Vom Maut Everest bis zu den Mikro Depots

Transport und Logistik

Auf zum Maut Everest!

Zwischen Gigalinern und Mikro Depots, Bürokratie, E-Lkw und Arbeitskräftemangel bewegen sich die aktuellen Themen der Logistikbranche. Der derzeit größte Berg des Anstoßes dürfte allerdings die (recht spontane) Erhöhung der Lkw-Maut sein. Aber, wie IHK-Vizepräsident Herbert Striebich es in seinem Interview formuliert hat: „Zum Glück braucht man uns ja.“ Die Zahlen belegen das. Das Transportvolumen im weltweiten Logistikmarkt soll bis zum Jahr 2024 auf rund 92 Milliarden Tonnen ansteigen.
Die Logistikweisen, ein Gremium bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern von Handel, Industrie, Dienstleistung und Wissenschaft, haben sechs relevante Themenfelder für die Logistikbranche identifiziert:  Fachkräfte, Infrastruktur, Strukturwandel, Klimaschutz, Energieversorgung und Geopolitik. Aspekte dabei waren laut Deutscher Verkehrs Zeitung, DVZ, unter anderem die künftige globale Gestaltung von Wertschöpfungsnetzen, die Bedeutung des chinesischen Markts, die Deindustrialisierung in Deutschland sowie Strategien zur Personalgewinnung und Qualifizierung.
Darüber hinaus gaben die Expertinnen und Experten eine Prognose ab über die zu erwartende Entwicklung der Mengen in den maßgeblichen Auftraggeberbranchen Automotive, Gebrauchsgüter, Maschinenbau, Elektronik, Chemie und Bauwirtschaft sowie der Kosten und Preise der verschiedenen Verkehrsträger. 

Infos zur Maut

Zur Erhöhung der Lkw-Maut

Laut Bundesregierung wird die Lkw-Maut künftig an die Höhe des CO2-Ausstoßes gekoppelt. So sieht es eine Gesetzesänderung vor, mit der die Bundesregierung den Umstieg auf klimaneutrale Antriebe beschleunigen will. Das Gesetzesvorhaben diene der Umsetzung der geänderten Eurovignetten-Richtlinie, die im März 2022 in Kraft getreten ist. Diese sieht unter anderem eine CO2-Differenzierung der Lkw-Maut für schwere Nutzfahrzeuge spätestens bis zum 25. März 2024 sowie die Einbeziehung aller Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen technisch zulässige Gesamtmasse (tzGm) ab dem 25. März 2027 vor. 
Die Mauteinnahmen sind zweckgebunden für die Verbesserung der Bundesfernstraßen-Infrastruktur sowie für Maßnahmen im Mobilitätsbereich zu verwenden – mit Schwerpunkt auf den Bundesschienenwegen.
  • Zum 1. Juli 2024 wird die Mautpflicht auf Lkw mit mehr als 3,5 Tonnen tzGm ausgedehnt. Handwerkerfahrzeuge unter 7,5 Tonnen tzGm sind von der Mautpflicht befreit.
  • Bis zum 31. Dezember 2025 sind emissionsfreie Fahrzeuge von der Mautpflicht befreit. Ab dem 1. Januar 2026 zahlen sie einen um 75 Prozent reduzierten Mautteilsatz für die Kosten der Infrastruktur. 
  • Das zuständige Bundesministerium für Digitales und Verkehr rechnet durch die CO2-Differenzierung im Bereich der Lkw ab 7,5 Tonnen mit Mehreinnahmen von 26,6 Milliarden Euro von 2024 bis 2027. 

