Vieles funktioniert schon

Vier Fragen an René Ohlmann, IHK-Vizepräsident und Vorsitzender des Deutsch-Französischen Ausschusses der IHK Karlsruhe

Herr Ohlmann, Sie haben einmal gesagt, Sprache sei eigentlich kein Hindernis. Notfalls könne man mit Händen und Füßen sprechen. Welche größeren Hemmnisse existieren dann Ihrer Meinung nach in der? 

Vorab muss man sagen, dass Vieles zwischen Deutschland und Frankreich schon funktioniert, besonders auf menschlicher Ebene, besonders im Oberrhein. Die deutsch-französische Zusammenarbeit lebt und ist äußerst dynamisch durch unzählige Vereine, Club d'affaires, Think Tanks usw., die großartige Arbeit leisten. Es gibt zahlreiche Veranstaltungen und Vereine, die Zusammenkünfte organisieren, um das sogenannte Networking zu fördern. Sie leisten ausgezeichnete Arbeit und ermöglichen eine effektive Kommunikation, konstruktive Debatten und vernünftige Lösungen in Streitfälle. Das deutsch-französische Paar, die deutsch-französische Freundschaft, wird aufrechterhalten und diese Arbeit wird von all diesen Akteuren vorbildlich durchgeführt. Besonders am Oberrhein.
Doch, wenn diese engagierten Personen grenzüberschreitende Projekte konkret umsetzen möchten, konfrontiert sie die Realität unvermittelt mit der Erkenntnis, dass, trotz der europäischen Union, Frankreich und Deutschland zwei distinkte, souveräne Staaten mit individuellen Verwaltungs- und Rechtssystemen sind. Dies manifestiert sich insbesondere im wirtschaftlichen Kontext, dem primären Fokus der Handelskammern.
Zusammenfassend würde ich vielleicht etwas provokativ, anmerken, dass im wirtschaftlichen Kontext die größte Hürde in Leitbild und Narration der "Deutsch-Französischen Freundschaft" oder "du couple Franco-Allemand" liegt. Sie suggeriert Möglichkeiten und Erleichterungen wirtschaftlicher Interaktionen, die in der Realität, zumindest kurz- bis mittelfristig, nicht bestehen und dadurch Projekte über das reine Networking hinaus erschweren.

Warum liegt Ihnen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit besonders am Herzen? Welche Chancen sehen Sie darin?

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist mir deshalb so wichtig, weil ich als Unternehmer von klein- und mittelständischen Firmen auf beiden Seiten des Rheins, speziell am Oberrhein, tätig bin. Ich erlebe tagtäglich die Auswirkungen der bestehenden Hemmnisse. Mein Ziel ist es, im Rahmen der IHKs ehrenamtlich zusammen mit anderen Akteuren einen Beitrag zur Verbesserung der Situation zu leisten. Es ist essenziell, Methoden und Wege zu identifizieren, um sie kurzfristig und praxisnah im Kontext des Mittelstands am Oberrhein umzusetzen, da dieser Bereich primär und tagtäglich davon betroffen ist. Ich bin fest davon überzeugt, dass eine deutsch-französische Kooperation des Mittelstands im Oberrhein effektivere und nachhaltigere Lösungen zu aktuellen Herausforderungen – wie Wachstum, Wohlstand, Fachkräftemangel, Klimawandel, Energieversorgung sowie ökonomische und technologische Souveränität – bieten kann.

Wie könnte man die Arbeitsmöglichkeiten für Unternehmensvertreterinnen und -vertreter in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit verbessern?

Wenn wir über das bereits gut funktionierende Networking hinausgehen und konkrete Kooperationsprojekte im Bereich Wirtschaft mit Ergebnissen initiieren wollen, so bin ich der Überzeugung, dass das Modell der "Koopetition" sehr geeignet ist und in Erwägung gezogen werden sollte.
Warum? Wie bereits betont, haben Deutschland und Frankreich unterschiedliche Wirtschaftskulturen. Die hieraus resultierenden Spannungen gleichen oftmals einer Wettbewerbssituation. Es handelt sich also um eine Mischung aus Kooperation und Wettbewerb. Dieses in der angewandten Wirtschaftsforschung anerkannte Modell, die "Koopetition", verfügt über klar definierte Prozesse und Vorgehensweisen.
Langfristig wäre die Einführung eines Grenzgänger-Status für kleine und mittelständische Unternehmen am Oberrhein, sowohl auf deutscher als auch auf französischer Seite, ein sinnvoller Ansatz. Hierzu wäre eine Erweiterung eines deutsch-französischen Abkommens nötig, sodass insbesondere kleinere und mittelständische Unternehmen mit regionalem Wirkungsradius am Oberrhein besondere Möglichkeiten erhalten.

Was genau kann Ihr Ausschuss dazu beitragen?

Durch mein Doppelmandat in der Handelskammer Karlsruhe und der CCI Alsace Eurométropole kooperieren wir eng sowohl mit der CCI Alsace Eurométropole als auch mit der IHK Südlicher Oberrhein und schweizerischen Kammern. Hierbei fokussieren wir uns in Karlsruhe zwar primär auf deutsch-französische Themen, aber grenzüberschreitende Themen im schweizerischen Kontext werden ebenfalls behandelt. Darüber hinaus arbeiten wir auch mit anderen IHKs zusammen, um europäische Interreg-Projekte zu initiieren, wie beispielsweise "Business Twin", das die intensivere Zusammenarbeit von mittelständischen Unternehmen fördert.
Weil grenzüberschreitende Themen transversal sind, suchen wir deshalb den Austausch mit anderen Ausschüssen. Wir kooperieren eng mit dem Internationalen Board. Eine bevorstehende Sitzung mit dem Einzelhandelsausschuss der IHK Karlsruhe und der CCIAE zielt darauf ab, die Zusammenarbeit weiter zu intensivieren. Weitere relevante Themen wie Technologietransfer oder Fachkräftemangel stehen ebenfalls auf der Agenda. Da Mitglieder des Ausschusses auch in anderen DFA-Vereinen aktiv sind, findet ein reger Austausch statt, wodurch wir stets über aktuelle Entwicklungen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit informieren.
Der Deutsch-Französische Ausschuss bündelt die Interessen und das Know-How frankreichorientierter Unternehmen in der TechnologieRegion Karlsruhe und bringt sie in die Arbeit der IHK Karlsruhe ein. Umgekehrt sind aber auch französische Unternehmen im Ausschuss aktiv, die Geschäftsbeziehungen nach Deutschland pflegen. Gemeinsam arbeiten beiden Seite dafür, Handelshemmnisse abzubauen und die wirtschaftliche Zusammenarbeit am Oberrhein zu stärken. Vorsitzender ist René Ohlmann, sein Stellvertreter ist Robert W. Huber.

Weitere Infos: andreas.foerderer@karlsruhe.ihk.de oder Deutsch-Französischer Ausschuss