Wirtschaft braucht schnelle Fortschritte beim Ausbau der Energie-Infrastruktur

Die Unternehmen im Land bewerten die Auswirkungen der Energiewende auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit so negativ wie nie seit Beginn dieser Umfragereihe im Jahr 2012. Das ergab die Baden-Württemberg-spezifische Auswertung des bundesweiten DIHK-Energiewendebarometers 2023. Auf einer Skala von -100 bis +100 bewerten die am heimischen Standort befragten Unternehmen die Auswirkungen auf die eigene Wettbewerbsfähigkeit mit -26; für Deutschland liegt dieser Wert bei -27. 
Die Industrie kommt dabei mit -34 zu einer noch pessimistischeren Chancen-Risiken-Bewertung. Deutschlandweit ist die Bewertung mit -38 noch schlechter. Auch dies sind historische Tiefstände der Bewertung. Mit dem explosiven Anstieg der Energiepreise Mitte letzten Jahres, dem andauernden russische Angriffskrieg gegen die Ukraine und einer sich weiter eintrübende weltpolitische Lage, dem Fachkräftemangel, einer kleinteiligen Regulierung und nur langsamen Fortschritten beim Aus- und Umbau der Energie-Infrastruktur kommen gleichzeitig eine Vielzahl von Faktoren zusammen, die die ehemals optimistischere Sicht der Wirtschaft eintrüben. So betreffen aus den Top-Fünf-Forderungen an die Politik mit jeweils über zwei Drittel der Zustimmungen gleich drei die wesentlichen Baustellen der Energie-Infrastruktur: Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Energieversorgung und Direktlieferverträge (88 Prozent Zustimmung), Zugang zu Wasserstoff (71 Prozent Zustimmung) sowie Überwindung der Engpässe bei Übertragungs- und Verteilnetzen (69 Prozent Zustimmung).
Nach wie vor stellen die hohen Energie- und insbesondere Strompreise eine hohe Belastung für die Wirtschaft im Südwesten dar. Neben der Ausweitung des Strom-Erzeugungsangebots (und der Direktlieferverträge) zur Preisstabilisierung stimmt auch die überwiegende Mehrheit der BW-Unternehmen der Forderung zu, Steuern und Ab-gaben auf den Strompreis weiter zu senken. Be-sonders in Baden-Württemberg werden zudem Nachteile durch eine mögliche Teilung der einheitlichen Deutschen Stromgebotszone befürchtet. So spricht sich ein überwiegender Anteil der sich mit diesem Thema befassenden Unternehmen in Baden-Württemberg für den Erhalt der einheitlichen Strompreiszone aus (51 Prozent Zustimmung und 16 Prozent Ablehnung). Selbst im Norden Deutschlands plädieren mit 36 Prozent mehr Unternehmen für die einheitliche Strompreiszone als dagegen (32 Prozent). „Eine hohe Zustimmung von 73 Prozent der Unternehmen zur Forderung nach Entlastung bei den Strompreisen zeigt, dass die aktuelle Diskussion um einen Industriestrompreis nicht die notwendige schnelle Entlastung für die Breite der Unternehmen verspricht,“ betont Wolfgang Grenke, Präsident der IHK Karlsruhe, die im BWIHK in Energiefragen federführend ist.

Ein Drittel verlagert Aktivitäten ins Ausland

Die Veränderungen durch die Energiewende bewirken bei den Betrieben in Baden-Württemberg und noch stärker in der Industrie eine Ausrichtung auf klimaschonende Produkte und auch die Umstellung der eigenen Lieferkette auf klimaschonende Vorprodukte. Aktivitätsverlagerungen ins Ausland sind bei fast einem Drittel (31 Prozent) der Industriebetriebe umgesetzt oder in Betracht und damit deutlich mehr als im Vorjahr mit 24 Prozent.
Die hiesige Wirtschaft zeigt sich aktiv und anpassungsbereit: Energieeffizienz ist und bleibt die TOP-Maßnahme der Betriebe in Baden-Württemberg, 84 Prozent der Betriebe engagieren sich (91 Prozent in der Industrie). Am häufigsten werden Investitionen in effiziente Technik als Maßnahme genannt. „Dies zeigt, dass die Wirtschaft in Baden-Württemberg die Herausforderungen der Energiewende und des Klimaschutzes gleichermaßen angenommen hat und entsprechend handelt, insbesondere die hiesige Industrie“, ergänzt Grenke. Bei den Effizienzmaßnahmen sollten Wirtschaftlichkeit, Freiwilligkeit und Technologieoffenheit die Leitprinzipien sein.