Mikro-Depots für mehr Nachhaltigkeit

Sie halten das öffentliche Leben in Gang, versorgen Geschäfte mit Waren oder entsorgen den Unrat der Stadt: Gemeint sind Wirtschaftsverkehre. Egal ob als Müll-, Handwerks-, oder Paketzustellfahrzeuge: Rund ein Drittel des städtischen Gesamtverkehrs entfällt auf die Ver- und Entsorgung mit Gütern, Waren oder Dienstleistungen. 
Verschiedene Entwicklungen, wie das Wachstum des Onlinehandels oder die Zunahme von Bring- und Pflegediensten aufgrund des Alterns der Gesellschaft, führen in der Summe zu einem Anstieg der innerstädtischen Wirtschaftsverkehre. Insbesondere in den Zentren von Städten erhöht dies die Nutzungskonkurrenz, um die Flächeninanspruchnahme im öffentlichen Raum. 
In Karlsruhe kommt durch das Realisieren der Kombilösung eine Besonderheit hinzu, die es ermöglicht, auf die beschriebenen Entwicklungen zu reagieren. Durch die hinzugewonnenen Verkehrsflächen in der Kaiserstraße ist der Weg frei, die Verkehrsführung in der zentralen Innenstadt so neu zu denken, dass diese Fläche auch tatsächlich für mehr Aufenthaltsqualität genutzt und der öffentliche Raum entsprechend gestaltet werden kann. Das betrifft auch die Logistikverkehre für die in der Innenstadt ansässigen Einzelhandelsbetriebe, Hotels und Unternehmen sowie für die Anwohnerinnen und Anwohner sowie die in der Innenstadt Berufstätigen. 
Ein Bestandteil, um eine nachhaltige Logistik und eine möglichst umweltschonende und mit der Fußgängerzone vereinbaren Abwicklung der zunehmenden Lieferverkehre in den Blick zu nehmen, sind sogenannte Mikro-Depots. Das sind dezentrale Umschlagslager, die als Schnittstelle zwischen großen Lieferzentren und der letzten Meile fungieren. Mikro-Depots ermöglichen es, Lieferungen auf umweltfreundliche Transportmittel, wie Lastenräder umzuladen und somit die Logistik in den Innenstädten effizienter und nachhaltiger zu gestalten.
Das Potenzial von Mikro-Depots in der Karlsruher Innenstadt untersucht das Stadtplanungsamt derzeit im Rahmen des Projekts „Citylogistik im Cityquartier der östlichen Kaiserstraße – Citylogistik ÖKa“. Hierzu erstellen die beauftragten Unternehmen PB Consult und Urban Logistics Solutions eine Machbarkeitsstudie. Die Studie stützt sich auf eine breite Akteursbeteiligung im betreffenden Quartier sowie der Gesamtstadt. Für einen potentiellen Standort wird ein beispielhaftes Logistik- und Betreiberkonzept entwickelt und dessen verkehrliche Auswirkungen untersucht.
Weitere Infos: stpla@karlsruhe.de oder unter Karlsruhe Erleben

Offizieller Kick-off-Termin für RegioKArgoTramTrain 

Das Leuchtturmprojekt „Nachhaltige Logistik- und Personenmobilität mittels KArgoTramTrains (RegioKArgoTramTrain)“ nimmt Fahrt auf: Bei der Albtal-Verkehrs-Gesellschaft (AVG) in Karlsruhe fand am 9. Oktober, der offizielle Kick-off-Termin zu dem auf vier Jahre angelegten Forschungsprojekt statt. 
Ziel des Projekts, das von der AVG federführend geleitet wird, ist es, den kombinierten Personen- und Warentransport in Straßenbahnwagen mit automatisiertem Be- und Entladen weiterzuentwickeln und in einem Reallabor zu demonstrieren. 
Für das optimale Be- und Entladen des Fahrzeugs soll eine KI-basierte Technologie im Schienenfahrzeug eingerichtet werden. Des Weiteren wird im Rahmen des Gesamtprojekts ein spezielles Logistikkonzept entwickelt, um einen langfristigen und wirtschaftlichen Betrieb einer „RegioKArgoTramTrain“ innerhalb von Städten und deren Umland abzubilden. 
Beim Kick-off-Termin unter der Regie von Projektleiter Dr. Christoph Rentschler (AVG) vereinbarten die folgenden am Projekt beteiligten Partner das weitere Vorgehen: Automotive Engineering Network e.V. (aen e.V.): Forschungszentrum Informatik (FZI), Hochschule Furtwangen (HFU),Hochschule Karlsruhe –Technik und Wirtschaft (HKA), INIT Innovative Informatikanwendungen in Transport-, Verkehrsund Leitsystemen GbmbH (INIT), INOVAPLAN GmbH, Karlsruher Institut für Technologie (KIT), MARLO Consultants GmbH, Rheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU), SEW-Eurodrive GmbH & Co KG, SimPlan AG, TechnologieRegion Karlsruhe GmbH (TRK) und die TransportTechnologie-Consult GmbH (TTK). 
Das KIT ist mit dem Institut für Fahrzeugsystemtechnik (FAST) und dem Institut für Verkehrswesen (IfV) am Projekt beteiligt. Die benannten Partner haben im Vorfeld als Bietergemeinschaft im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens den Zuschlag erhalten. 

Leuchtturmprojekt des Wettbewerbs RegioWIN

Das Projekt „RegioKArgoTramTrain“ wurde 2021 im Rahmen des Landeswettbewerbs „RegioWIN 2030 – Regionale Wettbewerbsfähigkeit durch Innovation und Nachhaltigkeit“ als eines von landesweit 24 Leuchtturmprojekten prämiert. Der Wettbewerb ist ein zentraler Baustein im Rahmen der Förderung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) in Baden-Württemberg in der Förderperiode 2021 bis 2027. Drei der 24 prämierten Leuchtturmprojekte sind Wettbewerbsbeiträge der TechnologieRegion Karlsruhe (TRK). 
Um regionale Strukturförderung zu betreiben, erhält Baden-Württemberg in der Förderperiode 2021 bis 2027 rund 279 Millionen Euro von der Europäischen Union aus dem EFRE. Das EFRE-Programm „Baden Württemberg 2021-2027“ ist an der Innovationsstrategie Baden-Württemberg ausgerichtet und unterstützt die Schwerpunkte Zukunftstechnologien und Kompetenzen sowie Ressourcen- und Klimaschutz. 
RegioWIN 2030 zielt darauf ab, die Wettbewerbsfähigkeit in den Regionen durch Innovation und Nachhaltigkeit zu verbessern und damit zu einer zukunftsfähigen Regionalentwicklung beizutragen. Regionen, Landkreise, Städte und Gemeinden waren aufgefordert, entsprechende Wettbewerbsregionen zu formieren und zusammen mit Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft, der Gesellschaft und Verwaltung Stärken und Schwächen ihrer Wettbewerbsregion in eine Strategie zu überführen. Ausgehend von dieser Strategie wurden sogenannte Leuchtturmprojekte entwickelt, die von der Landesregierung am 14. April 2021 prämiert wurden. 
Dies wiederum war Voraussetzung für eine Vollantragstellung. 
Weitere Infos: EFRE 2021-2027

„Flottenumstellung von Nutzfahrzeugen“

Insgesamt 15 Unternehmen, Wirtschafts- und Branchenverbände sowie die Landesagentur e-mobil haben das Bündnis „Flottenumstellung von Nutzfahrzeugen“ gegründet. Der Zusammenschluss macht sich für mehr Klimaschutz im Straßengüterverkehr stark. Das Ziel lautet: Bis 2030 sollen mindestens 50 Prozent der eingesetzten leichten und mittleren Nutzfahrzeuge bis zwölf Tonnen klimaneutral fahren. 
Eine Bestellung aus dem Onlineshop, ein eiliger Brief, Ersatzteile für die Industrieanlagen oder frische Lebensmittel für den Supermarkt – täglich werden die unterschiedlichsten Waren vorwiegend über die Straße transportiert. Das hat Auswirkungen auf die Umwelt: Rund ein Drittel aller Treibhausgase des gesamten Verkehrs werden in Baden-Württemberg durch den Güterverkehr auf der Straße verursacht. Um bis 2030 die Klimaziele im Verkehr zu erreichen, ist es notwendig, dass Unternehmen und Institutionen ihre Fahrzeugflotten mit klimaneutralen Antrieben ausstatten. Leichte und mittlere Nutzfahrzeuge bis zwölf Tonnen können bei der Einsparung von Emissionen einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.
Ein weiterer Schwerpunkt in der Bündnisarbeit sind verbesserte Rahmenbedingungen, die ermöglichen, dass Unternehmen ihre Güter klimaneutral befördern können. Dazu gehören eine flächendeckende Lade- und Tankinfrastruktur, die dafür erforderlichen Flächen sowie entsprechende Fahrzeuge. Weitere Handlungsbereiche betreffen die Verbesserung von Fördermöglichkeiten, die Planung und Koordinierung der Lade- und Tankinfrastruktur sowie den Wissenstransfer und die Kommunikation über die Ziele des Bündnisses.
Weitere Info: vm.baden-wuerttemberg.de

Unterstützung durch KI bei Pick-and-Place?

Das Konzept von Pick and Place ist schnell erklärt: Roboter nehmen Objekte auf und platzieren sie an einer vordefinierten Stelle. Wenn es sich in diesem Prozess immer um die gleichen Objekte und die gleichen Positionen zum Aufnehmen und Abladen handelt, können die Arbeitsschritte problemlos vorprogrammiert werden. Doch sobald unterschiedliche Objekte und Positionen zum Einsatz kommen, müssen die Roboter das Sehen lernen.
Hier kommt Bildverarbeitung zum Einsatz. Industriekameras nehmen Bilder auf, mit denen ein Bildverarbeitungssystem die verschiedenen Objekte erkennen und ihre Position, Größe sowie weitere relevante Merkmale bestimmen kann. Anhand dieser Informationen legt der Roboter den optimalen Greifpunkt fest und ermöglicht den sicheren Transport zur Zielposition.
Die OCR-Texterkennung spielt in der Automatisierung von Logistikprozessen eine große Rolle. OCR kann Text auf nahezu allen Oberflächen erkennen und durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz auch interpretieren. In der Transportlogistik wird OCR dafür eingesetzt, Etiketten auszulesen und somit sicherzustellen, dass die Pakete richtig sortiert und zugewiesen werden.
Im maschinellen Lernen werden die Roboter dazu befähigt, Zusammenhänge zu erkennen und selbstständig Schlussfolgerungen zu ziehen. Dadurch können sie auch mit unbekannten Gepäckstücken interagieren und zum Beispiel Taschen greifen, die eine instabile Form aufweisen. Darüber hinaus kann die KI den Robotern helfen, Transporter so zu laden, dass der verfügbare Platz optimal genutzt wird. Intelligente Pick-and-Place-Lösungen sind Teil der Logistik 4.0.

Lösungen für Logistik 4.0

Bei einer großen Variation an Objekten erweisen sich Roboter mit multifunktionalem Greifer als äußerst effektiv. Dabei wird ein herkömmlicher Greifer mit Saugnäpfen kombiniert und bietet somit vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Während der herkömmliche Greifer optimal für kompakte Pakete oder Behälter geeignet ist, ermöglicht der Sauggreifer das sichere Handhaben von flachen, glatten oder flexiblen Objekten wie Verpackungen oder Textilien.
Anwendungsbeispiel: Der Koffertransport am Flughafen. Es ist ein toller Service. Man gibt seinen Koffer am Flughafen ab und nimmt ihn Stunden später am Reiseziel wieder entgegen. Was wie selbstverständlich erscheint, basiert auf einer komplexen Logistik. In zwölf Metern Tiefe verläuft am Frankfurter Flughafen ein Netz aus Förderbändern. Auf insgesamt 81 Kilometern werden pro Stunde über 20.000 Gepäckstücke geröntgt, sortiert und befördert – und das alles in kürzester Zeit, damit der Koffer rechtzeitig seinen Flug erwischt.
Dieses System wurde bereits von einer Reihe von Flughäfen adaptiert. Doch in vielen Fällen endet hier leider die Automatisierung und die Gepäckstücke werden per Hand auf einen Wagen und schließlich ins Flugzeug geladen. Die gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Umgang mit schwerem Gepäck über einen längeren Zeitraum sind enorm – weshalb immer mehr mit Pick-and-Place-Lösungen gearbeitet wird.
Mit Hilfe von intelligenter Bildverarbeitung können Roboter unterschiedliches Gepäck auf den Förderbändern erkennen und greifen. Die OCR-Texterkennung wird verwendet, um die Kofferetiketten auszulesen und somit sicherzustellen, dass das Gepäck auf den richtigen Kofferwagen und schließlich in das richtige Flugzeug geladen wird. Insgesamt können Pick-and-Place-Roboter den Koffertransport am Flughafen komplett automatisieren, Personal entlasten und einen reibungslosen Ablauf ermöglichen.

Weitere Anwendungsgebiete von Pick and Place

Pick-and-Place-Lösungen sind ein Game Changer in der Logistik. Neben dem Transport von Objekten und schweren Lasten können sie auch Waren sortieren, verpacken, kommissionieren, palettieren und depalettieren. Eine weitere typische Anwendung ist das Bin Picking, bei dem Objekte in einem Behälter erkannt und entnommen werden.
Quelle: IDS Imaging Development Systems GmbH