Start ins neue Lehrjahr

In stürmischen Zeiten bleibt die duale Ausbildung ein entscheidender Anker für die regionale Wirtschaft. Zum neuen Lehrjahr sind im Bezirk der IHK Karlsruhe wieder mehr junge Menschen in eine Ausbildung gestartet.
Das ist ein wichtiges Signal inmitten des Fachkräftemangels. Doch nicht nur die Ausbildungszahlen bewegen: Auch die Weiterbildung rückt immer stärker in den Fokus, und manche Branchen kämpfen um Nachwuchs. Unser Titelthema wirft einen Blick auf aktuelle Entwicklungen, Zahlen und Initiativen rund um Ausbildung und Weiterbildung.

IHK Karlsruhe zählt erneut mehr Neuverträge

Trotz herausfordernder Bedingungen wurden im Kammerbezirk der IHK Karlsruhe in diesem Jahr wieder 3.305 Ausbildungsstellen besetzt. Das ist ein Plus von 4,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Laut einer aktuellen Bertelsmann-Studie wollen immer mehr junge Menschen nach der Schule weder eine Ausbildung absolvieren, noch studieren. Mehr als 20 Prozent strebt demnach an, direkt arbeiten zu gehen. Doch es gibt auch eine positive Nachricht von der Studie: Die Mehrheit der 1.755 befragten Jugendlichen im Alter zwischen 14 und 25 Jahren schätzt eine Ausbildung und so streben 43 Prozent von ihnen diese auch an. 40 Prozent haben den Wunsch ein Studium zu beginnen. Neun von zehn befragten Schülerinnen und Schülern mit niedriger Schulbildung können sich grundsätzlich vorstellen, eine Ausbildung zu beginnen. Allerdings schätzen sie ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz nicht gut ein. Mehr als ein Drittel von ihnen (35 Prozent) glaubt nicht daran oder ist sich nicht sicher, dass sie einen Ausbildungsplatz bekommen werden.
2023 besaßen rund 19 Prozent der 20- bis 34-Jährigen keinen Berufsabschluss, das entsprach 2,86 Millionen Menschen. Nach Angaben des Instituts der deutschen Wirtschaft fehlten im Vorjahr bundesweit mehr als 570.000 qualifizierte Arbeitskräfte – mit erheblichen negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Ein Grund sei unter anderem die Orientierungslosigkeit von Schülerinnen und Schülern. Genau dort setzt die IHK Karlsruhe mit verschiedenen Maßnahmen an und macht sich so stark für die duale Ausbildung. Unsere Expertinnen und Experten für duale Ausbildung sind im gesamten Kammerbezirk unterwegs. Sie besuchen Schulen, beraten auf Messen und gehen in den direkten Austausch mit Jugendlichen, Eltern, Lehrkräften und Unternehmen. Mit dem Hinweis „Wir bilden aus“ in Form von IHK-Stickern zeigen Unternehmen, dass sie für die Ausbildung im eigenen Unternehmen brennen und präsentieren sich nochmal mehr als attraktiver Arbeitgeber.

Metall- und Elektrotechnik besonders beliebt

Es geht bergauf bei den Ausbildungszahlen: Mit 135 Verträgen mehr als im Vorjahr freut sich die Industrie- und Handelskammer Karlsruhe über ein Plus von 4,3 Prozent bei den neuen Ausbildungsverträgen zum Stichtag 31. August. Vor allem ein Ausbildungsberuf trifft bei jungen Erwachsenen im Kammerbezirk auf Interesse: 332 Ausbildungsstarterinnen und -starter haben ihre Ausbildung als Fachinformatiker/in begonnen. Auf Platz zwei der beliebtesten Ausbildungsberufe landen die Kaufleute im Einzelhandel mit insgesamt 174 neuen Verträgen.
"Auch drei Jahre nach der Corona-Krise spüren wir die Auswirkungen auf dem Ausbildungsmarkt noch. Doch die stimmt uns positiv", erklärt Volker Hasbargen, Präsident der IHK Karlsruhe. "Unsere Region ist noch nicht wieder auf dem Vor-Corona-Niveau, konnte das Ergebnis aus dem Vorjahr aber nochmals steigern", so Hasbargen weiter. Damit steht der Kammerbezirk der IHK Karlsruhe im Baden-Württemberg-Vergleich überdurchschnittlich gut da.
Die aktuell beliebteste Branche ist laut eingetragenen Ausbildungsverträgen die Metall- und Elektrotechnik mit insgesamt 651 eingereichten Ausbildungsverträgen in unterschiedlichen Berufsbildern. Auf dem zweiten Platz finden sich die Ausbildungsberufe im Bereich Handel mit 544 eingetragenen Verträgen, gefolgt von Berufen aus dem Bereich IT mit 403 eingetragenen Verträgen.

