In einem ersten Schritt soll unter dem Motto „Pflanzenfasern für regionale Wertschöpfungsketten“ deren Einsatzpotenziale in der Bauwirtschaft aufgezeigt werden. „Mit dem Anstoß für eine Rohstoffwende in der TRK setzen wir die Zielstellung zur CO2-Minimierung konkret um. Zugleich erarbeiten wir gemeinsam mit unseren Partnern in diesem Jahr eine Bioökonomiestrategie für die TRK“, so Ehlgötz. 
Mit „H2iPort Ka Mod“ setzt die TRK auf grünen Wasserstoff als wichtiger Energieträger und einen Schlüsselfaktor für die Wirtschaft. Ziel des Projektes ist es, den Rheinhafen als Wasserstoffimport-Hub und Reallabor für die Anlieferung, Erzeugung, Distribution und Nutzung von Wasserstoff zu entwickeln. Nach einer Modulation der Wasserstoffinfrastruktur-Elemente soll diese skaliert aufgebaut und vernetzt werden. 
Schließlich zeigte Ehlgötz den Sachstand der vom Land prämierten Leuchtturmprojekte regioKArgo TramTrain (Güterverkehr auf Basis der bestehenden ÖPNV-Infrastruktur in Karlsruhe), LastMileCityLab (Güterverkehr auf der letzten Meile durch autonome Lieferroboter und Drohnen in Bruchsal) und RegioMORE (Aufbau eines Innovationszentrums in Bühl) auf. Die Projekte lösen ein Investitionsvolumen von 31 Millionen Euro aus, von denen 19 Millionen Euro über europäische und baden-württembergische Förderungen in die TRK zurückfließen. 
Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup freut sich über die überregionale Bestätigung der Aktivitäten der TRK. „Wir sind inzwischen ein wichtiger Bioökonomiestandort in der Wahrnehmung des Bundes. Dadurch könnten wir auch zusätzliche Gesellschafter gewinnen. Das Ganze hat eine tolle Dynamik.“ Mentrup ist vor allem das Zusammenspiel aller relevanten Player wichtig. „Alleine reißen wir es nicht mehr. Aber mit der geplanten Bündelung aller regionalen Aktivitäten in einer AG sind wir auf gutem Weg.“ 
Als Kooperationspartner der von fokus.energie initiierten Kampagne „3°jetzt“ unterstützt auch die IHK einen zukunftsgerichteten Umgang mit dem Thema Energie. „Mit nur drei Grad weniger bei der Heizung und drei Grad mehr bei der Klimaanlage können erstaunliche Effekte erzielt werden“, erklärte der IHK-Präsident.