Zusammenarbeit mit Bildungsträgern stärken

Zwar gilt der 1. September als offizieller Ausbildungsstart in Baden-Württemberg, dennoch ist es auch unterjährig immer möglich, ein Ausbildungsverhältnis zu beginnen. Trotz des positiven Trends bleibt die Situation auf dem Ausbildungsmarkt für viele Betriebe weiterhin angespannt. Immer weniger Unternehmen finden ausreichend Auszubildende.
Nach den Erfahrungen der Unternehmen im Kammerbezirk Karlsruhe sei die größte und häufigste Herausforderung bei der Besetzung von Ausbildungsstellen eine mangelnde Ausbildungsreife bei den Interessenten. Gleichzeitig hemme die konjunkturelle, wirtschaftliche Lage teilweise die Ausbildungsaktivitäten von Unternehmen.
Das deckt sich auch mit einer aktuellen IHK-Ausbildungsumfrage. Demnach klagen Betriebe, die Schwierigkeiten haben, ihre Stellen zu besetzen, häufig über Defizite bei Schulabgängerinnen und Schulabgängern – insbesondere bei Belastbarkeit (64 Prozent), Disziplin (61 Prozent) und Motivation (52 Prozent). Auch mentale Leistungsfähigkeit (54 Prozent) und sprachliche Grundkompetenzen
(52 Prozent) werden kritisch bewertet. Die enge Zusammenarbeit von Schule und Betrieben kann unter anderem Abhilfe schaffen. Mit dem Konzept Wirtschaft macht Schule setzt sich die IHK Karlsruhe dafür ein, die Wirtschaft mit der Bildung eng zu vernetzen. Jedes Jahr werden zahlreiche sogenannte Bildungspartnerschaften geschlossen, die gemeinsam auf die umfangreiche und fundierte Berufsorientierung junger Menschen abzielen.

Neue Entwicklung im Gastgewerbe

Die Zahlen zum Start des neuen Ausbildungsjahres bestätigen einen erfreulichen Trend: Insbesondere im Bereich der Systemgastronomie steigen die Ausbildungszahlen weiter. Diese Entwicklung konnte man bereits im vergangenen Jahr beobachten. In diesem Bereich ist die Entspannung nach Corona am deutlichsten. Hinzu kommt, dass in diesem Bereich auch ein hoher Anteil an Auszubildenden aus dem Ausland beschäftigt wird. Etwa zehn Prozent der Auszubildenden in Gastro-Berufen kommen aus Vietnam. Nicht erst seit diesem Jahr setzen immer mehr etablierte Gastronomiebetriebe auf Auszubildende aus dem Ausland. Betriebe wie die Geroldsauer Mühle in Baden-Baden oder Schloss Eberstein in Gernsbach haben vor drei Jahren vietnamesische Auszubildende eingestellt und freuen sich nun, diese gut ausgebildeten Fachkräfte nach erfolgreichem Ausbildungsabschluss in der Region halten zu können.

KI-Berufe stark nachgefragt

Künstliche Intelligenz (KI) ist längst kein Zukunftsthema mehr, sondern Teil des Alltags in vielen Unternehmen. Dieser Wandel spiegelt sich auch in der beruflichen Bildung wider: Immer mehr Ausbildungs- und Weiterbildungsangebote mit direktem KI-Bezug entstehen.
In den vergangenen Jahren wurden mehrere neue Berufe eingeführt, die explizit auf Datenanalyse und KI setzen – etwa Fachinformatiker und Fachinformatikerinnen für Daten- und Prozessanalyse (seit 2020) oder der Gestalter/die Gestalterin für immersive Medien (seit 2023). Gleichzeitig sind bestehende IT-Berufe wie Fachinformatiker/in für Systemintegration oder Anwendungsentwicklung modernisiert worden, um KI-Inhalte zu integrieren. Damit ist klar: Die Zahl KI-naher Ausbildungsberufe wächst stetig.
Eine eigenständige Kategorie ‚KI-Ausbildung‘ gibt es zwar nicht, doch die IT-Berufe mit KI-Bezug gehören zu den nachgefragtesten Ausbildungen. Allein in Baden-Württemberg waren zum 31. Dezember 2024 rund 8.700 Ausbildungsverträge in IT-Berufen registriert. Zwar stagnieren die Zahlen aktuell leicht – bedingt durch die konjunkturelle Lage –, der Bedarf an KI-Kompetenzen in den Unternehmen nimmt jedoch weiter zu.
KI-Know-how wird längst nicht mehr nur in der IT gebraucht. Auch kaufmännische und technische Ausbildungsberufe verankern zunehmend KI-Inhalte. So wird auch die Modernisierung der Ausbildungslandschaft weitergehen: Neue Spezialisierungen in den Bereichen Data Science, KI-gestützte Medienproduktion oder intelligente Automatisierung sind zu erwarten. Zudem stärkt die – als eine von insgesamt vier 2021 als offizieller Standard vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) im Rahmen der Novellierung der Ausbildungsordnungen eingeführten – Standardberufsbildposition ‚Digitalisierte Arbeitswelt‘ bereits heute digitale Basiskompetenzen in allen Ausbildungsberufen. Ein wichtiger Schritt, um die Fachkräfte von morgen fit für den KI-Einsatz zu machen.

Top Ten Ausbildungsberufe 2025

1. Fachinformatiker/-in
2. Kaufmann/-frau im Einzelhandel
3. Industriemechaniker/-in
4. Bankkaufmann/-frau
5. Kaufmann/-frau für Büromanagement
6. Verkäufer/-in
7. Industriekaufmann/-frau
8. Mechatroniker/-in
9. Kaufmann/-frau für Groß- und Außenhandelsmanagement
10. Kaufmann/-frau für Versicherungen und Finanzanlagen
Anika Hegmann
IHK Karlsruhe
Bereich Ausbildung
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit